höhere Unterkunftskosten fuer behindertengerechten Wohnraum
Recht & Verwaltung02 Januar, 2024

LSG: Jobcenter muss höhere Unterkunftskosten für behindertengerechten Wohnraum bezahlen

Redaktion eGovPraxis Jobcenter

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass
das Jobcenter bei besonders schwer verfügbaren, behindertengerechten Wohnungen auch Kosten oberhalb der Angemessenheitsgrenze übernehmen muss.

Der Fall

Zugrunde lag das Eilverfahren einer alleinstehenden Frau. Sie hat fünf Kinder im Alter von 9 bis 22 Jahren. Der älteste Sohn ist schwerbehindert und auf einen Rollstuhl angewiesen. Bisher lebt die Familie in einer 83 m² großen Vier-Zimmer-Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses. Um die Wohnung verlassen zu können, muss der Sohn durch das Treppenhaus getragen werden.

Nach langer Suche fand die Familie schließlich eine barrierefreie Wohnung in passender Größe. Die Zentrale Fachstelle Wohnen befürwortete die Anmietung. Das Jobcenter lehnte eine Zusicherung der Mietübernahme ab, da die Miete auch nach einem Preisnachlass immer noch über der Angemessenheitsgrenze lag. Außerdem verwies es darauf, dass die Mutter in der Vergangenheit eine andere geeignete Wohnung abgelehnt habe.

Die Entscheidung

Das LSG hat das Jobcenter zur Erteilung der Zusicherung verpflichtet. Die höheren Kosten seien aufgrund der familiären Besonderheiten nicht unangemessen. Der Zugang zum Wohnungsmarkt sei für Menschen mit Behinderung erschwert. Hinzu komme das geringe Angebot für größere Personenzahlen. Die Chancen einer sechsköpfigen Familie, künftig eine andere rollstuhlgerechte Wohnung zu finden, seien damit sehr gering.

Ferner müsse der schwerbehinderte Sohn nicht deshalb in einer ungeeigneten Wohnung bleiben, weil seine Mutter es in der Vergangenheit gegebenenfalls an ausreichenden Bemühungen bei der Wohnungssuche habe fehlen lassen.

Fazit

Sind die tatsächlichen Aufwendungen der leistungsberechtigten Personen höher als die ihnen zustehenden abstrakt angemessenen Aufwendungen, ist zu klären, ob beachtenswerte Gründe aufgrund der „Besonderheit des Einzelfalls“ (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II) vorliegen, die eine Abweichung von den abstrakten Angemessenheitswerten rechtfertigen.

Anmerkung der Redaktion

Lesen Sie vertiefend hierzu auch die Ausführungen unseres Autors, Herrn Prof. Dr. Peter Becker, in der eGovPraxis Jobcenter:

Quelle: Pressemitteilung des LSG Niedersachsen-Bremen vom
23.10.2023 zum Beschluss vom 13.10.2023 - L 13 AS 185/23 B ER

Bildnachweis: amazing studio/stock.adobe.com
Back To Top