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Recht & Verwaltung01 Dezember, 2020

Die aktuelle Rechtslage bei Dienstreisen während der Pandemie

Kaum Flugverkehr und strikte Einreise- und Quarantänebestimmungen haben in der Corona-Pandemie das Reisen so gut wie zum Erliegen gebracht. Dienstreisen in Corona-Zeiten führen auch zu rechtlichen Problemen. Ein Überblick über die aktuelle Lage und die neuen Regeln.

Seit dem 09.11.2020 gelten überall neue Einreisebestimmungen

2020 sollte eigentlich ein neuer Rekordwert bei den Dienst- und Geschäftsreisen erreicht werden. Doch die Corona-Krise machte vielen deutschen Unternehmen einen Strich durch die Rechnung. Ein Grund dafür: Die neuen Einreise-Quarantäneverordnungen, die – wie zum Beispiel Bayern am 05.11.2020 – die einzelnen Bundesländer erlassen haben. Die länderspezifischen Bestimmungen basieren auf der Muster-Quarantäneverordnung des Bundes und schaffen mit Erlass der entsprechenden Verordnungen, wie zuletzt in Nordrhein-Westfalen am 09.11.2020, eine weitgehend einheitliche Regelungslage in Deutschland.

Was jetzt bei der Rückkehr von einer Auslands-Dienstreise gilt

Das müssen Beschäftigte nach der Rückkehr aus dem Ausland tun – 3 Schritte:

Schritt Nr. 1
Nach den neuen Verordnungen der Länder müssen sich Beschäftigte, die sich 10 Tage in einem Risikogebiet aufgehalten haben und wieder in das Bundesgebiet einreisen, sofort in Quarantäne begeben. Dauer der Quarantäne: 10 Tage.

Schritt Nr. 2
Anschließend müssen Beschäftigte nach einer Auslandsrückkehr aus einem Risikogebiet unverzüglich die zuständige Gesundheitsbehörde informieren und online unter www.einreiseanmeldung.de sich quasi digital zurückmelden.

Schritt Nr. 3
Durch ein negatives Testergebnis kann jeder Beschäftigte nach der Auslandsrückkehr die Quarantäne vorzeitig beenden. Der Test darf aber frühestens 5 Tage nach der Einreise erfolgen.

Wichtiger Hinweis: Welche Länder oder Regionen als Risikogebiete gelten, können sowohl der Arbeitgeber als auch der Beschäftigte im Internet in der Liste des Robert-Koch-Instituts nachlesen.
Entscheidend dafür, ob der Beschäftigte bei seiner Rückkehr nach Deutschland aus einem Risikogebiet kommt, hängt von der Einstufung der Region zum Zeitpunkt der Einreise ab. Ändert sich also zum Beispiel die Einschätzung des Robert-Koch-Institutes (RKI) mit der Folge, dass das Land von der Liste der Risikogebiete gestrichen wird, während der Quarantäne, bleibt die Pflicht zur Selbstisolation bestehen. Das Gleiche gilt auch umgekehrt, wenn das Land bei der Rückkehr noch nicht als Risikogebiet galt, sich das aber kurz nach der Einreise in Deutschland. In diesem Fall muss der Beschäftigte sich nicht sofort in Quarantäne begeben.

Vor Rückkehr zum Arzt: Wie Beschäftigte die Quarantäne verhindern können

Eine weitere Möglichkeit für Beschäftigte die Quarantäne nach der Rückkehr ins Bundesgebiet zu vermeiden, ist ein negativer Corona-Test (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Verordnung zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebiete vom 06.11.2020).
Die Pflicht zur Vorlage eines Attests über einen negativen Corona-Test gilt nicht für Personen, die

  • lediglich durch ein Risikogebiet durchgereist und
  • dort keinen Zwischenaufenthalt hatten.

Wichtiger Hinweis: Das Attest sollte außerdem mindestens 10 Tage aufbewahrt werden, um die Quarantäne zu vermeiden. So lange kann die Bescheinigung nach der Einreise des Beschäftigten von der zuständigen Behörde angefordert werden (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Verordnung zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebiete vom 06.11.2020).

