Kita
Recht & Verwaltung30 Januar, 2024

Kita der Zukunft – Eine wandlungsfähige Organisation gestalten

Anna Carina Weber: Sozialpädagogin M.A., Erzieherin, zertifizierte QM-Beauftragte, Autorin. Erfahrungen in der Arbeit mit Kindern im Elementarbereich, mit Kita-Teams sowie als Kita-Leitung und Träger-Vertreterin.

Um die steigenden Anforderungen im Kita-Alltag gut bewältigen zu können, müssen Veränderungen von Träger, Leitungen und Fachkräften beobachtet werden und in bestehende Prozesse integriert oder diese sogar neu ausgerichtet werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Kindertageseinrichtung in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Ressourcen und Bedarfen langfristig lebensfähig ist.

Um die steigenden Anforderungen im Kita-Alltag gut bewältigen zu können, müssen Veränderungen von Träger, Leitungen und Fachkräften beobachtet werden und in bestehende Prozesse integriert oder diese sogar neu ausgerichtet werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Kindertageseinrichtung in einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Ressourcen und Bedarfen langfristig lebensfähig ist.

Nicht nur der Bildungsauftrag und gesetzliche Neuerungen, sondern auch sich ändernde Rahmenbedingungen erfordern eine langfristige Strategie, um nachhaltig mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen im Alltag umgehen zu können. Dazu zählen mitunter der stetige Ausbau an Betreuungsplätzen und Betreuungszeiten, insbesondere auch für bestimmte Altersgruppen wie z.B. Krippen- oder Hortkinder. Zusätzliche Aufgabenfelder oder Kinder und Familien in besonderen Lebenssituationen, die einen Mehrbedarf für eine individuelle Begleitung benötigen, zwingen pädagogische Fachkräfte regelmäßig zum Spagat. Die Entwicklung des Arbeitsmarktes im sozialpädagogischen Bereich kommt erschwerend hinzu und belastet jene Einrichtungen, die von vakanten Stellen und personellen Ausfällen betroffen sind, zusätzlich.

 Praxischeck

  • Welche Aufgabenbereiche haben sich in den vergangenen Jahren bei Ihnen gewandelt?
    Welche Angebote sind hinzugekommen oder weggefallen?
  • In welchen Bereichen haben Sie sich weiterqualifiziert?
  • Wenn Sie einmal spontan an den gesetzlichen Bildungsauftrag denken, welche Gesetze kennen Sie, die ihnen Vorgaben zu ihrer Arbeit machen?
  • Wie haben Sie Veränderungen in die Konzeption eingebunden und wer war daran beteiligt?
  • Wie verständigen Sie sich im Team über Veränderungen und wo setzen Sie ihre Ziele und Schwerpunkte der Arbeit?
  • Woher wissen Sie, dass das Angebot dem Bedarf entspricht?

Bedarfe von außen bestimmen Weiterbildung

Die stetig wandelnden Rahmenbedingungen um eine Einrichtung herum erfordern eine kontinuierliche Weiterentwicklung der fachlichen Kompetenzen und des Wissens der Fachkräfte, damit sich die Organisation weiter entwickeln kann. Es geht also darum, den Kenntnisstand stets aktuell zu halten, Trends zu erkennen und fachpolitische Veränderungsprozesse mit- und nachzuverfolgen. Träger und Kita-Leitung müssen die einzelnen Themen reflektieren und prüfen, welche Auswirkungen sie für die Einrichtung haben könnten. Darüber hinaus ist auch stets der Sozialraum im Blick zu behalten, damit die Bedarfe sich nicht von der Realität der Einrichtung entfernen.

Organisationsentwicklung meint agieren, anstatt nur zu reagieren

Um die planbaren und unvorhergesehenen Ereignisse des Systems, in das die Kindertageseinrichtung eingebunden ist, bewältigen zu können, müssen bestehende Prozesse, Regeln, Werte und Normen durch die Mitarbeitenden vor Ort angepasst werden. Veränderungsprozesse stehen somit in einem direkten Zusammenhang zur Wandlungsfähigkeit, die Organisation auf einen (geplanten) Zustand hin zu entwickeln. Häufig scheitern diese Prozesse, wenn versucht wird, die Veränderungen in der Kultur der Organisation und damit im Verhalten der Menschen vorzunehmen. Veränderungen entfalten ihre Wirkung, wenn man sie im Kontext von den sich entwickelnden Prozessen betrachtet und sich ihnen im Rahmen einer Organisationsentwicklung annähert.

