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Recht & Verwaltung27 Dezember, 2021

LSG: Kein Mehrbedarf bei reiner Vermittlung und Beratung

Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II setzt die Leistungserbringung im Rahmen einer "Maßnahme" voraus, die innerhalb eines organisatorischen Rahmens erbracht werden muss. Nicht ausreichend hierfür sind reine Vermittlungs- und Beratungsleistungen.

Der Fall

Der schwerbehinderte Hilfesuchende begehrt die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für erwerbstätige behinderte Menschen im Rahmen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Das Jobcenter verweigerte die Gewährung des Mehrbedarfs, weil nach seiner Meinung die Tätigkeit der Person in einem Erlebnishotel nicht die Anforderungen an eine regelförmigen Maßnahme erfüllte. Die Probebeschäftigung des Hilfesuchenden in einem Erlebnishotel wurde vorzeitig beendet. Sie wurde durch einen behinderungsbedingten Eingliederungszuschuss gefördert und die hilfesuchende Person hatte das Vermittlungs- und Beratungsangebot des Integrationsfachdienstes teilweise Anspruch genommen.

Die Entscheidung

Das Gericht entschied, dass die hilfesuchende Person keinen Anspruch auf die Gewährung des Mehrbedarfs habe, weil sie nicht an einer regelförmigen besonderen Maßnahme, die einen Mehrbedarf auslöse, teilgenommen habe. Dafür reichten die unregelmäßigen Gespräche mit dem Integrationsfachdienst nicht aus. In ihnen seien der hilfesuchenden Person keine Inhalte strukturiert vermittelt worden, sondern lediglich reine Vermittlungs- und Beratungsleistungen erfolgt, wobei ihr nicht mehr abverlangt wurde als das, was auch nicht behinderten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Rahmen der Vermittlung und Beratung durch das Jobcenter abverlangt würde.

Fazit

Die Gewährung eines behinderungsbedingten Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II setzt eine strukturierte Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben voraus. Die Maßnahme benötigt, um die Bezeichnung als "Maßnahme" zu rechtfertigen, einen organisatorischen Rahmen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht, in dem bestimmte Leistungen gewährt werden. Es ist in einer Zielvereinbarung festzulegen, in welchen Stufen die Eingliederung in Arbeit zu bewerkstelligen ist. Rechtfertigt diese Vorgehensweise einen zusätzlichen Bedarf, ist dieser durch die Gewährung des Mehrbedarfs auszugleichen. Eine bloße gelegentliche Kontaktaufnahme der hilfesuchenden Person zur Beratung und Hilfe bei der Vermittlung erfüllt die Kriterien der Maßnahme nicht.

Quelle: Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 23.9.2021 - L 7 AS 3146/19
Bildnachweis: H_Ko/stock.adobe
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