Die Rechtsbranche befindet sich im Umbruch: Durch den Einzug generativer KI und Automatisierung verändern sich Arbeitsweisen in Anwaltskanzleien grundlegend.
Ruud Helmes, Director Product Management für Kleos aus dem Hause Wolters Kluwer Legal Software, gibt Einblicke in aktuelle Legal-Tech-Trends und zeigt auf, wie die cloudbasierte Kanzleisoftware Kleos Effizienzpotenziale hebt, die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben unterstützt und Datenschutzanforderungen erfüllt.
Er erläutert, wie auch Kleos Kanzleien dabei hilft, den digitalen Wandel erfolgreich zu meistern – von der Integration generativer KI bis hin zur Umsetzung neuer Standards wie der elektronischen Rechnungsstellung.
Wie wird sich die Softwarelandschaft für Anwaltskanzleien in den nächsten Jahren Ihrer Meinung nach entwickeln?
Ruud Helmes: Die Software-Landschaft befindet sich in einem massiven Wandel. Wir beobachten eine Verlagerung hin zu stärker integrierten, cloudbasierten Lösungen, die mehr Flexibilität und Zugänglichkeit bieten. Durch den Einsatz von generativer KI und Automatisierung können Arbeitsabläufe optimiert und die Effizienz gesteigert werden Darüber hinaus richtet sich der Fokus immer stärker auf Themen wie Datensicherheit und Compliance, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es immer mehr nationale und europäische Vorschriften in den Bereichen Datenschutz und elektronische Rechnungsstellung zu berücksichtigen gilt. Ich bin davon überzeugt, dass wir in diesen Bereichen weitere Fortschritte sehen werden, ebenso wie benutzerfreundlichere Schnittstellen und erweiterte Tools zur Zusammenarbeit mit Kund:innen. Ziel ist es, das Kanzleimanagement so effizient wie möglich zu gestalten.
Sie haben die KI erwähnt, die heutzutage ein allgegenwärtiges Schlagwort ist. Wie sehen Sie die Rolle von generativer KI im Bereich juristischer Software und welche Ansätze gibt es im Hinblick auf die Integration von KI in Kleos?
Ruud Helmes: Generative KI bietet ein enormes Potenzial im Bereich Legal Tech. Wir implementieren derzeit Generative KI in Kleos, um bei der Dokumentenarbeit zu unterstützen – etwa beim Zusammenfassen, dem Extrahieren von Schlüsselinformationen, der Überprüfung von Fristen oder Gerichtsargumenten und natürlich der Möglichkeit, diese Daten für die nächsten Schritte in einem Fall weiterzuverwenden.
So können sich die Mitarbeitenden in den Kanzleien auf strategischere Aufgaben konzentrieren. Wir glauben, dass Software die Arbeit erleichtern sollte, damit sie sich die Nutzer:innen auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können. Deshalb erforschen wir auch Möglichkeiten, generative KI für Aufgaben wie Fallprüfung, intelligente Suche und die Automatisierung von Aufgaben zu nutzen. Wir sind begeistert von den Möglichkeiten und werden in Kürze den ersten von vielen Anwendungsfällen für generative KI in Kleos vorstellen: die Zusammenfassung auf Dokumentenebene, die wir Kleos AI | Summary nennen.
Wie ist Kleos auf regulatorische Entwicklungen im juristischen Sektor vorbereitet?
Ruud Helmes: Unser Ziel ist es, unseren Kund:innen in den von uns betreuten Märkten eine möglichst reibungslose Umsetzung neuer gesetzlicher Vorgaben zu ermöglichen, sodass sie ihre Geschäftsabläufe ohne größere Unterbrechungen fortsetzen können.
Ein Beispiel: die neue EU-Verordnung, die ab 2025 die elektronische Rechnungsstellung in allen Mitgliedsstaaten vorschreibt. Sie ist ein wichtiger Schritt für die digitale Transformation und ein gezielter Beitrag zur Steuerbetrugsbekämpfung. Kleos swurde auf diese Änderungen umfassend vorbereitet. Die Regierungen Belgiens und Deutschlands haben die verpflichtende elektronische Rechnungsstellung für B2B-Transaktionen bereits ab 2025 beschlossen. In Deutschland integrieren wir die Standards XRechnung und ZUGFeRD – beides etablierte und gesetzlich anerkannte Formate für die elektronische Rechnungsstellung. Im Fall von Belgien setzen wir auf das PEPPOL-Netzwerk, das dort als verpflichtendes Format für elektronische Rechnungen gilt, um den dortigen Vorgaben vollständig zu entsprechen.
