CPV-Codes Vergabeverfahren
Recht & Verwaltung04 Januar, 2024

Benutzung von CPV-Codes in Vergabeverfahren

Jedes europaweit ausgeschriebene Vergabeverfahren muss mit einem CPV-Code hinterlegt sein. Deren richtige Benutzung und deren Verständnis ist für öffentliche Auftraggeber und Bieter aber häufig mit Schwierigkeiten verbunden.

RA Henning Feldmann


Was sind CPV-Codes?

Seit 2006 sind öffentliche Auftraggeber verpflichtet, bei europaweiten Vergabeverfahren die jeweils ausgeschriebenen Leistungen mit einem eigens hierfür erarbeiteten CPV-Code-Katalog zu identifizieren. Aber was sind CPV-Codes eigentlich? CPV steht für Common Procurement Vocabulary. CPV-Codes sind das gemeinsame Vokabular für öffentliche Aufträge innerhalb der EU. Das Vokabular der CPV-Codes ist von der EU-Kommission entwickelt worden. Es stammt aus dem Jahr 2008 und besteht aus fast 9.500 einzelnen Codes, die - so jedenfalls die Idee - jede Art einer ausgeschriebenen Leistung erfassen und kategorisieren sollen.

Das CPV ordnet hierbei jeder Leistung einen numerischen Code zu, der aus bis zu neun Ziffern besteht. Dem liegt die folgende Struktur zugrunde: Die CPV-Nomenklatur besteht aus einem Hauptteil, der den Auftragsgegenstand definiert, und einem Zusatzteil zur Ergänzung weiterer Angaben zur genaueren Bezeichnung des Leistungsgegenstands. Aufgebaut ist das Ganze in einer Baumstruktur, die Zahlen von bis zu 9 Ziffern (einen Code aus 8 Ziffern plus eine Prüf-Ziffer) umfasst, denen eine Bezeichnung zugeordnet ist, die die Art der Lieferungen, Bauarbeiten oder Dienstleistungen beschreibt, die den Auftragsgegenstand darstellen. Beispielhaft sei dies dargestellt am CPV-Code „39134100-1“ für „Computertische“:

  • Die ersten beiden Ziffern „39“ kennzeichnen die Abteilung (hier: „Möbel einschließlich Büromöbel, Zubehör, Haushaltsgeräte (ausgenommen Beleuchtung) und Reinigungsmittel“).
  • Die ersten drei Ziffern „391“ kennzeichnen die Gruppen (hier: „Möbel“).
  • Die ersten vier Ziffern „3913“ kennzeichnen die Klasse (hier: „Büromöbel“) und die ersten fünf Ziffern „39134“ die genaue Kategorie („Computermöbel“). Durch die letzten drei Ziffern erfolgt dann eine weitere Präzisierung innerhalb der einzelnen Kategorie. So gelangt man innerhalb der Kategorie „Computermöbel“ zu den „Computertischen“ mit dem CPV-Code 39134100-1.

Man sieht hieran, dass von den ersten beiden Ziffern (der Kategorie) abwärts die Bezeichnung immer konkreter wird: von „Möbeln im weiten Sinne“ hin zu Möbel „im engeren Sinne“, dann zu Büromöbel und schließlich zu Computermöbel und dann letztlich zum Computertisch. Auf diese Weise - so wiederum die Idee hinter den CPV-Codes - lässt sich jede mögliche Leistung, die öffentliche Auftraggeber beschaffen könnten und die der EU-Kommission eingefallen sind, von einem allgemeinen Oberbegriff durch weitere Spezifizierung und Verästelung in der Baumstruktur nach unten kategorisieren.

Der Fantasie der EU-Kommission darüber, was öffentliche Auftraggeber in ihrem Alltag so beschaffen, waren dabei offenbar keine Grenzen gesetzt. Denn es finden sich auch CPV-Codes, die auf den ersten Blick etwas abstrus oder lustig anmuten. Besonders interessant dürfte beispielweise eine Ausschreibung zum CPV-Code 79955000-3: „Organisation von Modenschauen“ oder zum CPV-Code 15895000-9: „Hamburger“ sein. Letztgenannter Code findet sich übrigens innerhalb der Klasse „Verschiedene Lebensmittel und Trockenerzeugnisse“, so dass nicht die Einwohner Hamburgs gemeint sind. Auch eine Ausschreibung zum CPV-Code 92341000-3: „Zirkusvorstellungen“ dürfte ein Exot im Ausschreibungsgeschäft sein. Aber jedenfalls finden so auch Kommunen, die ihre Bevölkerung mit Modenschauen oder Zirkusvorstellungen oder kostenlosen Burgern bei Laune halten wollen, den für sie passenden CPV-Code.

Die Idee hinter den CPV-Codes

Die Idee dahinter ist simpel und sinnvoll. In der „Anleitung zum Gemeinsamen Vokabular für öffentliche Aufträge (CPV)“ aus dem Jahr 2008 schreibt die EU-Kommission:

„Das CPV dient dazu, anhand eines einheitlichen Klassifikationssystems für das öffentliche Auftragswesen die von den Auftraggebern zur Beschreibung des Vertragsgegenstandes verwendeten Begriffe zu vereinheitlichen, indem den potenziellen Anwendern (Auftraggebern, Bewerbern oder Bietern in Vergabeverfahren) ein geeignetes Instrument angeboten wird.“

Die CPV-Codes dienen also einer größeren Transparenz im öffentlichen Auftragswesen und dem leichteren Erkennen von Geschäftsmöglichkeiten für Bieter. Zusammengefasst: CPV-Codes sollen dazu dienen, dass Bieter öffentliche Ausschreibungen aus ihrem Geschäftsfeld bzw. aus ihrer Branche leichter und schneller auffinden können. Eine einheitliche Klassifikation soll eine einheitliche Beschreibung des Auftragsgegenstandes ermöglichen. Das wiederum erleichtern den Zugang zu Informationen und das Auffinden von interessanten Ausschreibungen.

