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Recht & Verwaltung23 August, 2021

Versicherungen am Bau: Was decken sie ab und was gilt es zu beachten?

Bei der Errichtung von Bauwerken gibt es eine Reihe von Risiken, die trotz einer verantwortungsbewussten Bau- und Planungstätigkeit eintreten und zu erheblichen Schäden führen können. Schutz hiergegen bieten entsprechende Versicherungen, von denen wir im folgenden Beitrag einige ausführlicher betrachten.

Betriebshaftpflichtversicherung im Baugewerbe

Die Betriebshaftpflichtversicherung dient zur Absicherung von Schäden, die bei der Ausübung der betrieblichen Tätigkeit entstehen. Hierbei besteht die Leistung der Versicherung darin, berechtigte Ansprüche Dritter zu erfüllen oder Rechtsschutz zu gewähren, wenn der Versicherungsnehmer unberechtigt in Anspruch genommen wird.

Der Versicherungsschutz umfasst die Personen- und Sachschäden einschließlich der sich hieraus ergebenden Vermögensschäden.

Reine Vermögensschäden (also Vermögensschäden, die weder durch Personen- noch durch Sachschäden entstanden sind) sind zunächst nicht abgedeckt, können aber durch besondere Vereinbarung zusätzlich versichert werden.

Zu beachten ist, dass die Betriebshaftpflicht keine Mängelbeseitigungskosten abdeckt.

Versichert bei Mangelfolgeschäden

Der Versicherungsschutz umfasst hingegen die sogenannten Mangelfolgeschäden. Kommt es z. B. zu Wassereintritten, weil das Dach undicht ist, so handelt es sich bei den Kosten zur Herstellung der ordnungsgemäßen Abdichtung um Mängelbeseitigungskosten (kein Versicherungsschutz), bei den Folgen des Wassereintritts (z. B. Wasserschäden an den Möbeln) um Mangelfolgeschäden (vom Versicherungsschutz umfasst).

Üblicherweise enthalten die Versicherungsbedingungen eine sogenannte Mangelbeseitigungsnebenkostenklausel. Diese greift, wenn es durch einen Mangel zu einem Folgeschaden gekommen ist (Beispiel: Durch eine undichte Heizungsleitung ist es zu Feuchtigkeitsschäden gekommen).

Abgedeckt sind hierdurch die Kosten, die erforderlich sind, um die mangelhafte Werkleistung zum Zwecke der Schadensbeseitigung zugänglich zu machen und später den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen (Beispiel: Aufschlagen und Wiederverschließen von Wänden oder Böden, um die Feuchtigkeitsschäden zu beseitigen).

Abdeckung von Nachbesserungsbegleitschäden durch die Betriebshaftpflichtversicherung

Inzwischen besteht außerdem die Möglichkeit, sogenannte Nachbesserungsbegleitschäden abzudecken. Es handelt sich hierbei um Schäden, die zur Durchführung der Mangelbeseitigungsarbeiten an Sachen entstehen, die nicht zum Gewerk des Unternehmers gehören (z.B. muss der Heizungsinstallateur die von einem anderen Unternehmer hergestellten Wände oder Böden aufschlagen, um die von ihm verlegten Heizungsleitungen nachzubessern).

Wenn eine entsprechende Nachbesserungsbegleitschadenklausel vereinbart ist, sind diese Begleitschäden in der Regel auch dann abgedeckt, wenn es durch den Mangel zu keinem Folgeschaden gekommen ist.

Abdeckung aller Tätigkeitsbereiche beachten

Der Versicherungsschutz bezieht sich nur auf solche Tätigkeiten, die im Zusammenhang mit dem angegebenen Betrieb stehen. Beispielsweise ist ein Elektrobetrieb, der auch Gas- und Wasserinstallationen ausführt, für diesen Bereich nicht versichert. Bei Abschluss der Versicherung sollte daher darauf geachtet werden, dass alle Tätigkeitsbereiche vom Versicherungsschutz abgedeckt sind. Bei einer Änderung der betrieblichen Tätigkeitsfelder sollte der Versicherungsvertrag umgehend angepasst werden.

Wichtig ist außerdem, dass eine ausreichende Deckungssumme zur Verfügung steht. Diese bestimmt den maximalen Betrag, den die Haftpflichtversicherung im Schadensfall abdeckt.

Im Schadensfall sofort die Versicherung informieren

Die Versicherung sollte außerdem stets sofort über alle Umstände informiert werden, die zu einer Veränderung des versicherten Risikos führen können. Hierzu besteht eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers. Kommt er dieser Obliegenheit nicht nach, kann dies unter Umständen zu einer Kündigung des Versicherungsvertrages führen. Außerdem droht der Verlust des Versicherungsschutzes.

