Redaktion eGovPraxis Personal
Das OVG Nordrhein-Westfalen hat mit der vorliegenden Entscheidung zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und den Voraussetzungen einer diesbezüglichen Härtefallregelung Stellung genommen.
Erhöhung der Einstellungshöchstaltersgrenze wegen Pflege- und Krankenzeit?
Die Klägerin, eine Lehrerin, begehrt die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Das VG hat die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe und auch keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Verbeamtungsbegehrens, weil sie die wirksame Einstellungshöchstaltersgrenze überschreite. Eine Erhöhung der Höchstaltersgrenze nach § 14 Abs. 5 S. 1 Nr. 4 des Landesbeamtengesetzes NRW (LBG NRW) komme nicht in Betracht, da die Klägerin für die von ihr vorgetragene Pflegebedürftigkeit ihres Vaters in den Jahren 2003 bis zu seinem Tod 2005 keine Nachweise gemäß § 3 Abs. 2 des Pflegezeitgesetzes vorgelegt habe.
Die Klägerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf die Härtefallklausel des § 14 Abs. 10 S. 1 Nr. 2 LBG NRW. Sie habe bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die Verzögerung ihres beruflichen Werdegangs auf von ihr nicht zu vertretenden Umständen beruhe.
Die Klägerin hat daraufhin Zulassung der Berufung beantragt.
Relevante Verzögerung muss substantiiert von Betroffenen vorgetragen werden und sich auf den gesamten Verzögerungszeitraum beziehen
Das OVG hat entschieden, dass der Antrag auf Zulassung der Berufung keinen Erfolg hat, da keiner der Zulassungsgründe vorliegt.
Das Antragsvorbringen wecke keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
Das VG habe zu Recht darauf abgestellt, die Klägerin habe hinsichtlich des Zeitraums von 2003 bzw. 2005 bis 2011 bereits nicht substantiiert dargelegt, dass die Verzögerung ihres beruflichen Werdegangs auf von ihr nicht zu vertretenden Umständen beruhe, also erst recht hierfür keinen Nachweis erbracht.
Bereits nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 10 S. 1 Nr. 2 LBG NRW treffe die Bewerberinnen und Bewerber eine Nachweisobliegenheit. Diese hätten daher die tatsächlichen Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich, aus denen sie Verzögerung und Unbilligkeit herleiten, substantiiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen.
Daher habe die Klägerin und nicht das VG die anspruchsbegründenden Umstände substantiiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen, im konkreten Fall also eine krankheitsbedingte Verhinderung der Wiederaufnahme des Studiums.
Dieser Darlegungs- und Nachweispflicht sei die Klägerin hier nicht nachgekommen. Es liege allein in der Sphäre der Klägerin, dass sie erst acht bzw. sechs Jahre nach dem Tod des jeweiligen Elternteils psycho- bzw. verhaltenstherapeutische Hilfe in Anspruch genommen habe. Daher seien hier auch keine Gründe für eine etwaige Beweiserleichterung ersichtlich.
Das VG habe außerdem zu Recht angenommen, Anknüpfungspunkt für das Vertretenmüssen im Rahmen der Regelung in § 14 Abs. 10 S. 1 Nr. 2 LBG NRW sei der gesamte Verzögerungszeitraum.
Der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung liege ebenfalls nicht vor.
Praktische Bedeutung der Entscheidung des OVG NRW vom 01.07.2022 – 6 A 2093/20 –
Das OVG Nordrhein-Westfalen macht in dieser Entscheidung auch deutlich, dass Zeiträume, die zu einer unverschuldeten Verzögerung des beruflichen Werdegangs geführt haben, die Höchstaltersgrenze nicht erhöhen müssen, wie dies bei § 14 Abs. 5 LBG NRW der Fall ist.
Nach Auffassung des OVG ist nämlich die sich aus § 14 Abs. 5 LBG NRW ergebende Rechtsfolge bei Vorliegen einer der dort genannten Tatbestände nicht auf § 14 Abs. 10 LBG NRW übertragbar. Dieser Rechtsauffassung steht nach Ansicht des OVG bereits der – die Regelungssystematik verdeutlichende – unterschiedliche Wortlaut der Vorschriften entgegen.