Recht & Verwaltung03 Juli, 2025

Bürokratieabbau und die HOAI

Die HOAI gilt vielen als Symbol überbordender Regulierung im Planungsrecht. Dr. Edgar Joussen analysiert, warum ihre Abschaffung ein sinnvoller Schritt im Sinne eines wirksamen Bürokratieabbaus wäre.

Dr. Edgar Joussen

Es gibt heute kaum noch eine ernsthafte politische Diskussion, in der zur Verbesserung gesellschaftlicher Abläufe nicht ein Bürokratieabbau gefordert wird. Eng damit zusammen hängt die Überregulierung vieler Lebensbereiche. Wie viel wäre gewonnen, wenn nicht immer neue Vorschriften und Regelungen hinzukämen. So verwies zuletzt eine Berliner Tageszeitung trefflich darauf, dass Deutschland an Regulierungen ersticke. Laut Berechnungen des Ifo-Instituts kosten übermäßige Bürokratie das Land 146 Mrd. € an Wirtschaftsleistung – pro Jahr.1

Die Belastung durch undurchsichtige Verordnungen sei heute so hoch, dass sie die Rendite von Unternehmen schrumpfen lasse und diese sich teils entscheiden, lieber im Ausland zu investieren. Doch die Forderung nach Bürokratieabbau und ein Weniger an Regeln ist einfach; die Umsetzung fällt schwer. Dabei werden gerade Juristen schnell ein Gefühl dafür bekommen, wo es zu viel des Guten ist und einfacher gehen könnte. Nach dem Motto „Jeder kehre vor der eigenen Tür“ soll sich – nachdem sich der Unterzeichner zuletzt in derselben Sache gesondert mit dem zivilen Bauvertragsrecht befasst hatte2 – in diesem Beitrag dem Architektenrecht und dort der HOAI gewidmet werden.

Hier sollte im Sinne einer gewollten Normenreduzierung unbedingt daran gedacht werden, diese nicht ein weiteres Mal – wie in der letzten Legislaturperiode angedacht – zu überarbeiten, nur um danach erneut eine Fassung zu erhalten, die das Leben nicht einfacher macht mit Vorschriften, die man zum Teil sowieso kaum noch versteht – abgesehen von Regelungen, die ohnehin eher ins BGB und nicht in eine Honorarordnung gehören. Stattdessen sollte diese Honorarordnung, die aus einer anderen Zeit stammt, einfach gestrichen werden.

I. Ausgangslage

Seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 04.07.20193 steht fest, dass eine jedenfalls verbindliche Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen keine Zukunft mehr hat. Trotzdem – muss man leider sagen – herrscht irgendwie die Auffassung vor, dass die Aufrechterhaltung und Fortschreibung der HOAI geboten wären. Warum stellt dazu eigentlich im Sinne des Bürokratieabbaus und der Grundüberlegung für zu verschlankende Normen nicht jemand ernsthaft die Frage, dieses äußerst schwer zu verstehende und anzuwendende Regelwerk einfach abzuschaffen? Verbindlich ist es sowieso nicht mehr.

Was könnte man dazu an Ressourcen sparen, sei es bei Architekturbüros, die manchmal mehr Aufwand darauf verwenden, eine richtige Honorarrechnung und deren -berechnung aufzustellen als auf die Planungsleistung, sei es bei Anwälten, die diese in Streitfällen durchsetzen sollen, oder bei Gerichten, die sich in dazu meist sehr aufwändig zu führenden Prozessen damit befassen müssen, um dann nach Jahren irgendwann zu einem Ergebnis zu kommen? Dabei gilt dazu sogar noch weiter:

