Vertragsnichtigkeit_Von momius
Recht & Verwaltung06 Mai, 2024

Zur Vertragsnichtigkeit im Fall der unerlaubten Rechtsberatung eines Architekten

Wir blicken auf die Praxisfolgen einer aktuellen Entscheidung des VII. Senats, die sich mit einer unerlaubten Rechtsberatung eines Architekten nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) und den hierdurch ausgelösten Rechtsfolgen befasst. Im Tatbestand wird auf ein zwischen den Parteien bestehendes Vertragsverhältnis verwiesen, bei dem der Unternehmer die Architektenleistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 zu erbringen hatte. Weiter wird ausgeführt, dass der Architekt seinem Auftraggeber unter anderem einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung stellte, den dieser bei der Beauftragung von bauausführenden Unternehmern verwandte. Der BGH kommt in dieser Entscheidung (Urt. v. 09.11.2023 – VII ZR 190/22) zu dem Ergebnis, dass mit diesem Verhalten eine unerlaubte Rechtsberatung nach § 3 RDG einhergeht, die dazu führt, dass die Vereinbarung, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielt, nach § 134 BGB nichtig ist.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen sich nicht mit der Frage befassen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, um eine unerlaubte Rechtsberatung eines Architekten nach dem RDG zu bejahen. Vielmehr soll der Blick auf die Rechtsfolge gerichtet werden, nämlich die Reichweite der durch § 134 BGB bedingten Nichtigkeit der „vertraglichen Vereinbarung“.

Nichtigkeit des Architektenvertrages als Folge?

Konkret geht es um die Frage, ob eine dementsprechende unerlaubte Rechtsberatung nach § 134 BGB die (Gesamt-)Nichtigkeit des Architektenvertrages zur Folge hat. Die Praxisrelevanz liegt auf der Hand, wenn man bedenkt, dass es im Zuge der Projektdurchführung immer wieder zu vielfältigen baurechtlichen Fragestellungen kommt, die der Architekt im Rahmen seiner Leistungserbringung „als Baufachmann“ für seinen Auftraggeber miterledigt. Zu verweisen ist etwa auf die Zurverfügungstellung von Vertragsmustern mit darin enthaltenen AGB, die rechtliche Prüfung von (Bauzeit-)Nachträgen oder eine rechtliche Beratung zur Kündigung von (bauausführenden) Vertragspartnern des Auftraggebers.

Löst eine solche in der Praxis häufig anzutreffende unerlaubte Rechtsberatung die (Gesamt-)Nichtigkeit des Architektenvertrages aus, hätte dies zur Folge, dass vom Architekten für die erbrachten Vertragsleistungen kein vertraglicher Honoraranspruch bzw. (wegen § 817 Satz 2 BGB) kein bereicherungsrechtlicher Wertersatzanspruch durchgesetzt werden kann und andererseits beim Auftraggeber die vertraglichen Mängelrechte in Wegfall geraten.

Es ist daher zu erwarten, dass zukünftig die eine oder andere Vertragspartei die unerlaubte Rechtsberatung zum Anlass nimmt, um auf dieser Grundlage zu einer im Raum stehenden (Gesamt-)Nichtigkeit des Architektenvertrages und den dadurch ausgelösten günstigen Rechtsfolgen zu gelangen.

Soweit der BGH zu dem Ergebnis gelangt, dass Vereinbarungen, die auf die Erbringung einer unerlaubten Rechtsdienstleistung zielen, nach § 134 BGB nichtig sind, bleibt fraglich, ob damit die (Gesamt-)Nichtigkeit des Architektenvertrages gemeint ist. Dies deshalb, weil im Tatbestand nur der bestehende Architektenvertrag aufgeführt wird, im Leitsatz aber auf die Nichtigkeit einer Vereinbarung abgestellt wird, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen.

Hierzu folgender Standpunkt

Zunächst ist die Frage zu beantworten, ob eine unerlaubte Rechtsberatung nach dem RDG nur dann vorliegen kann, wenn die vertragliche Vereinbarung der Parteien den Inhalt hat, dass vom Architekten (zusätzlich zu den Leistungspflichten aus dem Architektenvertrag) konkrete Rechtsdienstleistungen zu erbringen sind. Hierfür könnte sprechen, dass nach den Ausführungen des BGH (nur) die Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, unwirksam sein soll.

