Guten Tag und vielen Dank für ihre Anfrage zum Thema Aufsichtsführung.
Grundsätzlich besteht eine Verpflichtung zur Beaufsichtigung der Kitakinder durch das Personal der Einrichtung. In welcher Form die Aufsichtsführung erfolgt, ist jedoch von vielen Faktoren, wie u.a. vom Alter der Kinder abhängig. Wie von Ihnen beschrieben, ist es eine durchaus gängige Praxis, die meist strengen Regeln im letzten Kitahalbjahr etwas zu lockern und damit die Kinder auf die Schule vorzubereiten.
In Ihrem konkreten Fall des freien Spielens der Vorschulkinder auf dem Außengelände der Kita sollte jedoch eine Aufsichtsführung nicht gänzlich unterbleiben, vielmehr muss eine situationsangemessene Beaufsichtigung erfolgen. Dazu gehören, wie von Ihnen beschrieben, Regeln, die von den Kindern befolgt werden sollten und deren Einhaltung vom Personal kontrolliert werden muss. Im Rahmen der für die Einrichtung ohnehin nötigen Gefährdungsbeurteilung ist auch für diesen Sonderfall eine Dokumentation der möglichen Gefährdungen und der daraus abgeleiteten Maßnahmen erforderlich.
In diesem Zusammenhang sollte auch das Außengelände nochmals kritisch überprüft werden. Gibt es Bereiche, die schlecht oder gar nicht einsehbar sind? Befinden sich in der Nachbarschaft besondere Gefahren wie Teiche, Wasserläufe oder stark befahrene Straßen?
Besondere Situationen (z.B. Spiel mit gefährlichen Gegenständen, ungünstige Witterung/Glatteis oder auch Kinder, die zum unerlaubten Verlassen der Einrichtung neigen) erfordern dabei u.U. auch wieder eine engere Aufsichtsführung.
Bei Unfällen von Kindern während des Kita-Besuchs stehen diese unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unabhängig vom Aufenthaltsort und der Tätigkeit. Ein Rückgriff (Regress) auf den Träger oder das Personal ist nur bei einer vorsätzlichen Schädigung oder einer groben Fahrlässigkeit möglich. Eine vorsätzliche Schädigung von Kita-Kindern ist in diesem Zusammenhang schwer vorstellbar. Fälle eines grob fahrlässigen Verhaltens des Personals oder Trägers sind extrem selten und setzen eine gravierende Missachtung von bekannten Regeln und Pflichten voraus. Was in einem pädagogischen Kontext begründbar und plausibel ist, kann demnach nicht grob fahrlässig sein. In diesem Zusammenhang kann also nicht von einem unbeaufsichtigten Aufenthalt im Außenbereich die Rede sein, vielmehr handelt es sich um eine Aufsichtsführung mit besonderen Regeln für eine bestimmte Gruppe der Kita. Eine ausführliche Behandlung des Themas erfolgt u.a. in der Broschüre „Aufsichtspflicht in Kindertageseinrichtungen“ von Simon Hundmeyer erschienen im Carl Link Verlag (
https://shop.wolterskluwer-online.de/rechtsgebiete/verwaltungsrecht/bildungswesen-schulrecht-kitarecht/08140002-aufsichtspflicht-in-kindertageseinrichtungen.html?number=08014002)
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Lange