Um Ihnen ein weiteres Beispiel zu geben: In Spanien müssen Jurist:innen bereits in diesem Jahr sicherstellen, dass ihre Prozesse mit den Vorgaben der Anti-Geldwäsche-Initiative Verifactu konform sind. Wir passen unsere Software gezielt an, um unsere Kund:innen bei der Umsetzung dieser neuen Anforderungen zu begleiten.
Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Datensicherheit in Kleos zu stärken und zu gewährleisten?
Ruud Helmes: Datensicherheit hat oberste Priorität und ist nicht verhandelbar . Unsere Kund:innen arbeiten mit sensiblen mandatsbezogenen Daten, welche wir mit größter Sorgfalt behandeln. Kleos ist DSGVO-konform und nutzt fortschrittliche Verschlüsselungsmethoden, Multi-Faktor-Authentifizierung und regelmäßige Sicherheitschecks, um diese Daten bestmöglich zu sichern.
Wechseln wir zu einem anderen Thema: Wie wird sich Ihrer Meinung nach die tägliche Arbeit von Anwält:innen in den nächsten Jahren entwickeln?
Ruud Helmes: In den kommenden Jahren wird sich die Arbeit von juristischen Fachkräften durch technologische Fortschritte erheblich verändern – darunter künstliche Intelligenz, tiefere Integration von Ökosystemen und die fortschreitende Nutzung von Cloud-Technologien. Generative KI wird den Zeitaufwand für Aufgaben wie juristische Recherchen, das Verfassen von Dokumenten und die Vertragsprüfung deutlich reduzieren und ermöglicht es juristischen Fachpersonen, sich stärker auf strategisches Denken und die Interaktion mit der Mandantschaft zu konzentrieren. Anstatt Inhalte komplett neu zu verfassen, werden sie durch KI generierte Inhalte überprüfen und anpassen, wodurch Effizienz und Konsistenz gesteigert werden. Zugleich werden juristische Tools über Plattformen wie Microsoft Office 365 und Teams nahtloser in die täglichen Arbeitsabläufe integriert. Dies ermöglicht eine intelligentere E-Mail-Verwaltung, eine automatische Zeiterfassung und einen direkten Zugriff auf Entwurfstools — alles innerhalb der Systeme, die bei den Kanzleien bereits im Einsatz sind..
Cloudbasierte Lösungen zur Verwaltung von Anwaltskanzleien können diese Transformation unterstützen, indem sie einen sicheren, skalierbaren Zugriff auf Dateien, kollaborative Tools und ortsunabhängige Kommunikation ermöglichen. Insgesamt werden diese Technologien die Berufe im Rechtswesen effizienter gestalten und die Branche besser vernetzen und kundenorientierter machen.
Welche Herausforderungen sehen Sie im Bereich Legal Tech?
Ruud Helmes: Mit den stetig wachsenden Erwartungen der Mandantschaft stehen Anwaltskanzleien zunehmend unter Druck, ihre Dienstleistungen schneller, transparenter und kosteneffizienter zu gestalten. Gefragt sind heute Echtzeitkommunikation, flexible Preismodelle und eine proaktive Rechtsberatung – statt reaktiver Unterstützung. Dieser Wandel erfordert von den Kanzleien, dass sie ihre herkömmlichen Abrechnungsstrukturen überdenken, Technologien zur Verbesserung der Flexibilität und Effizienz einsetzen und in Tools investieren, die datengestützte Erkenntnisse und Zusammenarbeit unterstützen. Die Erfüllung dieser Anforderungen bei gleichzeitiger Beibehaltung hoher rechtlicher Standards wird in den kommenden Jahren eine zentrale Herausforderung sein.
Können Sie abschließend Ihre Vision für die Zukunft der Software im Bereich Kanzleimanagement erläutern und ausführen, wie sich Kleos entwickeln wird, um neuen Trends gerecht zu werden?
Ruud Helmes: Unsere Vision ist die Entwicklung einer vollständig integrierten, KI-gestützten Plattform, die sämtliche Aspekte des Kanzleimanagements abdeckt und miteinander verbindet. Dabei setzen wir konsequent auf Innovation und pflegen einen offenen Dialog mit unseren Kund:innen, um ihre Bedürfnisse bestmöglich zu verstehen und umzusetzen. Für die Zukunft sehen wir unser Produkt als noch intuitiver, mit fortschrittlichen KI-Funktionen, die sich nahtlos in bestehende Legal-Tech-Lösungen integrieren lassen.
Ruud Helmes
Director Product Management für Kleos
aus dem Hause Wolters Kluwer Legal Software