Diese Deutung ist aber unzutreffend, da es im Rahmen von § 3 RDG ohne Relevanz ist, ob die vertragliche Vereinbarung der Parteien nicht (explizit) auf die Erbringung von Rechtsberatungstätigkeiten ausgerichtet ist. Denn § 3 RDG erfordert eine selbstständige Erbringung von Rechtsdienstleistungen, wovon auszugehen ist, wenn sich der Handelnde eigenverantwortlich und frei von Weisungsbefugnissen Dritter betätigt (OLG Hamm, Urt. v. 03.03.2015 – 4 U 54/14).

Danach kann der Architekt auch dann eine unerlaubte Rechtsberatung vornehmen, wenn er seinem Vertragspartner von sich aus ein Vertragsmuster mit rechtlich unwirksamen (AGB-)Regelungen zur Verfügung stellt oder bei der Abwicklung der Bauerrichtungsverträge „Rechtsempfehlungen“ abgibt (Vgl. hierzu OLG Koblenz, Hinweisbeschl. v. 07.05.2020 – 3 U 2182/19 „zur Kündigung eines Bauvertrages“).

Es kommt also nicht darauf an, dass im Rahmen des zwischen Parteien abgeschlossenen Architektenvertrages eine weitergehende Vereinbarung getroffen wird, die sich auf die konkrete Erbringung von Rechtsdienstleistungen bezieht.

Gesamtnichtigkeit des Vertrages

Weiter ist davon auszugehen, dass die durch eine unerlaubte Rechtsberatung durch § 134 BGB ausgelöste Nichtigkeit im Regelfall eine Gesamtnichtigkeit des Vertrages zur Folge hat und demnach nicht per se auf die verbotene Leistung zu beschränken ist (MünchKomm.-Armbrüster, § 134 BGB Rdnr. 183). Will man diesen Grundsatz einer Gesamtnichtigkeit des der unerlaubten Rechtsberatung zugrundeliegenden Vertrages beschränken, ist dies nur dann zulässig, wenn eine Beschränkung dem Zweck des Verbotsgesetzes entnommen werden kann.

Insoweit ist für den Fall der unerlaubten Rechtberatung auf eine Entscheidung des VIII. Senats des BGH zu verweisen, nach der eine durch ein Inkassounternehmen begangene unerlaubte Rechtsberatung die Gesamtnichtigkeit des Inkassovertrages zur Folge hat, wenn die Überschreitung bei einer umfassenden Würdigung der Gesamtumstände aus der objektivierten Sicht eines verständigen Auftraggebers zum einen eindeutig vorliegt und zum anderen unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Rechtsdienstleistungsgesetzes in ihrem Ausmaß als nicht nur geringfügig anzusehen ist (BGH, Urt. v. 27.11.2019 – VIII ZR 285/18).

Auf dieser Grundlage wäre es zumindest wünschenswert gewesen, wenn der BGH in vorliegenden Fall Ausführungen dazu gemacht hätte, wann eine durch einen Architekten erbrachte unerlaubte Rechtsberatung, die im Regelfall aus der objektivierten Sicht eines verständigen Auftraggebers eindeutig festzustellen ist, unter Berücksichtigung der Zielsetzung des RDG in ihrem Ausmaß entweder als gering oder als erheblich (mit der Gesamtnichtigkeitsfolge) anzusehen ist.

Für den Fall, dass der BGH dem entgegen vorliegend die Nichtigkeit nur auf die Vereinbarung beziehen will, mit der die Verpflichtung des Architekten zur Erbringung einer unerlaubten Rechtsberatung einhergeht, muss dies ein Störgefühl auslösen, da fraglich ist, ob die Parteien eine solche zusätzliche Vereinbarung tatsächlich getroffen haben.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hatte der Architekt seinem Auftraggeber einen Vertragstext mit der von ihm selbst entworfenen Skontoklausel lediglich überlassen. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Frage der Reichweite der Nichtigkeit noch einer weitergehenden Klärung unterliegt.

Bernhard von kiedrowski

RA Dr. Bernhard von Kiedrowski

Partner in der Kanzlei Kiedrowski |Caspary Rechtsanwälte 


Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind das
Private Bau- und Architektenrecht.




Bildnachweis: momius/stock.adobe.com
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