  • Kaum jemand, der eine praktische Erfahrung mit dem Vergütungsrecht von Architekten hat, hat heute noch das vor Augen, was die HOAI ehemals wollte, nämlich zur Beschränkung des Mietenanstiegs einen verbindlichen Honorarkorridor vorzugeben. Da es letzteren nicht mehr gibt, wird er auch vielfach nicht mehr beachtet. Stattdessen werden unter Außerachtlassung der HOAI gerne Pauschalen oder sonst von der HOAI mehr oder weniger abweichende Vergütungsregelungen vereinbart.
  • Sodann greift man zumindest bei den wenigen in der HOAI verbliebenen Leistungsbildern bei der Vertragsgestaltung zwar zum Teil noch auf die Anlagen zur HOAI mit den dort aufgeführten Grundleistungen zurück. Auch das erfolgt jedoch oft eher sinnfrei. So hat ein Rückgriff darauf für die Bestimmung der geschuldeten Leistung schon von der Sache her nichts mehr mit einer Honorarordnung zu tun; das ist in der Rechtsprechung hinreichend anerkannt.4 Vielmehr erfolgt eine Bezugnahme auf die Anlagen zur HOAI zumeist allein deshalb, um für einzelne zu vergütende Leistungsphasen einen Grundkorb von Planungsleistungen zu definieren und – wenn der Architekt das eine oder andere nicht erbringt, etwa weil die Erbringung einer Grundleistung gar nicht sinnvoll ist – ihm dafür Anteile des Honorars abziehen zu können. Dabei ist es lange kein Geheimnis mehr, dass der Katalog der Grundleistungen zu den Anlagen der HOAI nicht schlecht, aber keineswegs vollständig bzw. zum Teil auch überschüssig ist.
  • Wehe sodann, jemand muss einmal eine etwas aufwändigere Honorarberechnung anstellen oder diese anhand der Parameter aus der HOAI überprüfen. Wenn es nur – was in der Praxis die Regel ist – ein bisschen komplexer wird, geht das nicht mehr ohne Honorarsachverständige. Denn wer kann schon ernsthaft ohne fremde Hilfe die anrechenbaren Kosten richtig bemessen, verlässlich die richtige Honorarzone bestimmen, den Zuschlag für Umbauten oder Modernisierungen, geschweige denn ein Honorar ermitteln, wenn nicht alle aufgeführten Grundleistungen erbracht wurden? All das ist ein schönes Betätigungsfeld für Honorarsachverständige und man kann umfassend dazu streiten. Aber warum soll man von Gesetzes wegen ein Regelungssystem zur Berechnung von Honoraren vorhalten, das ein normaler Mensch nicht mehr versteht und vor allem diejenigen nicht sicher anwenden können, die es in der Hauptsache betrifft.
  • Erst recht wird die HOAI unverständlich, wenn man Planungsänderungen anordnen und das Honorar dafür berechnen will (muss). Die dafür einschlägige Regelung in § 10 HOAI kann man, wenn man sie nicht sinnvollerweise abbedungen hat, jedenfalls „nüchtern“ nicht verstehen oder anwenden. Auch verwundert, dass die Grundlagen der Honoraranpassung, nämlich die Leistungsänderung im BGB (s. dort § § 650q i.V.m. § 650b BGB) verankert sind, die Berechnung sich dann aber irgendwie nur in einem Annex dazu mit dem Verweis in § 650q Abs. 2 BGB aus der HOAI ergeben soll.
  • Ebenfalls grenzwertig ist die Nebenkostenregelung in § 14 HOAI: Wie kommt der öffentliche Verordnungsgeber eigentlich dazu, wenn auch nur im Rahmen einer unverbindlichen Honorarordnung vorzuschlagen, was ein Architekt unter welchen Bedingungen an Nebenkosten gesondert vergütet bekommen kann? Schön immerhin ist, dass die HOAI sagt, dass man anderes vereinbaren kann und in einem Katalog aufführt, was „insbesondere“ Nebenkosten sind. Ob diese aber erforderlich und nach § 14 HOAI zu vergüten sind, sagt die Regelung bereits nicht.
  • Man fragt sich sowieso, wie eigentlich zivilrechtliche und Honorarregeln der HOAI zusammenpassen. Wieso verweist für die Fälligkeit des Honorars § 15 HOAI als Honorarordnung, die gar nicht verbindlich ist, ihrerseits auf § 650g Abs. 4 BGB mit der Vorgabe einer prüfbaren Abrechnung, der entsprechend anzuwenden sei? Wieso „entsprechend“? Das ergibt sich doch mit § 650q Abs. 1 BGB schon unmittelbar aus dem Gesetz. Dasselbe gilt für die Regelung des § 632a BGB zu Abschlagszahlungen. Wieso streicht man solche Vorschriften in der HOAI nicht einfach bzw. kommt auf den Gedanken, dass das, was das Gesetz schon regelt, in der Honorarordnung, die wenn überhaupt und dann noch unverbindlich nur die Höhe der Vergütung angibt, nichts zu suchen hat. Doch auch umgekehrt wird es interessant, soweit § 650q Abs. 2 BGB für die Honoraranpassung bei angeordneten Planungsänderungen nach § 650b BGB auf die HOAI verweist. Das wird ein Spaß, wenn man das anwenden will.
  • In demselben Sinne verwundert ebenso etwa der Verweis auf die umsatzsteuerliche Behandlung von Auslagen in § 16 Abs. 2 HOAI, wonach diese (generell) als durchlaufender Posten weiterzuberechnen seien. Eine solche Verweisung dürfte in einer Honorarordnung kaum geboten sein – zumal unter Berücksichtigung der umsatzsteuerlichen Anforderungen sicher nicht alle Auslagen automatisch durchlaufenden Posten im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein werden. Jedenfalls ist diese Regelung mehr als missverständlich bzw. wäre und sollte es – zur Vermeidung unnötiger Dopplungen in gesetzlichen Vorschriften – ausreichen, wenn das allgemein im Steuerrecht geregelt wird – was übrigens betreffend den umsatzsteuerlichen Umgang mit durchlaufenden Posten schon in § 10 Abs. 1 Satz 5 UStG erfolgt ist.

