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Recht & Verwaltung28 Mai, 2021

MiCAR als «Testballon» für ein EU Single Rule Book

Dr. Corinna Ritz, Frankfurt am Main*
Am 24.10.2020 hat die Europäische Kommission ihre neue Digital Finance Strategy veröffentlicht. Eines der Kernstücke der Strategie ist der Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Krypto-Assets, die einen umfassenden regulatorischen Rahmen für digitale Assets in der EU schaffen soll. Für den Anwendungsbereich sämtlicher Token, die nicht unter die MiFID II fallen, wird ein System von ineinandergreifenden Transparenz-, Zulassungs- und laufenden Aufsichtspflichten etabliert, das insgesamt den Zuschnitt eines EU Single Rule Book hat. Der folgende Beitrag stellt diese Vorgaben überblicksweise dar und zeigt auf, wo womöglich Verbesserungsbedarf zu verorten ist.

I. Anwendungsbereich des MiCAR-E

Der Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Krypto-Assets (»MiCAR-E«)1 soll für Personen gelten, die in der EU Kryptowerte ausgeben oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten erbringen. Als Kryptowerte definiert Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCAR-E digitale Darstellungen von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed Ledger Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können. Die gewählte offene Formulierung soll für einen technologieneutralen Ansatz der KOM stehen,2 wie ihn auch der Gesetzgeber des eWpG gewählt hat. Dies ist uneingeschränkt zu begrüßen: Das Recht ist technologieneutral, eine Technologie aber nicht rechtsneutral.3 Dies entspricht auch dem Angang des deutschen Gesetzgebers bei der Einführung des Finanzinstrumente der »Kryptowerte« im KWG im Zusammenhang mit der Einführung des Tatbestands des Kryptoverwahrgeschäfts, der nicht nur blockchainbasierte Token erfasst, sondern auch solche auf einer anderen technischen Basis.4

Der MiCAR-E enthält in Art. 2 diverse explizite Ausnahmen von seinem Anwendungsbereich, was insbesondere der Abgrenzung von bereits bestehenden Regularien dient. An erster Stelle sind die Finanzinstrumente gem. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 i.V.m. Anhang I Abschnitt C MiFID II5 zu nennen, also etwa übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, aber auch Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAs). Zudem ist E-Geld i.S.v. Art. 2 Nr. 2 der E-Geld-RL6 ausgenommen, es sei denn, – Rückausnahme – es steht ein E-Geld-Token i.S.d. MiCAR-E in Rede. Eine weitere bedeutsame Ausnahme ist für Einlagen i.S.v. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 der EinlagensicherungsRL7 vorgesehen. Der persönliche Anwendungsbereich der Ausnahmetatbestände des MiCAR-E erfasst als Token-Emittenten bestimmte Institutionen und Personen wie bspw. die EZB sowie nationale Zentralbanken von Mitgliedstaaten. Die Begebung eines digitalen Euro durch die EZB wäre somit durch den MiCAR-E nicht erfasst.8 Losgelöst davon sind in den spezielleren Kapiteln des MiCAR-E weitere Ausnahmen geregelt, die jeweils keine Befreiung vom Anwendungsbereich der VO insgesamt zur Rechtsfolge haben, sondern lediglich einzelne Kapitel oder Regelungsvorgänge aus dem MiCARRegime ausnehmen. Diese Ausnahmen werden nachfolgend im Sachzusammenhang dargestellt.

Der MiCAR-E bedingt für die potentiellen Normadressaten eine Weichenstellung auf zwei Ebenen: (1) Steht ein Emittent von Kryptowerten oder ein Anbieter von Krypto-Dienstleistungen in Rede? (2) Bei Kryptowert-Emittenten ist eine Differenzierung danach vorzunehmen, ob sog. wertreferenzierte Token (Art. 15 ff. MiCAR-E), E-Geld-Token (Art. 43 ff. Mi-CAR-E) oder andere Token (Art. 5 ff. MiCAR-E) ausgegeben werden. Demgegenüber richtet sich bei einem Anbieter von Krypto-Dienstleistungen die Aufsicht stets nach den Vorgaben der Art. 53 ff. MiCAR-E.

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*Referentin bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Lehrbeauftrage an der Frankfurt School of Finance & Management. Der Beitrag gibt ausschließlich die private Auffassung der Autorin wieder.

1 Dok. COM(2020) 593 final.
2 Rennig ZBB 2020, 385, 387.
3 Treffend das Bonmot in der Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Einführung von elektronischen Wertpapieren des Blockchain Bundesverbandes, S. 5, abrufbar unter Stellungnahme- des- Blockchain-Bundesverbandes- eWpG- 1. pdf (bundesblock. de) [25.02.2021].
4 Vgl. Resas/Ulrich/Geest ZBB 2020, 22, 24; umfassend zum KryptoverwahrgeschäftRennig, in: Voß (Hrsg.), Praxishandbuch der FinTechs, Kap. 12 (im Erscheinen).
5 Richtlinie 2014/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 15.05.2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. L 173 v. 12.06.2014, S. 349. 6 Richtlinie 2009/110/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.09.2009 über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, zur Änderung der Richtlinien 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2000/46/EG, ABl. L 267 v. 10.10.2009, S. 7.
7 Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates v. 16.04.2014 über Einlagensicherungssysteme, ABl. L173 v. 12.06.2014, S. 149.
8 Rennig ZBB 2020, 385, 388; allg. zu digitalem Zentralbankgeld Omlor/ Birne RDi 2020, 1.

 

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