LSG: Gesamtangemessenheitsgrenze gilt analog im Sozialrecht
Recht & Verwaltung05 Mai, 2022

LSG: Gesamtangemessenheits-grenze gilt analog im Sozialrecht

Zur Berechnung angemessener Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ist im Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze maßgeblich. Es stellt sich die Frage, ob diese Grenze auch im Sozialhilferecht anzuwenden ist.

Der Fall

Ein Ehepaar lebt in einer 78 m² großen Wohnung (Kaltmietzins 322 €, Heizkosten 121 €) im Landkreis Kassel. Der Ehemann bezog zunächst Arbeitslosengeld II und beantragte nach Erreichen der Altersgrenze Grundsicherungsleistungen im Alter (Sozialhilfe). Der Sozialhilfeträger verwies darauf, dass für einen 2-Personen-Haushalt lediglich eine Wohnfläche von 60 m² und dementsprechend gekürzte Heizkosten angemessen seien. Der Ehemann wendet sich gegen die unterschiedliche Betrachtungsweise der Unterkunfts- und Heizkosten in den Sozialsystemen.

 

Die Entscheidung

Die Richter beider Instanzen haben entschieden, dass die Arbeitslosengeld-II-Regelung zur angemessenen Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung (Gesamtangemessenheitsgrenze, § 22 Abs. 2 SGB II) in der Sozialhilfe analog anzuwenden ist. Denn: Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe dienten jeweils der Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Zudem seien die Angemessenheitsgrenzen der Kosten für Unterkunft und Heizung weitgehend parallel geregelt. Die durch die SGB II-Reform im Jahr 2016 entstandene Regelungslücke im SGB XII sei im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot durch analoge Rechtsanwendung zu schließen.

 

Fazit

Auch im Sozialhilferecht ist die Gesamtangemessenheitsgrenze für die Kosten der Unterkunft und Heizung anzuwenden. Dies wirkt sich zugunsten der Leistungsempfänger insbesondere in den Fällen aus, in denen ein sehr niedriger Kaltmietzins mit unangemessen hohen Heizkosten oder aber ein unangemessen hoher Kaltmietzins mit sehr niedrigen Heizkosten zusammentreffen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 2/2022 des LSG Hessen vom 15.03.2022 zum Urteil vom 19.01.2022 - L 4 SO 143/19

Anmerkung der Redaktion: Lesen Sie hierzu auch die Ausführungen unseres Autors Prof. Dr. Torsten Schaumberg in Abstrakt angemessene Aufwendungen nach einem schlüssigen Konzept.

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