Bei Eintritt des Versicherungsfalls müssen alle zumutbaren Maßnahmen zur Abwendung oder zur Verminderung des Schadens ergriffen werden (sogenannte „Rettungsobliegenheit“). Außerdem besteht die Obliegenheit, umgehend die Weisungen seiner Versicherung einzuholen. Diesen Weisungen ist grundsätzlich Folge zu leisten.

Schließlich ist zu beachten, dass jeder Schaden unverzüglich schriftlich gegenüber der Versicherung angezeigt werden sollte. Kommt der Versicherungsnehmer seiner diesbezüglichen Obliegenheit nicht nach, droht der Verlust des Versicherungsschutzes.

Bei Vertragsabschluss über weitere Obliegenheiten informieren

Die Versicherungsbedingungen können darüber hinaus weitere Obliegenheiten enthalten, die vor oder nach Eintritt des Versicherungsfalls zu beachten sind. Es empfiehlt sich daher, sich schon bei Abschluss der Versicherung darüber zu informieren, welche Obliegenheiten bestehen.

Die Rechtsfolgen bei der Verletzung von vertraglichen Obliegenheiten ergeben sich aus § 28 VVG:

  • Nach § 28 Abs. 1 VVG kann der Versicherer den Versicherungsvertrag innerhalb eines Monats ab Kenntnis der Obliegenheitsverletzung fristlos kündigen. Das Kündigungsrecht besteht allerdings nicht, wenn der Versicherungsnehmer nachweist, dass die Obliegenheitsverletzung weder auf Vorsatz noch auf grober Fahrlässigkeit beruht.
  • Nach § 28 Abs. 2 VVG wird der Versicherer bei einer entsprechenden Regelung im Versicherungsvertrag leistungsfrei (der Versicherungsnehmer verliert seinen Versicherungsschutz), wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit vorsätzlich verletzt hat. Im Fall einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis (ggf. bis auf null) zu kürzen. Sofern der Versicherungsnehmer seine Obliegenheit nicht arglistig verletzt hat, bleibt der Versicherer allerdings gemäß § 28 Abs. 3 VVG zur Leistung verpflichtet, wenn die Obliegenheitsverletzung weder für den Eintritt des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist. Die Beweislast hierfür trägt der Versicherungsnehmer.
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Berufshaftpflichtversicherung für Architekten und Ingenieure

Die Berufshaftpflicht dient zur Absicherung von Schäden, die von Architekten und Ingenieuren bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verursacht werden.

Im Einzelfall kann allerdings unklar sein, ob eine bestimmte Tätigkeit noch von der Berufshaftpflicht gedeckt ist, zumal Architekten und Ingenieure mittlerweile zunehmend auch Leistungen erbringen, die über ihr eigentliches Betätigungsfeld hinausgehen. Im Zweifel sollte daher rechtzeitig mit der Versicherung abgeklärt werden, ob eine bestimmte Tätigkeit noch vom Versicherungsschutz umfasst ist oder nicht. Gegebenenfalls kann diese Lücke durch eine entsprechende Zusatzvereinbarung geschlossen werden.

Neben Personen- und Sachschäden sind vom Versicherungsschutz (anders als bei der Betriebshaftpflicht) unmittelbar auch reine Vermögensschäden umfasst.

Ausschlusstatbestände bei der Berufshaftpflichtversicherung

Zu beachten ist, dass es eine Reihe von Ausschlusstatbeständen gibt, bei deren Vorliegen der Versicherungsschutz entfällt. So ist der Versicherungsschutz insbesondere ausgeschlossen für Schadensersatzansprüche wegen einer Überschreitung von Bauzeit, Fristen und Terminen, für Schadensersatzansprüche wegen einer Überschreitung von Vor- und Kostenanschlägen, für Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von gewerblichen Schutz- und Urheberrechten sowie für Erfüllungsansprüche (die Kosten für die Nacherfüllung der Planung sind also nicht versichert).

Der Versicherungsumfang bezieht sich demnach wiederum nur auf Mangelfolgeschäden. Für den Architekten bzw. Ingenieur stellen allerdings auch Schäden am Bauwerk Mangelfolgeschäden dar. Hat sich daher ein Planungsmangel bereits im Bauwerk verwirklicht, sind die Kosten für die Beseitigung des Baumangels vom Versicherungsschutz gedeckt.

