Angebotsabgabe GAEB-Dateien öffentliche Bauausschreibungen
Recht & Verwaltung18 August, 2023

Angebotsabgabe mit GAEB-Dateien bei öffentlichen Bauausschreibungen

Bei öffentlichen Bauausschreibungen verlangt der öffentliche Auftraggeber häufig die Abgabe von bestimmten Angebotsunterlagen im GAEB-Format. Für Unternehmen, die nicht standardmäßig mit diesen Dateiformaten umgehen, sind diese Dateien oftmals ein Buch mit sieben Siegeln. Wir gehen darauf ein, was GAEB-Dateien sind und wie diese rechtlich zu bewerten sind.
RA Henning Feldmann


Was sind GAEB-Dateien?

GAEB-Dateien kommen in der Praxis nur bei der Vergabe von Bauleistungen nach der VOB/A und der VOB/A-EU vor. Es handelt sich um ein bestimmtes Dateiformat mit einheitlichem Standard, die Dateien sind vom Bieter auszufüllen und einzureichen. Eine GAEB-Datei dient dem elektronischen Austausch von Bieterangaben, Erklärungen und Informationen bei Bauvergaben. Hiermit werden zum Beispiel Information und Daten zu Kosten, ausgefüllte Leistungsverzeichnisse, Angebote und Rechnungen über einen einheitlichen Standard zwischen den beteiligten Partnern ausgetauscht.

GAEB-Dateien können nur mit einer geeigneten Software (GAEB-Konverter oder GAEB-Viewer), die eine entsprechende GAEB-Schnittstelle integriert hat, geöffnet und bearbeitet werden. Um deren Beschaffung müssen Bieter sich kümmern, wollen sie an einem Vergabeverfahren teilnehmen.

Es handelt sich um kommerzielle Softwareprodukte von verschiedenen Anbietern, die die auf dem Markt angeboten werden. Wenn diese Software nicht zur Verfügung steht, ist mindestens ein Anzeigewerkzeug (Viewer) erforderlich, das auch kostenfrei aus dem Internet geladen werden kann. Sollen GAEB-Dateien bearbeitet werden, muss der Viewer mit einer Ausfüllfunktion ausgestattet sein.

Der einheitliche GAEB-Dateistandard ist entwickelt worden vom GAEB, dem „Gemeinsamen Ausschuss Elektronik im Bauwesen“. Es handelt sich um ein Bundesgremium, das dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zugeordnet ist. Mitglieder des GAEB sind öffentliche und private Auftraggeber, Architekten, Ingenieure, Bausoftwarehäuser und Bauwirtschaftler, die teilweise durch ihre Kammern und Verbände vertreten sind. Der GAEB ist einer der vier Hauptausschüsse des Deutschen Vergabe- und Vertragsausschusses für Bauleistungen (DVA).

Der Auftraggeber erstellt als Bestandteil der Vergabeunterlagen verschiedene GAEB-Dateien, die verschiedene und genormte Bezeichnungen (z.B. x.80) haben. Die gängigsten Dateien sind:

  • Leistungsverzeichnis als GAEB-x80-Datei,
  • Leistungsbeschreibung als GAEB-x81-Datei,
  • Angebotsaufforderung als GAEB-x83-Datei und
  • die Angebotsabgabe als GAEB-x84-Datei.

Für den Auftraggeber hat die Verwendung von GAEB-Dateien den Vorteil der schnellen Übernahme und Integration in die eigenen Systeme. Vereinfacht gesagt: der Datenaustausch und das Auslesen und Verarbeiten der Angaben der Bieter wird vereinfacht. Bei großen Bauprojekten mit einem umfangreichen Leistungsverzeichnis hat diese elektronische Zur-Verfügung-Stellung in einem genormten Dateiformat große Vorteile für den Auftraggeber, kann er die Angaben der Bieter schnell in seine eigenen Softwaresysteme übernehmen und auslesen.