II. Ziel: Streichung der HOAI

Warum stellt man vorstehende Fragen? Weil heute niemand mehr – wenn es sie nicht schon gäbe – auf den Gedanken käme, eine HOAI erstmals einzuführen. Die HOAI regelt in einer äußerst komplexen Weise ein Planerhonorar, das die Parteien doch auch so in Bezug auf die Vergütungshöhe frei vereinbaren könnten. Dasselbe gilt erst recht wie oben angemerkt für die Leistungsseite, die sich bei einem richtigen Verständnis sowieso nicht aus der HOAI ergibt, sondern die Teilleistungen dort nur aufgeführt sind, um dazu das Honorar zu spiegeln. Wäre es denn ein Drama, wenn die HOAI aufgehoben würde? Das wäre mit Sicherheit nicht der Fall. Im Gegenteil:

  1. Auch ohne HOAI bzw. einem danach berechenbaren Honorar bleibt es dabei, dass ein Planer eine mangelfreie Planung abliefern muss. Zwar mag es gewisse hergebrachte Erfahrungswerte geben, dass man sich auch zur Bestimmung der dafür geschuldeten Leistung an den Grundleistungen der einzelnen Leistungsphasen und insoweit an dem Katalog aus den Anlagen zur HOAI orientiert. Aber dafür braucht es keine gesetzliche Regelung bzw. eine solche des öffentlichen Verordnungsgebers. Es ist auch nicht zu erkennen, dass es zwingend geboten wäre, sich für die Bestimmung der geschuldeten Leistungen überhaupt an einzelnen Leistungsphasen zu orientieren. Vielmehr wird ein Planer auch aus Sicht des Bestellers am Ende das zu erbringen haben, was für eine ordnungsgemäße und funktionstüchtige Planung erforderlich ist. Dazu gehört die Fehlerfreiheit der Planung mit einer Anlehnung an die bzw. Erfüllung der Planungswünsche des Bestellers unter Beachtung seiner finanziellen Möglichkeiten genauso wie bei einem genehmigungspflichtigen Vorhaben die Anfertigung einer genehmigungsfähigen Planung. Auch für die Bauüberwachung braucht es keine HOAI. Der Autor begleitet seit vielen Jahren Planer und Bauherrn bei dem Entwurf von Architekten- und Ingenieurverträgen. Wie sonst auch fragt man die Beteiligten doch immer, was sie jenseits eines ohnehin im Werkvertragsrecht geschuldeten Werkerfolgs wollen, und schreibt das in den Vertrag. Dabei erfolgen zwar zum Teil „Anleihen“ an die Kataloge der Anlagen der HOAI; aber das sind nur Erfahrungswerte und es wäre nicht ersichtlich, dass man allein dafür ein so komplexes und schwer verständliches Regelwerk wie die HOAI benötigt – genauso wenig wie man das bei üblichen Bauverträgen erwarten würde oder es dazu Vergleichbares gäbe.
  2. Eng damit zusammen hängt die Bestimmung der an einen Architekten zu zahlende Vergütung. Das sich aus der HOAI ergebende Berechnungshonorar sollte – so die langjährige Vorstellung – eine Berechenbarkeit oder bessere Abschätzbarkeit des Honorars für den Besteller mit sich bringen. Dafür hatte man schon vor einiger Zeit manches verändert, indem man etwa die Höhe des Honorars für die Gesamtleistungen nur noch an die Höhe der relativ früh zu ermittelnden anrechenbaren Kosten der Kostenberechnung knüpfte, so dass das Honorar dann für die gesamten Planungsleistungen auch bei steigenden Kosten unverändert bleibt. Trotzdem bleibt der Befund, dass damit die Berechnung des Honorars abgesehen vielleicht von ganz einfachen Planungsvorhaben rechtssicher oder verlässlich kaum möglich ist. Jedenfalls wird hier die Prognose aufgestellt, dass die Vereinbarung von Pauschalen einfacher und jedenfalls