Pädagogische Fachkräfte bilden das Potenzial

Dazu ist es erforderlich, Vertrauen in die Selbststeuerung der pädagogischen Fachkräfte zu legen und sie dazu zu ermutigen, ihre Prozesse eigenständig zu entwickeln und zu bearbeiten. Nicht gemeint ist damit, bereits vorgefertigte Strukturen und Prozesse hierarchisch an das Team zu delegieren und die vermeintliche Beteiligung darin zu sehen, dass die Mitarbeitenden darüber entscheiden können, wer für welche Prozesse die Verantwortung übernimmt. Durch den Einbezug der Organisationseinheiten – alle verantwortlichen (und auch betroffenen) Personen innerhalb einer Kindertageseinrichtung – die diese wiederum lebendig und einmalig machen, werden die Mitarbeitenden mit all ihren Ressourcen von Beginn an in die Veränderungsprozesse eingebunden und begleiten diese bis zum Abschluss. Entwicklung bedeutet, die Organisation als lebendes, soziales System zu erfassen, Prozesse zu reflektieren und Lösungsmöglichkeiten zu finden. Dabei leitet die Organisationsentwicklung die Beteiligten kontinuierlich zielorientiert an, um die erwünschte Transformation der Organisation zu erlangen, also der Veränderung des Ausgangszustandes. Dies erfordert eine hohe Flexibilität und stetige Anpassung der Fachkräfte in den Einrichtungen, die immer Lernende in ihrem Beruf sein werden.

Betroffene Handlungsfelder

Ein Organisationsentwicklungsprozess in Kindertageseinrichtungen betrifft gleich mehrere Handlungsfelder, die nachfolgend benannt werden. Veränderungen haben Auswirkungen auf

  • die Lern- und Entwicklungsprozesse der Kinder, also auf das Bildungsmanagement und damit einhergehend auch auf
  • die Erziehungspartnerschaft mit den Familien,
  • das Personal,
  • die zur Verfügung stehenden Ressourcen und Mittel,
  • die Qualität, sowie auf
  • externe Faktoren.

Es geht nicht allein darum einzelne Prozesse zu verändern oder anzupassen. Es geht um eine Vielzahl an Prozessen, die ineinandergreifen und um grundlegende strukturelle Veränderungen, in denen das Team einen Mehrwert für die tägliche Arbeit erlebt.

Veränderungen erfolgen dort, wo sie notwendig sind

Ein Soll-Ist-Abgleich gibt Auskunft darüber ob und wenn ja welche Abweichungen zwischen dem Auftrag, der an die Kindertageseinrichtung gestellt ist und der Leistung, die sie erbringt, bestehen. Berücksichtigt werden dabei sämtliche Informationen zur Arbeit, wie beispielsweise die Rahmenbedingungen, Aufgaben, Arbeitsabläufe oder Chancen und Risiken. Der Soll-Ist-Abgleich ist der wichtigste Prozessschritt, da er Themen für die weitere Arbeit diagnostiziert und im Rahmen dessen entschieden wird, was bearbeitet, beibehalten oder verworfen werden soll.

Kategorien Aspekte Beschreibung

 Kategorien Aspekte  Beschreibung
 Anlass
  • Warum sind Veränderungen notwendig? 
  • Welche Veränderungen sind notwendig?
Grobe Analyse der Ist-Situation und Identifikation von Bedarfen.
Personelle Ressourcen
  • Welche personellen Ressourcen sind vorhanden?
  • Welche personellen Ressourcen werden benötigt?
  • Welche Bedarfe haben die Mitarbeitenden?
Die Ressourcen beziehen sich auf vorhandene und benötigte Kompetenzen der Mitarbeitenden und wie diese miteinander zusammen- arbeiten.
Strategische Ziele
  • Welche strategischen Visionen und Zielsetzungen sind gegeben?
 Veränderungsprozesse müssen strategisch eingebettet werden.

 

Welche Ziele machen Sinn?

Wenn die Themen, an denen gearbeitet werden soll, identifiziert sind, geht es darum, kon- krete Ziele zu formulieren und Überlegungen anzustellen, wie diese Ziele erreicht werden können. Dabei sind jedoch nur jene Ziele nützlich, die auch einen Sinn ergeben, nachvollziehbar und für alle Beteiligten verständlich sind. Bei der Beschreibung der Ziele und der Ableitung der erforderlichen Maßnahmen befindet sich das Team somit bereits mitten in der Umsetzungsphase des Veränderungsprozesses, in der die pädagogische Arbeit wie ein Uhrwerk eingestellt und aufeinander abgestimmt wird.

Reflexionsprozesse sichern Veränderungsprozesse

Damit neue Strukturen, Prozesse und Kulturen in der Einrichtung mit der Zeit nicht an Bedeutung verlieren, sollten Mechanismen der Absicherung geschaffen werden, die eine regelmäßige Reflexion der Veränderungsziele ermöglicht. Dazu zählt auch, dass die Ziele immer wieder überprüft und angepasst werden. So spricht man einerseits zwar von einem Projekt, dass sich durch einen Anfang und ein Ende definiert, andererseits geht es aber um eine permanente Prüfung und Berücksichtigung neuer, relevanter Themen.

Qualitätsmanagement sichert Weiterentwicklung

Systematisch verankerte Reflexionsprozesse unterstützen das Kita-Team, ihr Handlungsfeld im Blick zu behalten, Arbeitsthemen zu sichern und weiterzuentwickeln. Es geht um einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess, der die Qualität der Arbeit in der Kindertageseinrichtung nachhaltig umsetzt. Dazu eignen sich besonders die Methoden und Instrumente des Qualitätsmanagements. Erreicht wird damit u.a. die Sicherstellung gesetzlicher Anforderungen, eine effektive und effiziente Leistungserbringung, Transparenz und die Steigerung der Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitenden.