GAEB-Dateien im Vergaberecht – aktuelle Rechtsprechung des BGH

Wie eingangs gesagt finden sich GAEB-Dateien in der Praxis nur bei Vergabeverfahren zur Vergabe eines Bauauftrags. Hier werden die Vergabeunterlagen, insbesondere das Leistungsverzeichnis, häufig als GAEB-Datei zur Verfügung gestellt. Ein Bieter, der an einem Vergabeverfahren teilnehmen will, benötigt daher einen GAEB-Konverter, um dessen Beschaffung er sich selbst kümmern muss. Häufig beinhalten die Vergabeunterlagen des Auftraggebers Hinweise zum Umgang mit GAEB-Dateien und auch Verweise auf verschiedene Internetseiten, auf denen GAEB-Konverter - die in den meisten Fällen kostenpflichtig sind und in der kostenlosen Variante nur verschiedene Grundfunktionen beinhalten - erworben werden können.

Weiter muss der Bieter prüfen, ob „nur“ die Vergabeunterlagen oder Teile davon als GAEB-Datei zur Verfügung gestellt werden, oder ob Bestandteile des Angebots – zumeist das ausgefüllte Leistungsverzeichnis oder ein Preisblatt – auch als GAEB-Datei mit dem Angebot einzureichen sind. In dem Fall handelt es sich um eine vom Auftraggeber aufgestellte Formvorgabe i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A bzw. § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 VOB/A-EU. Hiernach „legt der Auftraggeber fest, in welcher Form die Angebote einzureichen sind.“

Wie wichtig es ist, dass Bieter sich an derartige aufgestellte Formvorgaben halten, zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 16.05.2023 – XIII ZR 14/21). Gegenstand des Verfahrens war ein Bauauftrag, bei der die Angebotsabgabe in elektronischer Form erfolgen musste. Der öffentliche Auftraggeber forderte hierbei die Abgabe des ausgefüllten und mit Preisen versehenen Leistungsverzeichnisses als GAEB-Datei. Der Bieter reichte die Angebotsunterlagen und auch das Leistungsverzeichnis lediglich als PDF-Datei ein. Obwohl der Bieter das günstigste Angebot abgegeben hatte und an sich den Zuschlag hätte erhalten müssen, schloss der Auftraggeber das Unternehmen wegen Verwendung eines falschen Datei-Formats gemäß §§ 16 Abs. 1 Nr. 2, 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, 11, 11a VOB/A vom Verfahren aus.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass der Auftraggeber nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 VOB/A das Recht hat, die bei der Einreichung der Angebote zu verwendenden elektronischen Mittel zu bestimmen und somit auch entsprechende Dateiformate vorzugeben. Daher sei er grundsätzlich auch berechtigt, die Angebotsabgabe mittels GAEB-Datei zu fordern. Hierbei wies der BGH darauf hin, dass hierdurch auch ein ordnungsgemäßer Wettbewerb und eine Chancengleichheit der Bieter und die Transparenz des Verfahrens gefördert und gewährleisten werde, zudem seien die Angebote in der Wertungsphase besser vergleichbar.

Denn gleiche Dateiformate ermöglichen nach dem BGH eine bessere und elektronische Vergleichbarkeit. Sie vermindern den Prüfaufwand beim Auftraggeber, auch aus Effizienzgesichtspunkten sei die Festlegung bestimmter Formate daher grundsätzlich möglich. Wird das Angebot nicht unter Verwendung der vorgegebenen Dateiformate abgegeben, könne es daher grundsätzlich vom Verfahren ausgeschlossen werden.

Bewertung der BGH-Rechtsprechung und Fazit

In der Vergangenheit hatte der BGH, etwa im Urteil vom 18. Juni 2019 (X ZR 86/17), noch eine Linie vertreten, die eher als großzügig und bieterfreundlich bezeichnet werden kann. Hier hatte der BGH den Ausschluss eines Angebots wegen Änderung an den Vergabeunterlagen deutlich eingeschränkt. In der vergaberechtlichen Literatur war diese Entscheidung vielfach als eine Art Abkehr von der Formenstrenge des Vergaberechts und dem damit verbundenen Ausschluss von Bietern wegen Verstößen gegen formale Anforderungen angesehen.