Auch Sprachbarrieren innerhalb der EU sollen hierdurch überwunden werden, denn CPV-Codes sind EU-weit einheitlich. Bieter aus dem EU-Ausland müssen daher nicht umständlich den für sie passenden Suchbegriff (z.B. Computermöbel) in allen EU-Amtssprachen in der Suche einstellen, sondern können nach dem CPV-Code suchen.

Verwendung von CPV-Codes durch öffentliche Auftraggeber

Öffentliche Auftraggeber, die eine europaweite Ausschreibung oberhalb des EU-Schwellenwertes veröffentlichen wollen, müssen im Rahmen des Bekanntmachungsformulars mindestens einen CPV-Code angeben. Es handelt sich um ein Pflichtfeld. Es besteht zudem die Möglichkeit, mehrere CPV-Codes anzugeben, wenn ein einzelner den Auftragsgegenstand nach Auffassung des Auftraggebers den Auftragsgegenstand nicht vollständig oder nicht aussagekräftig genug beschreibt.

Für öffentliche Auftraggeber gilt es also, den oder die Code(s) zu finden, der oder die den Auftragsgegenstand am besten beschreiben. Für die Auswahl des CPV-Codes im Rahmen einer Bekanntmachung ist allein der öffentliche Auftraggeber zuständig.

CPV-Codes und deren Nutzen für Bieter

Bieter können auf der Bekanntmachungsplattform der EU (TED, tenders electronic daily) automatische Suchen einstellen, die sie immer dann informieren, wenn eine Ausschreibung zu einem oder mehreren CPV-Codes erscheint. Auch gewerbliche Ausschreibungsportale bieten diese Funktionalität, allerdings kostenpflichtig. So stellen sie sicher, dass sie immer über Ausschreibungen aus ihrer Branche informiert werden, die für sie potenziell von Interesse sein können.

Tipps und Hinweise für Bieter und Auftraggeber

Bei der Auswahl der CPV-Codes sind Auftraggeber gut beraten, große Sorgfalt walten zu lassen. Denn bei der Verwendung eines falschen oder nicht präzise genug ausgewählten Codes besteht die Gefahr, dass es für interessierte Unternehmen schwer oder unmöglich wird, eine Ausschreibung zu finden. Bieter bleiben dann bei einer solchen Ausschreibung möglicherweise aus, Wettbewerb und die Transparenz werden beeinträchtigt.

Die Wahrscheinlichkeit, die Leistung zu einem marktangemessen Preis zu erhalten, sinkt. Zu beachten ist auch, dass das schnelle und zielsichere Auffinden der Ausschreibung den Bietern auch mehr Zeit für die Erstellung ihrer Angebote verschafft; auch dies erhöht in der Regel die Qualität der Angebote.

Die Genauigkeit und Plausibilität der verwendeten Codes wird dabei in der Regel von den Vergabekammern nicht überprüft. Nach einer Entscheidung der Vergabekammer des Bundes (Beschluss vom 05.03.2014 – VK 1-8 /14) „sollte“ der öffentliche Auftraggeber versuchen, einen CPV-Code zu finden, der möglichst genau mit seinem Bedarf übereinstimmt. Der öffentliche Auftraggeber ist aber nicht verpflichtet, den präzisesten oder genauesten CPV-Code zu verwenden, selbst wenn es zur Beschreibung der betreffenden Leistung einen „passenderen“ CPV-Code gegeben hätte.

Auftraggeber, die allerdings versuchen, eine Ausschreibung durch Angabe eines vollkommen unpassenden CPV-Codes vor dem Wettbewerb „zu verstecken“ und stattdessen nur ihren bevorzugten Bieter auf eine veröffentlichte Ausschreibung hinweisen, müssen sich indes darauf einstellen, dass eine Vergabekammer sie wegen dieses schweren Verstoßes gegen die Grundsätze der Transparenz, Gleichbehandlung und des Wettbewerbs (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB) zur Wiederholung einer Ausschreibung verpflichtet. Auch Rechnungsprüfungsbehörden dürften in einem solchen Fall aktiv werden.

Um eine möglichst breite Auffindbarkeit einer Ausschreibung zu ermöglichen, sollten neben sehr spezifischen CPV-Codes stets auch allgemeinere angegeben werden. Im oben genannten Beispiel „Computertische“ sollten Auftraggeber beispielsweise nicht nur diesen einen CPV-Code für „Computertische“ wählen. Denn es kann sein, dass Bieter in ihrer automatischen Suche nicht nur „Computertische“ eingestellt haben, sondern nur allgemein den CPV-Code für „Möbel“ oder „Büromöbel“. Auftraggeber, die spezifisch Computertische beschaffen wollen, sollten daher neben diesem CPV-Code auch den für „Möbel“ und „Büromöbel“ angeben.

Eine Orientierungshilfe für Auftraggeber bieten die „Erläuterungen zu den CPV-Codes“ der EU-Kommission aus dem Jahr 2008.

Spiegelbildlich gilt dies ebenfalls für Bieter. Bieter sollten sich mit dem CPV-Vokabular vertraut machen und diejenigen CPV-Codes identifizieren, die für „ihre“ Branche oder die Leistung, die sie anbieten, passen. Hierauf sollte dann die automatische Suche aufsetzen.

Henning Feldmann
Fachanwalt für Vergaberecht bei ESCH BAHNER LISCH Rechtsanwälte PartmbB in Köln
Bildnachweis: Annika/stock.adobe.com
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