nicht schwieriger zu handhaben ist als die Ermittlung eines Berechnungshonorars nach der HOAI. Auch die Vereinbarung von Stundenhonoraren könnte denkbar sein. Ein solches mag zwar für den Besteller schwer kalkulierbar sein. Aber warum muss der Verordnungsgeber den Besteller schlimmstenfalls vor sich selbst schützen? Hier gilt doch nichts anderes als sonst bei der Vereinbarung von Zeithonoraren – zumal sich flankierend auch das Schutzinstrument zugunsten des Bestellers herausgebildet hat, dass ein Planer zugleich die Grenzen der wirtschaftlichen Betriebsführung zu beachten hat und er sich bei einem Verstoß dagegen schadensersatzpflichtig macht.5
  3. All das gilt in gleicher Weise für den (unwissenden) Verbraucher als Besteller. Das noch in der heutigen HOAI vorgesehene Basishonorar mag zwar vor allem für diesen im Fall einer fehlenden Belehrung (s. § 7 HOAI) einen fest errechenbaren Preis vorgeben. Aber erstens versteht auch der durchschnittliche Verbraucher nicht das, was er dort in einem Vertrag mit einer Honorarberechnung nach Basishonorar unterschreibt, was schon für sich spricht. Und zweitens mag ein Verbraucher – wenn er einmal einen Architekten beauftragt – sich im Rahmen seiner Vertragsfreiheit ggf. vorher überlegen, was er wie viel dafür zu bezahlen hat, was er bei anderen Verträgen auch völlig selbstverständlich tut. Das sollte ihm schon deshalb nicht so schwerfallen, da der Architekt ihn je nach Vertrag ohnehin vorab darüber informieren muss, was für ein Honorar auf ihn zukommt. Das ergibt sich für Verbraucher schon aus allgemeinem Recht gem. § 312a Abs. 2 BGB, hier vor allem mit der Pflicht zur Information über die Preisbildung (Art. 246 § 1 Nr. 5 EGBGB). Irgendwann sollte es dann aber einmal gut sein bzw. am Ende mag auch ein Verbraucher abschätzen können, dass Planungsleistungen Geld kosten.
  4. Wenn man hier den Mut fände, die HOAI abzuschaffen, würde das allein bei den Planern viel Arbeit und Papierkram sparen – sei es, dass ein Architekt oder Ingenieur gar nicht mehr nach der HOAI mit den dazu erstellenden Begleitrechnungen abrechnen muss, sondern es wie jeder andere wirtschaftlich denkende Unternehmer so handhaben kann, wie er das frei (gewählt) vereinbart hat. Dabei wird das vermutlich oft auf Pauschalen oder Teilpauschalen hinauslaufen, was vom Prinzip her immer die einfachere Abrechnung darstellt. Zudem wird das Planer auch insoweit entlasten, als sie nicht schon im Vorfeld eines Vertrages mit vielen Unbekannten auf der Basis einer Honorarordnung etwas berechnen sollen, was man zu diesem Zeitpunkt vielfach gar nicht frei und sicher abschätzen kann. Ebenso könnte man wohl und erst recht den massiven Personalaufwand sparen, der zurzeit und bei jeder weiteren Neufassung einer HOAI ebenso in Zukunft – sei es auf Ministerialebene, sei es außerhalb im Kreis der Planer, Verbände, Juristen etc. – deswegen entsteht, weil Heerscharen von hoch qualifizierten Menschen in unzähligen Zirkeln und Abstimmungsrunden einzeln oder gemeinsam daran arbeiten, immer wieder ein Regelwerk fortzuschreiben, das man real nicht braucht und verzichtbar ist. Das würde für sich genommen bereits viele Kosten sparen und unnötige Ressourcen freisetzen. Ähnliches gilt für die Justiz vor dem Hintergrund, dass ein Großteil von Architektenprozessen gerade auf Honorarstreitigkeiten nach der