Hat der Beschäftigte bei der Einreise nach Deutschland typische Symptome einer Covid-19-Infektion, gilt keine der genannten Ausnahmen. In diesem Fall ist die Quarantäne unvermeidbar. Die neue Verordnung zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebieten vom 06.11.2020 ist am 08.11.2020 in Kraft getreten.

Häusliche Quarantäne: An diese 3 Pflichten müssen sich Beschäftigte halten

Beschäftigte, die von einer Dienstreise aus einem Risikogebiet nach Deutschland zurückkehren, müssen also – sofern keiner der vorbenannten Ausnahmetatbestände vorliegt – zunächst für 10 Tage in Quarantäne. Bei Verstößen gegen die Einreise-Quarantäneverordnungen der einzelnen Bundesländer werden Bußgelder fällig. Je nach Verstoß kann das Bußgeld entweder gegen den Beschäftigten selbst oder gegen seinen Arbeitgeber verhängt werden.

Am Beispiel Bayern richten sich diese Bußgelder nach Teil 2 des Bußgeldkatalogs „Einreise-Quarantäneverordnung – EQV“ und Testpflicht Einreisende aus Risikogebieten vom 24.08.2020.

Trotz Quarantäne: Wann Arbeitgeber Dienstreisen verlangen können

Angesichts der besonderen Belastung, die Beschäftigten aufgrund der neuen Einreise- Quarantäne-Verordnungen der Bundesländer und der Verordnung zur Testpflicht von Einreisenden aus Risikogebiete drohen, stellt sich im Arbeitsverhältnis natürlich die Frage, ob Beschäftigte während der Corona-Pandemie und für die Dauer der Verordnungen überhaupt vom Arbeitgeber zu Dienstreisen verpflichtet werden können.

Die Dienstreise-Pflicht des Beschäftigten ergibt sich aus dem individuellen Arbeitsvertrag. Einer ausdrücklichen Vereinbarung dazu bedarf es nicht. Eine Reisepflicht kann sich aus dem Arbeitsvertrag damit ergeben, wenn

  • die Arbeitsleistung vorübergehend an einem anderen Ort als dem gewöhnlichen Arbeitsplatz des Beschäftigten zu erbringen ist und die Reisepflicht im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart worden ist oder
  • sich aus der Art der Tätigkeit bereits eine Reisepflicht ergibt, wie dass zum Beispiel bei Beschäftigten im Kundendienst der Fall sein kann.

Natürlich können die Arbeitsvertragsparteien im Einzelfall ohne vorherige arbeitsvertragliche Vereinbarung eine Dienstreisepflicht gesondert vereinbaren. Die Einzelheiten zu Dienstreisen, wie zum Beispiel über das zu nutzende Verkehrsmittel oder die Übernachtungs- und Verpflegungspauschalen werden gewöhnlich in einer betrieblichen Dienstreiseordnung geregelt.

Laufende Dienstreisen: Was Arbeitgeber jetzt tun müssen

In der Corona-Pandemie treffen Arbeitgeber auch besondere Fürsorgepflichten gegenüber Beschäftigten, die sich bereits auf einer Dienstreise befinden. Dazu gehören

  • die ständige Überwachung des Infektionsgeschehens,
  • die laufende Beobachtung der örtlichen Lage am Zielort der Dienstreise,
  • die Erteilung von angemessenen Weisungen zum Schutz der Gesundheit des Beschäftigten während der Dienstreise und
  • erforderliche Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Ort ergreifen.

Zu diesen Schutzmaßnahmen kann von einer Anordnung, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, über die Pflicht, die Tätigkeit am Ort der Dienstreise vorübergehend aus dem Home-Office auszuüben bis hin zu einer Rückholaktion des Beschäftigten nach Deutschland reichen.

Bis die Pandemie ihr Ende findet, wird es daher bei der Empfehlung bleiben, auf nicht unbedingt erforderliche Dienstreisen sowohl ins In- wie ins Ausland zu verzichten und stattdessen zum Beispiel auf Videokonferenzen zurückzugreifen.

Weitere Informationen zum Thema Dienstreisen während der Pandemie

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