BauGB Novelle
Recht & Verwaltung27 Oktober, 2023

Kleine Schritte auf dem Weg zur großen BauGB-Novelle

Wir blicken auf das kürzlich in Kraft getretene trat das Änderungsgesetz zum Baugesetzbuch und die in diesem Zusammenhang notwendige Kommunikation und Austausch mit den Rechtsanwendern ein.

Dr. Thomas Lüttgau

Es kommt nicht allzu häufig vor, dass Gesetzesinitiativen der Anwaltschaft auf so breite Resonanz und Akzeptanz stoßen, wie dies mit der Initiativstellungnahme des Deutschen Anwaltvereins durch den Ausschuss Verwaltungsrecht mit Vorschlägen zu einer Reform des Baugesetzbuchs geschieht.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) ist der freiwillige Zusammenschluss von mehr als 61.000 deutschen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten sowie Anwaltsnotarinnen und Anwaltsnotaren, die in 253 lokalen Anwaltvereinen im In- und Ausland organisiert sind. Er vertritt damit die Interessen der deutschen Anwaltschaft auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene und wird mit seinen sogenannten Gesetzgebungsausschüssen in Normsetzungsprozessen beteiligt.

Den Stellungnahmen der Ausschüsse des DAV kommt dabei vor allem deshalb besondere Beachtung bei den Normgebern zu, weil sie in aller Regel nicht partikulare Singularinteressen vertreten, sondern es sich der DAV zur Aufgabe gemacht hat, aktiv an der Fortbildung und Sicherung des Rechts mitzuwirken.


„Große“ Novelle des Baugesetzbuchs als Ziel

Während in zahlreichen Gesetzgebungsverfahren die vielfach in der Öffentlichkeit von den Verbänden kritisierten viel zu kurzen Fristen für die Gelegenheit der Abgabe einer Stellungnahme dazu führt, dass kaum Einfluss auf die Normumgebung genommen werden kann, legt das aus dem Innenministerium ausgegliederte Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in Zusammenhang mit der angestrebten Novellierung des Baugesetzbuchs großen Wert auf Kommunikation und Austausch mit den Rechtsanwendern.

Dabei ist das Ziel, eine umfassende „große“ Novelle des Baugesetzbuchs durchzuführen mittlerweile in ein an dringenden Notwendigkeiten orientiertes „Flickwerk“ abgedriftet. An dem Ziel, noch im Laufe der Legislaturperiode die umfassende Novelle fertigzustellen, hat sich nichts geändert. Und auch die zwischenzeitlich und zuletzt mit dem Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren vom 03.07.2023 in Kraft getretenen partikularen Änderungen stehen nach wie vor in der Linie einer einheitlichen und schlüssigen Novelle.

Das am 07.07.2023 in Kraft getretene Änderungsgesetz zum Baugesetzbuch setzt, wie die im Gesetzgebungsverfahren befindliche Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes, einige in der Pandemie bewährte Regelungen des PlanSiG in Dauerrecht um. Der digitalen Beteiligung in Planaufstellungsverfahren wird Vorrang eingeräumt und ebenfalls auf eine Initiative des DAV zurückgehende Änderungen bei der erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung gem. § 4a Abs. 3 BauGB sollen Erleichterungen und Beschleunigungen in Planverfahren bringen. Auch Änderungen in § 35 Abs. 1 BauGB und §§ 14 und 19 BauNVO für Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie und deren Nutzung sind geeignet, diese zu fördern und Festsetzungsschwierigkeiten in Bebauungsplänen zu beheben.


Lösungsvorschläge unterbreitet

Das BMWSB beschäftigt sich derzeit insbesondere mit Fragen, wie die Innenentwicklung gesetzgeberisch gestärkt werden kann, welche weiteren Regelungen im besonderen Städtebaurecht und bei den Regelungen zum Vorkaufsrecht in diesem Zusammenhang getroffen werden sollen und welche Regelungen aus dem Baulandmobilisierungsgesetz in das Dauerrecht überführt werden können. Die in der Initiativstellungnahme des DAV genannten Gesichtspunkte resultieren aus Erkenntnissen der Beratung der Anwaltschaft in der Praxis.

Als großes Hemmnis der planerischen Innenentwicklung werden Schwierigkeiten bei der Festsetzung von Lärmemissionskontingenten und im Konflikt zwischen Immissionsschutz und Bauleitplanung gesehen, zu deren Lösung Vorschläge unterbreitet werden. Die Vorschläge greifen einer etwaigen Anpassung der TA Lärm voraus und sollen, ähnlich den verkehrslärmbezogenen Regelungen ermöglichen, in größerem Maße auf den Innenraumschutz abzustellen und eine größere Flexibilität in Gemengelagen zu ermöglichen. Auch Anpassungen der Regelungen für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan sind zu erwarten, um auch dieses Instrumentarium für die Rechtspraxis handhabbarer und rechtssicherer zu machen.

Die für sinnvoll gehaltenen Änderungen zu §§ 13a und b BauGB sind durch die jüngste Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts v. 18.07.2023 – 4 CN 3.22 zur Europarechtswidrigkeit des § 13b BauGB obsolet geworden. Es bleibt der Blick auf eine rechtssicherere Handhabung des § 13a BauGB, bei dem insbesondere die Frage der Nachvollziehbarkeit einer Vorprüfung des Einzelfalls zu Rechtsunsicherheiten führt.


Regelungen zur Beschleunigung und Erleichterung von Genehmigungsverfahren

Der Umgang des Ministeriums mit Anregungen aus der Anwaltschaft sollten für alle Rechtsanwender Ermutigung sein, sich Gedanken über eine Verbesserung der rechtlichen Regelungen zu machen und diese in die Diskussion einzubringen. Die Anwaltschaft muss sich keine Sorgen machen, dass Ihnen die Fälle ausgehen. Dafür werden die Regelungen in der Rechtsprechung weiterhin einer hinreichend kritischen Würdigung unterzogen werden.

Es ist allerdings im Interesse aller Rechtsanwendenden, auf Regelungen hinzuwirken, die nicht nur handhabbarer, sondern auch rechtssicherer sind, um so den dringend notwendigen Schub an Beschleunigung und Erleichterung von Genehmigungsverfahren im Interesse Aller zu fördern. Es bleibt zu wünschen und zu hoffen, dass die neuen Regelungen auch die Rechtsanwender ermutigen, mit diesen offensiv umzugehen.
Thomas Lüttgau
Autor

Dr. Thomas Lüttgau

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht
Partner bei Lenz und Johlen, Köln
Vorsitzender des Ausschusses Verwaltungsrecht im Deutschen Anwaltverein
Richter am Anwaltsgerichtshof für das Land NRW
Bildnachweis: REDPIXEL/stock.adobe.com
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