Freistellung des Betriebsrats von Kosten für Anwalt?
Recht & Verwaltung08 November, 2023

BAG: Freistellung des Betriebsrats von Kosten für verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt

Redaktion eGovPraxis Personal

Zum Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Freistellung des Betriebsrats von Rechtsanwaltskosten.

Die Arbeitgeberin betreibt öffentlichen Personennahverkehr. In ihrem Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Im November und Dezember 2017 tagte eine von den Beteiligten gebildete Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Dienstplangestaltung“.

Vor deren Tätigwerden hatte der Betriebsrat beschlossen, „[…] Rechtsanwalt H (C Agentur) als Verfahrensbevollmächtigten in der Einigungsstelle ‚Dienstpläne‘“ zu beauftragen. Die C Agentur UG ist eine haftungsbeschränkte Unternehmergesellschaft, deren Geschäftsführer und (Mit-)Gesellschafter H ist. Eine in ihrem Rubrum als Vertragspartner den Betriebsrat und die „C UG“ ausweisende Honorarvereinbarung regelt das Honorar für die Tätigkeit von Rechtsanwalt H von der C Agentur als Verfahrensbevollmächtigter in der Einigungsstelle.

Im September 2019 stellte Rechtsanwalt H für seine Vertretung des Betriebsrats in der Einigungsstelle eine an die Arbeitgeberin adressierte Rechnung in Höhe von 8.530,45 Euro, die diese nicht beglich. Diesbezüglich machte der Betriebsrat einen auf diese Rechtsanwaltskosten bezogenen Freistellungsanspruch geltend.

Das ArbG hat den Antrag des Betriebsrates abgewiesen. Das LAG hat dessen Beschwerde zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrates zum BAG hatte keinen Erfolg.

Zur Entscheidung

Die Arbeitgeberin ist nicht verpflichtet, den Betriebsrat gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG von der mit Rechnung des Rechtsanwalts H erhobenen Forderung freizustellen. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehört auch die Vergütung für einen Rechtsanwalt, dessen Hinzuziehung in einem Einigungsstellenverfahren der Betriebsrat - auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Beschlusses - für erforderlich halten durfte.
Ein entsprechender Freistellungsanspruch setzt neben der Erforderlichkeit der Hinzuziehung voraus, dass der Betriebsrat eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber dem Rechtsanwalt überhaupt begründet - diesen also mit der Vertretung im Einigungsstellenverfahren beauftragt; Entsprechendes gilt für eine Honorarzusage.

Der streitbefangene Kostenfreistellungsanspruch kann nicht auf die Honorarvereinbarung gestützt werden. Das folgt bereits aus dem Umstand, dass der Betriebsrat das Honorar nicht mit Rechtsanwalt H, sondern mit der C Agentur UG verabredet hat.

Hingegen erweisen sich die weiteren Annahmen des LAG, für die Freistellung von der anwaltlichen Vergütungsforderung fehle es an der Inanspruchnahme des Betriebsrats mittels einer an diesen adressierten Rechnung und zudem sei die Vergütungsforderung mit der Einrede der Verjährung behaftet, als rechtsfehlerhaft. Dem Freistellungsanspruch steht nicht entgegen, dass Rechtsanwalt H seine Rechnung nicht an den Betriebsrat adressiert hat. Eine solche Rechnungsstellung ist nicht Tatbestandsvoraussetzung für den Freistellungsanspruch. Vielmehr entsteht der Anspruch des Betriebsrats auf Freistellung von den durch die Beauftragung eines Verfahrensbevollmächtigten vor der Einigungsstelle verursachten erforderlichen Kosten prinzipiell mit der Beauftragung durch den Betriebsrat – d.h. mit Eingehen der Verbindlichkeit, von der freizustellen ist.

Im Fall einer Freistellung von Kosten einer rechtsanwaltlichen Unterstützung des Betriebsrats folgt nichts Anderes aus gebührenrechtlichen Gründen. Die Gebühr erwächst bereits, sobald der Rechtsanwalt eine Tätigkeit ausführt, die durch die Gebühr entgolten wird. Der Freistellungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber von Kosten nach § 40 Abs. 1 BetrVG verjährt gemäß § 195 BGB nach drei Jahren. Nach § 214 Abs. 1 BGB ist nur der Schuldner berechtigt, die Leistung wegen Verjährung zu verweigern. Es steht in seinem Ermessen, ob er hiervon Gebrauch macht.

Eine gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßende Ausübung einer formalen Rechtsstellung durch den Betriebsrat kann wegen der Besonderheiten des durch die Wahrnehmung strukturell gegensätzlicher Interessen gekennzeichneten Rechtsverhältnisses der Betriebsparteien nur in besonders schwerwiegenden, eng begrenzten Ausnahmefällen angenommen werden. Das Kostenschonungsinteresse des Arbeitgebers begründet keine grundsätzliche Verpflichtung des Betriebsrats, gegenüber der Forderung aufgrund einer von ihm eingegangenen Verbindlichkeit die Einrede der Verjährung zu erheben.

Praktische Bedeutung

  • Mit vorstehendem Beschluss hat das BAG klargestellt, dass der Kostenerstattungsanspruch des Betriebsrats gegen den Arbeitgeber für die anwaltliche Vertretung im Einigungsstellenverfahren keine an den Betriebsrat adressierte Rechnung voraussetzt.

  • Außerdem verdeutlicht der Senat, dass der Betriebsrat auch nach dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht gehalten ist, im Interesse der Kostenschonung des Arbeitgebers gegenüber einer solchen Forderung die Einrede der Verjährung zu erheben.

    Quelle: BAG, Beschluss vom 8. März 2023 - 7 ABR 10/22 -

    Bildnachweis: joyfotoliakid/stock.adobe.com
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