Ausgeschlossen ist der Versicherungsschutz außerdem, wenn sich der Versicherungsnehmer bewusst pflichtwidrig verhalten hat. Indiz hierfür kann z. B. ein schwererer Pflichtenverstoß sein (insbesondere bei Verstoß gegen das sogenannte „Basiswissen“). Von den weiteren Ausschlusstatbeständen ist insbesondere die sogenannte „Auslandsklausel“ zu beachten, wonach die Tätigkeit eines Architekten/Ingenieurs im Ausland grundsätzlich nicht versichert ist. Inwiefern im Einzelfall trotzdem Versicherungsschutz besteht (bzw. hergestellt werden kann), sollte daher rechtzeitig mit der Versicherung geklärt werden.

Wichtig ist auch hier, dass eine ausreichende Versicherungssumme zur Verfügung steht und die versicherungsvertraglichen Obliegenheiten beachtet werden.

Bauleistungsversicherung: Was ist hier versichert?

Die Bauleistungsversicherung deckt das Risiko ab, dass der Bauunternehmer nach den werkvertraglichen Gefahrtragungsregeln (§ 644 BGB bzw. § 7 VOB/B) vor Abnahme dazu verpflichtet ist, eine von Dritten oder durch Naturereignisse beschädigte bzw. zerstörte Bauleistung auf eigene Kosten wiederherzustellen. Auf die Ursache für die Beschädigung bzw. Zerstörung kommt es nicht an (sogenannte „Allgefahrendeckung“).

Gegenstand der Bauleistungsversicherung können neben den eigentlichen Bauleistungen auch Baustoffe, Bauteile, Vorbereitungs- und Nebenarbeiten sein.

Greift nur bei Schäden, oder auch deren Folgen?

Versicherungsschutz besteht für die Schäden, die für den Versicherungsnehmer nicht vorhersehbar waren und auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt nicht hätten abgewendet werden können. Unvorhersehbar sind dabei solche Schäden, die der Versicherungsnehmer weder rechtzeitig vorhergesehen hat noch ohne grobe Fahrlässigkeit hätte vorhersehen können.

Der Versicherungsschutz kann sich grundsätzlich auch auf die Folgen einer mangelhaften Leistung beziehen (Beispiel: ein mangelhaft gedecktes Dach wird durch einen Sturm beschädigt). Für die eigentlichen Mängel besteht aber auch bei der Bauleistungsversicherung kein Versicherungsschutz.

Wichtig ist auch hier, dass eine ausreichende Versicherungssumme zur Verfügung steht und die versicherungsvertraglichen Obliegenheiten beachtet werden.

Baugewährleistungsversicherung

Die Gewährleistungsversicherung schützt im Unterschied zu den anderen Versicherungsarten den Unternehmer gegen Ersatzansprüche wegen Baumängeln. Abgedeckt sind allerdings nur die Mängel, die nach der Abnahme auftreten. Mängel, die sich bereits vor der Abnahme zeigen, muss der Unternehmer auf eigene Kosten beseitigen.

Nimmt der Auftraggeber den Unternehmer nach Abnahme für Mängel in Anspruch, greift der Versicherungsschutz ein: Entweder zahlt die Versicherung dem Unternehmer die Mängelbeseitigungskosten (allerdings ohne Zuschläge für Wagnis/Gewinn und Allgemeine Geschäftskosten) oder sie erteilt ihm Rechtsschutz zur Abwehr der (unberechtigt geltend gemachten) Mängelansprüche.

Schadensersatzansprüche (wie beispielsweise Ansprüche aus Mietausfall, entgangenen Gewinn etc.) werden von der Baugewährleistungsversicherung nicht abgedeckt, sind aber möglicherweise im Versicherungsschutz der Betriebshaftpflicht enthalten.

Da die Versicherung nur für Mängel nach der Abnahme einzustehen hat, lässt sie die Bauarbeiten in der Regel durch einen Sachverständigen kontrollieren. Dieser wird ggf. auch am Abnahmetermin teilnehmen.

Wichtig ist auch hier, dass eine ausreichende Versicherungssumme zur Verfügung steht und die versicherungsvertraglichen Obliegenheiten beachtet werden.

Fazit

Bauunternehmer sowie Architekten und Ingenieure sind bei der Durchführung eines Bauvorhabens einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt. Der individuell abgestimmte Einsatz von Versicherungen bietet die Möglichkeit, sich gegen die wichtigsten Risiken abzusichern. Wichtig ist, dass eine ausreichende Versicherungssumme zur Verfügung steht und die versicherungsvertraglichen Obliegenheiten beachtet werden.

Claus Rükert

Claus Rückert

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in der auf das Baurecht spezialisierten Kanzlei Ulbrich § Kollegen mit Sitz in Würzburg.
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