Veränderungsprozesse stellen Lebenswelten in Frage

Um einen Organisationsentwicklungsprozess erfolgreich durchführen, beenden und Probleme verhindern zu können, müssen Schlüsselthemen erkannt werden. Wie zu Beginn beschrieben, geht es in Veränderungsprozessen auch immer um den Einbezug der an der Organisation beteiligten Personen. Es liegt in der Natur der Sache, dass jede Person und auch jede Interessensgruppe mit unterschiedlichen Erwartungen an die Kindertageseinrichtung und an den Prozess herantritt. Das bedeutet, dass es in Organisationsentwicklungsprozessen auch immer um die Bewältigung von Emotionen geht und um die Veränderung von (alt-) bewährten Mustern, sowie um das Loslassen können einer bekannten Lebenswelt.

Kita-Leitung besetzt Schlüsselrolle

Das Loslassen von Gewohnheiten fordert alle Beteiligten gleichermaßen und jeden für sich persönlich heraus. Die Kita-Leitung steht mit ihrer Rolle im Mittelpunkt eines stark vernetzten sozialen Systems. Dazu zählen neben den Kindern, Familien und Mitarbeitenden, der Träger sowie Kooperations- und Unterstützungspartner, wie beispielsweise die Fachberatung. Ihr Aufgabenprofil ergänzt sich in Zusammenarbeit mit dem Träger. Diese Beziehungen zu gestalten und deren Themen im Veränderungsprozess zu berücksichtigen ist eine komplexe Herausforderung.

Ist das Team ein Team?

Um eine Organisation gemeinsam weiter entwickeln zu können, müssen die einzelnen Mitarbeitenden ein Team bilden. Dabei kommt dem Begriff des Teams ein besonderer Stellenwert zu, denn nicht jede Gruppe, jede Dienstgemeinschaft in einer Kita ist gleichzeitig auch ein Team, das zusammenarbeiten kann.

Der Träger ist in der Verantwortung

Damit der Träger die gesetzlich verpflichteten „räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen“ (§ 45 Abs. 2 SGB VIII) für die Erlaubnis zum Betrieb einer Einrichtung erfüllen kann, ist es unabdingbar für eine stetige Weiterentwicklung der Einrichtung Sorge zu tragen. Hieraus ergibt sich die Selbstverpflichtung, die Qualität der Arbeit in der Kindertageseinrichtung zu überprüfen und Veränderungsprozesse auszulösen. Alle Maßnahmen zur Entwicklung der Organisation und in der Umsetzung der Veränderungsprozesse müssen stets in Abstimmung mit den strategischen Zielen des Trägers erfolgen oder hier bereits ihren Anfang finden.

Die Lebenswelt des Kindes bestimmt die Inhalte

Eltern sind als wichtigste Bindungspersonen im Leben eines Kindes auch gleichzeitig die wichtigsten Partner einer Kindertageseinrichtung. Das Kind sollte erleben, dass seine Eltern und die Familienkultur respektiert und geachtet werden, um sich positiv in der Welt entwickeln zu können. Einrichtungen sollten deshalb die Perspektive und die Lebenswelt des Kindes stets in den Mittelpunkt der Veränderungsprozesse stellen und prüfen, ob die Bedürfnisse und Bedarfe optimal erfüllt werden können. Die spiegeln sich nicht unbedingt in dem wider, was die Familie und die pädagogischen Fachkräfte als optimal für das Kind ansehen. Das bedeutet, die Akteure dürfen nicht vergessen, die Welt des Kindes aus seinen Augen zu sehen. Geht es darum neue pädagogische Angebote zu schaffen oder etablierte Angebotsformen zu verwerfen sollten die Eltern und Kinder einbezogen werden. Dies schafft Transparenz und Verständnis für den Prozess.

Fazit

Alle beteiligten und betroffenen Personen des Organisationsentwicklungsprozesses bringen ihre individuellen Sichtweisen und Erwartungen in die Arbeit der Kindertageseinrichtung und damit in den Prozess ein. Diese Themen gilt es zu erkennen, zu beobachten und zu berücksichtigen, wenn es erforderlich ist. Veränderungen können zu Ängsten oder auch Widerständen führen. Deswegen ist eine transparente Kommunikation hilfreich, um für Akzeptanz zu werben, falls dies notwendig ist.


Dieser Artikel ist in den KiTa aktuell Länderausgaben 1/2024 erschienen. Die KiTa aktuell Regionalhefte halten für Sie ab 2024 zahlreiche Neuerungen bereit. Überarbeitete Rubriken geben Einblick in alle wichtigen Themengebiete des Kita-Managements und Kita-Rechts und bieten damit wie gewohnt Orientierung im stressigen Alltag. Und noch besser: Auf wolterskluwer-online.de stehen ab sofort im Abo-Preis inklusive weiterführende Informationen zu Beiträgen und Zusatzmaterialien zum Download sowie das gesamte Zeitschriften-Archiv für Sie zur Verfügung.

Bildnachweis: Andrey Kuzmin/stock.adobe.com
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