HOAI zurückgeht. Sie sind eben gerade wegen des Regelwerks der HOAI hochkomplex, schwierig und ohne Sachverständigengutachten in aller Regel nicht zu entscheiden und man könnte einfach sagen: Honorarstreitigkeiten wird es vermutlich auch ohne die HOAI weitergeben; aber ein zentraler Grund dafür, nämlich die Undurchsichtigkeit der Honorarbestimmung auf der Grundlage der HOAI, würde ersatzlos wegfallen. Das weiß auch jeder Jurist, der einmal eine Klage zu einem streitigen HOAI-Honorar zu Gericht gebracht oder sich dagegen verteidigt hat, bzw. ein Richter, der darüber zu entscheiden hatte.
  5. Man könnte abschließend immerhin einwenden, dass man mit der hier ausgesprochenen Empfehlung zur ersatzlosen Abschaffung der HOAI noch über zwei Punkte nachdenken könnte:
    • Richtig ist, dass es nicht nur bei Architekten und Ingenieuren eine Honorarordnung gibt. Auch andere Berufsgruppen kennen das, so etwa bei Anwälten, Notaren, Ärzten oder Steuerberatern. Daher könnte zu fragen sein, warum an dieser Stelle ausgerechnet ein so kritischer Blick auf die Architekten geworfen wird. Die Frage ist berechtigt. Doch erstens ist das Aufwerfen dieser Frage kein Grund dafür, nicht mehr notwendige Honorarordnungen (oder sollte man vielleicht besser sagen „Honorarempfehlungen“) bei den Architekten und Ingenieuren beizubehalten. Und zweitens mag man sich im Einzelfall natürlich ebenso Gedanken bei den anderen Berufsgruppen machen, ob solche Honorarordnungen, die vielfach aus einer anderen Zeit stammen, noch zeitgemäß sind. Bei den Steuerberatern liegt das sogar auf der Hand. Bei Anwälten ist das mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz nicht ganz so einfach: Denn ein maßgeblicher Grund dafür besteht darin, dass diese eingebettet ist in das Sondersystem der Prozesskostenerstattung, so dass man danach auch aus Gegnersicht abschätzen können soll, was auf einen an Kosten im Fall eines Prozessverlustes zukommt. Das könnte man anders regeln; aber das muss man wenigstens sehen. Bei den Ärzten dürfte der wahre Grund der Honorarordnung wiederum weniger in der Beschränkung der Vertrags- und Preisfreiheit liegen; vielmehr dürfte es hier vor allem um die Einfügung von deren Tätigkeit und Honorierung in ein Krankenkassensystem gehen mit der Maßgabe, dass die Kosten mehr oder weniger vergemeinschaftet werden und Individualvereinbarungen mit dem Patienten als Leistungsempfänger ggf. schwer praktikabel wären.
    • Sodann kann abschließend natürlich darüber nachgedacht werden: Wenn man die HOAI ersatzlos aufhebt, könnte man ebenso noch einmal kritisch prüfen, ob man nicht doch die eine oder andere darin bisher enthaltene Regelung „retten“ will. Richtiger Ort für die Beibehaltung wäre dann aber allein das BGB als Grundlage des zivilen Vertragsrechts bei den dafür einschlägigen Vorschriften. Dabei muss der Autor allerdings sagen, dass er bisher bzgl. einer solchen Übernahme von Vorschriften in der HOAI nicht fündig geworden ist. Oder umgekehrt: Soweit es aus der HOAI heute „echte“ zivilrechtliche Regelungen wie etwa § 15 HOAI zur Honorarfälligkeit gibt, ist das sowieso schon im BGB geregelt. Sodann gäbe es noch die Bemessungsregelung für die Vergütungsanpassung nach Planungsänderungen in § 10 HOAI: Aber bei dieser wäre man nach allseitigem Verständnis sowieso gut beraten, diese endlich zu beseitigen.

