PEM-Kita-Konflikt
Recht & Verwaltung11 Dezember, 2023

Mobbing im Team – das Problem erkennen und wirkungsvoll bekämpfen

Anne Haarmann : Rechtsanwältin, Expertin für Kita-Recht und Chefredakteurin „Rechtssicher durch den Kita-Alltag“

Überall, wo Menschen miteinander arbeiten sollen, kann es zu Mobbing und Konflikten kommen. Wie bemerken Sie Mobbing rechtzeitig und was können Sie dagegen tun?

Worum geht es?

Dass Menschen einander manchmal sprichwörtlich „nicht riechen“ können, ist eine mittlerweile wissenschaftlich untermauerte Tatsache. Neben diesem Instinkt gibt es aber noch eine Unmenge anderer Ursachen für Streit zwischen Menschen, die eigentlich harmonisch zusammenarbeiten sollten. Das kann Uneinigkeit über Fragen der Herangehensweise an den Berufsalltag sein, es können aber auch Neid oder das Gefühl einer ungerechten Bevorzugung eine Rolle spielen. Häufig resultiert aus einem langwierigen und schwelenden ungelösten Konflikt der Wunsch, sich des Problems einfach zu entledigen. Gerne und leider auch oft wird hier zum sog. Mobbing gegriffen, damit die unliebsame Person möglichst bald von selbst die Segel streicht. Das Wort Mobbing stammt von dem englischen Verb to mob ab, das so viel bedeutet wie jemanden anpöbeln oder über jemanden herfallen.

Was ist Mobbing genau und wie erkennen Sie es?

Mobbing ist ein vergleichsweise neuer Begriff, für den es weder im Sprachgebrauch noch im juristischen Bereich eine feste

Definition gibt. Gemeinhin versteht man unter Mobbing Psychoterror, Schikane und gezielte Sticheleien, die eben das Ziel verfolgen, eine Person dazu zu bewegen, zu verschwinden. Mangels einer festen Definition ist Mobbing als solches auch keine Straftat. Strafbar können nur bestimmte Verhaltensweisen im Rahmen des Mobbings sein: Das Verbreiten von üblen Gerüchten ist zum Beispiel als Verleumdung oder üble Nachrede mit Strafe bedroht. Das gleiche gilt auch für Beleidigungen oder Sachbeschädigungen am Eigentum des Opfers. Die wenigsten Menschen gehen allerdings beim Mobbing überhaupt so weit, dass die Grenze zur Strafbarkeit überschritten wird. Zumeist wird versucht, das Opfer gezielt zu zermürben, ohne sich selbst angreifbar zu machen.

Checkliste: Mobbingverdacht

  • Hinter dem Rücken wird häufig schlecht über die betreffende Person geredet.
  • Unberechtigte Kritik an der Arbeit der betreffenden Person wird Ihnen gegenüber geäußert.
  • Ihnen kommen seltsame Gerüchte über die Person zu Ohren.
  • Die Person wird gezielt vor Ihnen oder den Eltern lächerlich gemacht.
  • Die Person wird in Ihrer Anwesenheit von den anderen, wie Luft behandelt.


Diese Herangehensweise macht es auch für Sie nicht leicht, Mobbing als solches zu erkennen. Dass über Kolleg:innen mal die Augen gerollt werden oder ein böses Wort gesagt wird, ist weitgehend normal. Streit gibt es überall und meist ist die Wut so schnell verraucht, wie sie gekommen ist. Hellhörig sollten Sie in jedem Fall werden, wenn Sie mitbekommen, dass das Team sich auf eine Person regelrecht „eingeschossen“ haben und diese immer wieder Gesprächsthema ist.

Warum sind Sie verpflichtet, aktiv gegen das Mobbing vorzugehen?