Mit dem Urteil vom 16. Mai 2023 ist der BGH von dieser Linie nun scheinbar wieder abgerückt: eine Abweichung von einem vorgegebenen Dateiformat - also eine reine Formalie - kann den Ausschluss eines Angebots rechtfertigen.

Doch kann die Entscheidung des BGH durchaus kritisiert werden. Denn die geforderten Angaben (ausgefülltes Leistungsverzeichnis und Preise) lagen dem Auftraggeber unstreitig vor – nur eben im falschen Dateiformat. Er hätte das Angebot daher prüfen und bewerten können, nur eben mit mehr Aufwand. Die Begründung des BGH zur besseren Vergleichbarkeit der Angebote und der effizienteren Möglichkeit der Angebotsauswertung begegnen vor dem Hintergrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatze Bedenken.

Zudem bliebt die Frage offen, ob die Vorgabe eines GAEB-Formats überhaupt rechtmäßig ist. Hier kommen die oben dargestellten Spezifika des GAEB-Dateiformats zum Tragen, die in Widerspruch zu vergaberechtlichen Vorschriften stehen. Denn nach § 11a Abs. 1 VOB/A sind nur solche elektronischen Mittel zur Verfahrensführung zulässig, die „allgemein verfügbar, nichtdiskriminierend und mit allgemein verbreiteten Geräten und Programmen der Informations- und Kommunikationstechnologie kompatibel“ sind. In der vergaberechtlichen Literatur heißt es hierzu (Planker, Kapellmann/Messerschmidt VOB-Kommentar, 2022, § 11a Rn. 2):

Damit ist jede am Markt frei verfügbare Standardlösung zugelassen; unzulässig sind demgegenüber z.B. Sonderkonfigurationen, die besondere Programme oder besondere EDV-Fähigkeiten erfordern, die außerhalb üblicher Standards liegen und deshalb nur für einen eingeschränkten Kreis von Nutzern verwendbar sind.

Es ist sehr fraglich, ob das GAEB-Dateiformat dem entspricht. Denn es handelt sich um ein besonderes Programm, das – jedenfalls außerhalb von Deutschland und außerhalb von Bauausschreibungen - außerhalb üblicher Standards liegt. GAEB ist eine rein deutsche Entwicklung, zugeschnitten auf den deutschen Markt, und sie ist nur in wenigen Sprachen verfügbar. GAEB-Dateistandards sind außerhalb von Deutschland nicht gebräuchlich. Der BGH hat das Verfahren zur Entscheidung über diese Frage an die Vorinstanz, das OLG Köln, zurückverwiesen.

Will der Auftraggeber eine noch nicht allgemein verfügbare Technik wie die GAEB-Datei nutzen, ist diese den interessierten Teilnehmern an der Vergabe und mit entsprechender Anleitung jedenfalls kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Unzulässig wäre es, wenn Bieter gezwungen würden, eine kommerzielle Software oder Benutzungsrechte hieran gegen Entgelt beschaffen zu müssen, um an einem Vergabeverfahren teilnehmen zu können.

Für Bieter bedeutet diese Entscheidung des BGH allerdings erst einmal, dass auch Anforderungen der Auftraggeber an zu verwendende Dateiformate zu beachten sind. Fordert der Auftraggeber daher eine Angebotsabgabe in Form einer GAEB-Datei, so ist dem nachzukommen.

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Ab dem 25.10.2023 sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, bei Bekanntmachungen in europaweiten Vergabeverfahren die neuen elektronischen Standardformulare (eForms) zu verwenden. Was ändert sich dadurch für Vergabestellen und Bieter?
Henning Feldmann
Fachanwalt für Vergaberecht bei ESCH BAHNER LISCH Rechtsanwälte PartmbB in Köln
Bildnachweis: tippapatt/stock.adobe.com
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