Redaktion eGovPraxis Asylbewerberleistungen
Der Fall
Die Hilfesuchenden, eine montenegrinische Mutter mit drei Kleinkindern, die in einer Gemeinschaftsunterkunft leben, waren im Besitz einer Duldung und hielten sich länger als 18 Monate in der Bundesrepublik auf. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrten sie die Gewährung von Analogleistungen nach § 2 AsylblG i.V.m. dem SGB XII.Die Entscheidung
Das LSG gewährte den Kindern, anders als das SG, die begehrten Analogleistungen. Der Mutter sprach das Gericht höhere Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG zu. In den Beschlussgründen zeigt das Gericht auf, dass das rechtsmissbräuchliche Verhalten der Mutter (Angabe falscher Personalien und Untertauchen zur Vermeidung der Abschiebung) den Kindern nicht zugerechnet werden dürfe.Aufgrund dieses Verhaltens seien aber der Mutter selbst Analogleistungen zu verweigern. Die höheren Leistungen der Mutter begründeten sich aus der durch das BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit der Gewährung von Leistungen nach der Regelbedarfsstufe 2 bei Unterbringung in Sammelunterkünften (BVerfG vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21). Wegen der damit ganz überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache seien im Eilverfahren keine hohen Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) zu stellen (unter Aufgabe von LSG Niedersachsen-Bremen vom 09.07.2020 - L 8 AY 52/20 B ER).
Fazit
- Rechtsmissbräuchliches Verhalten der Mutter ist den minderjährigen Kindern grundsätzlich nicht zuzurechnen.
- Durch die Entscheidung des BVerfG vom 19.10.2022 - 1 BvL 3/21 sind im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig höhere Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG an Leistungsberechtigte, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, zu gewähren.
Quelle: Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 29.06.2023 - L 8 AY 18/23 B ER
Anmerkung der Redaktion
Beachten Sie zum Urteil des BVerfG vom 19.10.2022 – 1 BvL 3/21 auch die folgende Zusammenfassung: