Recht & Verwaltung24 April, 2025

Auskunftsanspruch des Sozialhilfeträgers gegenüber Partnern?

Eine ausführliche Abhandlung zu diesem Thema finden Sie in Heft 5 der Zeitschrift ZFSH/SGB, die Sie hier abonnieren können.

Prof. Dr. Peter Becker

Aufgrund des Nachrangs der Sozialhilfe sind bei einem Anspruch z.B. auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung das Einkommen und Vermögen der antragstellenden Person zu prüfen (§§ 2, 43, 82 ff, 90 f. SGB XII). Gleichfalls zu prüfen ist das ggf. zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen des nicht getrennt lebenden Ehegatten/Lebenspartners sowie Partners einer ehe-/lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB XII).

In einem weiteren eGovPraxis Dialog am 18.02.2025 diskutierten Teilnehmer:innen aus 7 Sozialämtern in 4 Bundesländern mit Prof. Dr. Peter Becker darüber, wie in diesen Fällen praktisch vorgegangen werden kann.

Einigkeit bestand zunächst zur Frage der Mitwirkungspflicht bzw. Auskunftspflicht:

Zwar hat zunächst die anspruchsstellende Person im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten nach § 60 SGB I auch Angaben über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Partnerin/des Partners zu machen, allerdings nur soweit sie dazu in der Lage ist. Sie hat keine Pflicht sich Informationen und Beweismittel z.B. über das Einkommen der Partnerin/des Partners zu beschaffen und vorzulegen.

Auf diese Weise sind also häufig keine ausreichenden Informationen zu erlangen.

Probleme äußersten die Teilnehmer bei der Auskunftspflicht der Partnerin/des Partners gegenüber dem Sozialhilfeträger:

In § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII über den Auskunftsanspruch der Träger der Sozialhilfe werden nur Unterhaltspflichtige, ihre nicht getrennt lebende Ehegatten/Lebenspartner aufgeführt, nicht jedoch die Partner von ehe-/lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften. Ob die Sozialhilfeträger Letzteren gegenüber dennoch einen Auskunftsanspruch hinsichtlich ihres Einkommens und Vermögens haben, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.

Grundsätzlich sind zwar die Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aufgrund Haushaltsgemeinschaft gemäß § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB XII gegeben, weil eine solche typischerweise bei einer ehe-/lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften vorliegt. Aber bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII ist § 39 Satz 1 SGB XII bei der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht anzuwenden (§ 43 Abs. 5 SGB XII).

Das LSG NRW vertritt dazu die Auffassung, § 20 Satz 2 SGB XII sei eine gegenüber § 43 Abs. 5 SGB XII „vorrangige Sonderregelung“ und daher sei § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB XII auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen in der Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII anzuwenden (LSG NRW vom 07.03.2013 - L 9 SO 13/13 B ER - Rn. 11 ff.).

Dies hat Widerspruch in der Literatur erfahren (vgl. z.B. Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, § 117 Rn. 14, Stand der Einzelkommentierung 3/2024).

Der Auskunftsanspruch aufgrund tatsächlicher Leistungserbringung gemäß § 117 Abs. 2 SGB XII hilft nur begrenzt weiter, weil er keinen umfassenden Auskunftsanspruch über das Einkommen und Vermögen, sondern nur einen Anspruch über die erbrachten Leistungen beinhaltet.

Als weitere Möglichkeit wurde über Vorschriften des SGB X nachgedacht:

Die allgemeinen Vorschriften im SGB X führen ebenfalls zu keiner Lösung:

  • Ein Anspruch aufgrund der allgemeinen Auskunftspflicht von Angehörigen, Unterhaltspflichtigen oder sonstigen Personen nach § 99 SGB X scheidet schon aufgrund des Anwendungsbereichs der Norm aus, weil diese die Sozialhilfe nicht umfasst.
  • Die Vorschriften über den Amtsermittlungsgrundsatz in §§ 20, 21 SGB X beinhalten keine Auskunftspflicht Dritter, wie z. B. den Partnern, gegenüber der ermittelnden Behörde.

Eine solche ist auch nicht aus der Aussagepflicht von Zeugen nach § 21 Abs. 3 Satz 2 SGB X ableitbar, weil die Behörde ihnen gegenüber keine Zwangsmittel einsetzen darf, sondern nur die Möglichkeit hat, das zuständige Sozialgericht nach § 22 SGB X um eine Vernehmung der Partnerin/des Partners als Zeuge zu ersuchen.

Letztendlich wurde folgendes Fazit zur Auskunftspflicht gezogen:

Hinsichtlich der Auskunftspflicht der Partnerin/des Partners einer ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft, wenn Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach §§ 41 ff. SGB XII von der/dem anderen Partnerin/Partner beantragt wurde kann dem LSG NRW zufolge nach § 117 Abs. 1 Satz 3 SGB XII vorgegangen werden.

Folgt man dem nicht, besteht keine gesetzliche Regelung.

Andererseits ordnet § 20 SGB XII an, dass Personen, die in ehe-/lebenspartnerschaftsähnlicher Gemeinschaft leben, hinsichtlich der Voraussetzungen und des Umfangs der Sozialhilfe nicht besser gestellt werden dürfen als Ehegatten. Um dieser Anordnung gerecht zu werden und die aufgezeigte Lücke im Gesetz zu schließen, spricht alles dafür § 117 Abs. 1 Satz 1 SGB XII über die Auskunftspflicht bei einer Ehe auf ehe-/lebenspartnerschaftsähnliche Gemeinschaften zumindest analog anzuwenden.

Aber auch dies ist strittig (ablehnend ohne Begründung: Hohm in: Schellhornu.a., SGB XII, 21. Aufl. 2023, § 117 SGB XII Rn. 9).

Zum Abschluss kam noch die Frage nach dem Datenschutz auf:

Das Datenschutzrecht steht der Einholung von Auskünften über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Partnern einer ehe-/lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaft aber nicht entgegen. Denn nach § 67a Abs. 1 Satz 1 SGB X ist die Erhebung von Sozialdaten durch die Leistungsträger zulässig, wenn ihre Kenntnis zur Erfüllung einer Aufgabe des Leistungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch erforderlich ist. Und vorliegend ergibt sich dies aus § 20 SGB XII und den Vorschriften über die Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nach §§ 2, 43, 82 ff, 90 f. SGB XII.

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