Recht & Verwaltung21 Juni, 2020

Die Pandemie verstärkt die Digitalisierung des Rechtsmarkts

Von Christian Lindemann, Geschäftsführer, Leiter des Geschäftsbereichs Legal und Chief Operations Officer bei Wolters Kluwer in Deutschland.

Digitalisierungsstrategien vor der Corona-Krise

Viele Kanzleien haben schon vor der Corona-Krise Digitalisierungsstrategien entwickelt und einige ihrer Prozesse digitalisiert. Wir haben aber immer wieder im Austausch mit unseren Kunden aus der Anwaltschaft festgestellt, dass trotz wichtiger erster Schritte weiterhin großes Digitalisierungspotenzial besteht. Mit der Corona-Krise ist für viele Rechtsanwälte eine akute operative Notwendigkeit hinzugekommen, zumeist im Homeoffice und damit verbunden fast ausschließlich digital zu arbeiten. Aus unserer Sicht ist damit der entscheidende Moment gekommen, das in der Digitalisierung liegende Potenzial einer Modernisierung und effizienteren Gestaltung anwaltlicher Arbeitsprozesse zu heben. Die Pandemie ist so zu einem Verstärker bei der Digitalisierung des Rechtsmarkts geworden, der unumkehrbar scheint.

Die juristische Praxis im Homeoffice

War die digitale Aktenführung auch vor der Pandemie schon vielfach etabliert, sind mit dem Umzug ins Homeoffice weitere Prozesse in der täglichen juristischen Praxis zutage getreten, die vorher eher analog erledigt wurden, nun aber digitalisiert werden mussten. So zeigte sich, dass für die juristische Recherche trotz der verbreiteten Nutzung von Datenbanken häufig noch ergänzend auf die kanzleieigene Handbibliothek zurückgegriffen wurde. Diese wurde nun schmerzlich vermisst. Und selbst für die eigentliche Mandatsbearbeitung sind digitale Tools zur Prozessunterstützung wie z.B. Diktiersoftware, Dokumentenautomatisierung und Kollaborationssoftware schlagartig nicht nur arbeitserleichternd, sondern für die kanzleiinternen Abläufe sogar unerlässlich geworden.

In der Umstellung auf digitale Rechercheangebote und Lösungen wurde unseren Kunden deutlich, dass sich diese digitalen, zum Großteil in der Cloud und damit systemunabhängig verfügbaren Produkte umgehend implementieren lassen und sofort nutzbar sind – ganz ohne langwierige Planung, interne Abstimmung und umfangreichen Schulungsbedarf. Nach der erfolgreichen Umstellung der Arbeitsabläufe und Prozesse wurde bei vielen Anwälten auch der deutliche Effizienzgewinn und die Verschlankung der Abläufe sichtbar.

Nach dieser ersten Phase stellen sich mehr und mehr Kanzleien die Frage, wie sie ihre Digitalisierung konsequent weiterentwickeln können, die neu implementierten Softwarelösungen intensiver nutzen und sinnvoll ergänzen können. Es wird klar, dass digitale Tools genau wie Remote Working und digitale Kollaboration auch künftig ihren Platz im Kanzleialltag haben werden. Denn nach Monaten erfolgreicher Nutzung wird sich dieser Trend nicht mehr umkehren.

Juristische Recherche und digitale Fallbearbeitung

Neben Software für Kanzleimanagement und Zusammenarbeit rückt dabei insbesondere auch die digitale juristische Recherche und die eigentliche Fallbearbeitung mit digitaler Unterstützung in den Fokus. Sind alle Dokumente zum Mandat und auch die Inhalte, um diesen rechtssicher zu bearbeiten, erst einmal digital verfügbar, ergeben sich schnell weitere Möglichkeiten zur Prozessoptimierung. Diesen Vorteil erkennen Rechtsanwälte jetzt deutlich stärker und suchen aktiv nach Lösungen, die sie hierbei unterstützen. Sie merken auch, dass der Markt heute eine Vielzahl an verlässlichen digitalen Lösungen hergibt – von Anbietern, die mit ihrer Inhaltekompetenz bereits seit Jahrzehnten fester Bestandteil des Arbeitsalltags sind. Dabei erstreckt sich das Angebot von der automatisierten Dokumentenanalyse bis hin zu anwendbarer KI. Auch die digitale Recherche ist nicht mehr nur die reine Recherche in digitalen Werken, sondern zu einer Produktivitätsunterstützung geworden, die moderne Funktionalitäten, Dokumentenautomatisierung und digitale Applikationen beinhaltet und z.B. durch Fortbildungs-Webinare ergänzt wird – was gerade in Zeiten eingeschränkter Reise- und Kontaktmöglichkeiten und sich schnell ändernder Rechtsvorschriften ein großer Vorteil ist.

Viele Felder der juristischen Kernarbeit, die man bis vor kurzem zwingend analog bearbeitet hat, lassen sich folglich nicht nur als Übergangslösung durch digitale Prozesse ersetzen. Mit nachhaltig etablierten digitalen Lösungen wird vieles einfacher, schneller, übersichtlicher und rechtssicherer. Die Corona-Krise hat hier einen entscheidenden Schub für die Digitalisierung des Rechtsmarkts gegeben. Wir werden folglich sehen, dass sich in den Kanzleien sukzessive weitere digitale Lösungen und die dazugehörigen Prozesse nachhaltig etablieren werden.

Future Ready Lawyer-Studie 2020

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