Recht & Verwaltung13 September, 2017

Anwaltszukunftskongress: Es geht um die nächsten sinnvollen Schritte

Anwaltszukunftskongress BRAK Präsident Ekkehardt Schäfer

Rechtsanwälte sehen die Digitalisierung in der Rechtsberatung als Chance, nicht allein als Bedrohung. Das trifft auf jeden Fall auf die rund 350 Teilnehmer zu, die zum 2. Anwaltszukunftskongress am 8. und 9. September nach Düsseldorf gekommen waren. 62 Prozent von ihnen gaben an, bereits konkrete Projekte zur Digitalisierung in ihrer Kanzlei oder Rechtsabteilung ihres Unternehmens umgesetzt zu haben. Weitere 22 Prozent beschäftigen sich gerade damit, ergab eine Umfrage auf dem Kongress. Allerdings glauben 77 Prozent der Teilnehmer auch, dass die Digitalisierung und Legal Tech in der deutschen Anwaltschaft bislang kaum wahrgenommen werden.

Es sind demzufolge eher die Vorreiter auf dem Rechtsberatungsmarkt, die beide Veranstalter, Soldan-Geschäftsführer René Dreske und Ralph Vonderstein, Geschäftsführer bei Wolters Kluwer Deutschland, in ihrem „Fortgeschrittenen-Kurs“ zur Rechtsdienstleistung 4.0 begrüßen konnten. Denn nachdem der erste Kongress 2016 in Köln sich vornehmlich mit den allgemeinen Digitalisierungstrends auf dem Rechtsberatungsmarkt beschäftigt hatte, stand in diesem Jahr vor allem die praktische Anwendung neuer Technologien im Vordergrund. „Viele Entwicklungen und Trends sind inzwischen hinlänglich beschrieben worden“, sagte Dreske. „Wir wollen mit Ihnen zusammen überlegen, wie die nächsten sinnvollen Schritte aussehen.“

Diese Überlegungen müssen jedoch nicht allein die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sondern Vertreter aller Branchen anstellen. „Digitale Transformation bedeutet mentale Transformation“, sagte Wolfgang Henseler, Professor für Digitale Medien und Intermediales Design an der Hochschule Pforzheim und Managing Creative Director von Sensory Minds, einem Design Studio für innovative Technologien und neue Medien. Bei der Industrie 4.0 drehe sich alles um „digitale, Ökosysteme“. Nicht mehr das Produkt stehe im Vordergrund, sondern der Mensch und seine Wünsche und Vorstellungen.

Die Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit ist dafür die Grundlage: Smart Data, also die Fähigkeit, Daten effizient zu nutzen, ohne sich technisch, personell und finanziell zu überfordern, zusammen mit künstlicher Intelligenz, kennzeichneten nach den Worten von Prof. Dr. Björn Bloching, Senior Partner der Strategieberatung Roland Berger, die zweite Welle der Digitalisierung. „Es geht darum, Daten digital zu verstehen zu veredeln und zu monetarisieren“, so der Buchautor von „Data Unser“ und „Smart Data“. Das gelte auch für den Rechtsberatungsmarkt. Juristische und datenbasierte Prüfprozesse ließen sich teilweise vollautomatisieren. „Künstliche Intelligenz kann helfen, schnell Muster in Fällen zu erkennen, um Urteile zu validieren“, so Bloching.

Welche Rolle so genannte „Predictive Analytics“ auf dem Rechtsberatungsmarkt spielen können, schilderte Johannes Klostermann, Leiter Innovationsprojekte von Wolters Kluwer Deutschland. Wenn Rechtsanwälte wissen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass das Gericht die vom Mandanten erwartete Entscheidung zulässt oder wie oft ein Urteil erfolgreich bei einem Gericht angefochten wurde, dann können sie sich beispielsweise besser eine geeignete Strategie überlegen.

BRAK und DAV geben kritische Denkanstöße auf dem Anwaltszukunftskongress


Am Rande fielen auch ein paar kritische Worte: So gab beispielsweise Ekkehardt Schäfer, Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer, in seinem Grußwort zu bedenken, dass für Rechtsberatungs-Plattformen, die von Nicht-Anwälten betrieben werden, auch keine anwaltlichen Kernwerte gelten würden. Diese dienten aber gerade dem Schutz der Mandanten. Beschlagnahmeschutz oder Zeugnisverweigerungsrecht könne eine Plattform nicht bieten, so Schäfer. Und Pia Eckertz-Tybussek, Vizepräsidenten des Deutschen Anwaltvereins, kritisierte die Sorglosigkeit, mit der die Netzsicherheit gepredigt werde, auch wenn sie gar nicht garantiert werden könne.

Die Mehrheit der Referenten plädierte dagegen für einen pragmatischen Umgang mit den neuen technischen Möglichkeiten und vor allem für mehr Experimentierfreude. Auf diesem Gebiet hätte Deutschland großen Nachholbedarf. Scheitern müsse mehr akzeptiert werden, denn auch Fehler und Misserfolge lieferten wichtige Erkenntnisse, wurde immer wieder betont.

Dass auch hierzulande Experimentierfreude und Pioniergeist existieren, war auf dem Anwaltszukunftskongress deutlich zu spüren. Praktiker schilderten vor allem am 2. Kongresstag, wie sie bereits in ihrer Kanzlei innovative technische Lösungen einsetzen.

Von Anke Stachow / Quelle: Soldan Insights

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