III. Zusammenfassung

In einer abschließenden Betrachtung kann zusammengefasst werden, dass auch das Bau- und Architektenvertragsrecht einen nicht unerheblichen Beitrag zum Bürokratieabbau bzw. zur Normenreduzierung leisten kann. Das könnte sogar an Stellen erfolgen, die am Ende der Praxis nicht wehtun würden, auch wenn sie trotzdem erheblich sein könnten. Die Abschaffung der HOAI würde dazu jedenfalls einen substanziellen Beitrag schaffen, der sowohl die Architekten und Ingenieure als auch die Gerichte erheblich entlasten würde.

Fußnoten

1 IFO-Schnelldienst 11/2024, 13.11.2024, S. 8.
2 NJW 2025, 1179.
3 EuGH, Entsch. v. 04.07.2019 – C-377/17, BauR 2019, 1624 = NJW 2019, 2529.
4 Siehe nur BGH, Urt. v. 24.10.1996 – VII ZR 283/95, BauR 1997, 154 = NJW 1997, 586; s. ebenfalls Begründung zu dem damals neu eingeführten § 650p BGB: BT-Drucks. 18/8486, S. 68 sowie zur Änderung des Gesetztes zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen nach der Entscheidung des EuGH: BT-Drucks. 19/21982, S. 13.
5 BGH, Urt. v. 17.04.2009 – VII ZR 164/07, BauR 2009, 1162 (1166) = NJW 2009, 2199 (2202); s. dazu auch Vygen/Joussen, Bauvertragsrecht nach VOB und BGB, 6. Aufl. 2024, Rdnr. 3713.

Dr. Edgar Joussen

Rechtsanwälte Joussen & Schranner Partnerschaft mbB, Berlin. Er ist ständiger Mitarbeiter der Zeitschrift "baurecht".

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