Häufig werden die Mobbinghandlungen des Teams Ihnen gegenüber natürlich gezielt verschleiert. Sollten Sie trotzdem ein ungutes Gefühl im Bauch haben, sollten Sie die betroffene Person ansprechen, wenn diese nicht von selbst auf Sie zukommt. Selbst wenn Sie selbst die Sache vielleicht für harmlos halten, gebietet es Ihnen die Arbeitgeberfürsorgepflicht, bei Mobbingverdacht einzuschreiten. Diese Fürsorgepflicht ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsvertrag, die Sie verpflichtet, Ihre Arbeitnehmer:innen vor Schädigungen am Arbeitsplatz zu schützen. Zudem gibt es arbeitsrechtliche Vorschriften, die festlegen, wie ein:e Arbeitnehmer:in zu behandeln ist, etwa in § 5 ArbSchG

(Arbeitsschutzgesetz) oder in §§ 75 und 104 BetrVG (Betriebsverfassungsgesetz). Verweigern Sie Mitarbeitenden die Schützenhilfe oder ignorieren Sie augenfälliges Mobbing einfach, macht sich der Träger (vertreten durch Sie) gegenüber der:des gemobbten Mitarbeiter:in unter Umständen schadensersatzpflichtig. Je früher Sie deshalb eingreifen, umso besser ist es.

Mobbing stellt für die betroffene Person häufig eine derart tiefgehende Krise dar, dass gesundheitliche Beeinträchtigungen nicht lange auf sich warten lassen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin geht davon aus, dass jährlich ein Schaden von 12,5 Milliarden (!) Euro durch Mobbing und dadurch bedingten Arbeitsausfall entsteht. Auch die möglichen Nachteile für den Träger sind groß: neben drohenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen und Schadensersatzansprüchen kommt es während des Mobbings zumeist zu Qualitätsdefiziten in der Arbeit der gemobbten Person und einer hohen Fehleranfälligkeit, dem Verlust qualifizierter Mitarbeitenden, hohen Kosten für Ersatz in den möglicherweise mobbingbedingten Fehlzeiten und nicht zuletzt zu einem Imageschaden bei den Eltern oder in der Öffentlichkeit.

Was können Sie gegen Mobbing unternehmen?

Gegen eine:n Mobber:in müssen Sie mit arbeitsrechtlichen Mitteln vorgehen. Selbstverständlich empfiehlt sich natürlich in erster Linie das Gespräch: Warum wird gemobbt? Gibt es betriebliche Ursachen, an denen Sie etwas ändern können? Können die Personen, zwischen denen das Kernproblem besteht, voneinander getrennt werden, etc.? Sofern Sie hierfür Raum sehen, sollten Sie die mobbende Person und das Mobbingopfer an einen Tisch setzen und eine Aussprache herbeiführen. Zum guten Abschluss eines solchen Gespräches können Sie beispielweise eine Anti-Mobbing-Vereinbarung stellen, in der schriftlich festgehalten wird, dass die Mobbinghandlungen nun ein Ende haben werden und wie die Personen in Zukunft miteinander umgehen werden. Ein solcher „Vertrag“ hat für Sie den großen Vorteil, dass Sie einen Nachweis über die Handlungen haben und bei Verstoß gegen die Vereinbarung auf Basis dieses Vertrages abmahnen können. Ein Schriftstück ist immer besser als eine mündliche Abrede, wenn es darum geht, vor Gericht etwas zu beweisen.

Selbstverständlich können Sie auch eine entsprechende Dienstanweisung verfassen, in der Sie die mobbende Person einseitig ganz konkret anweisen, bestimmte Verhaltensweisen zu unterlassen. Hält sich die mobbende Person nicht an den Vertrag oder Ihre arbeitsrechtliche Dienstanweisung, so dürfen Sie auf dieser Basis abmahnen und sogar kündigen.

Präventive Maßnahmen sind die beste Lösung

Da Sie wahrscheinlich keinerlei Interesse daran haben, irgendeinen qualifizierten Mitarbeitenden aufgrund von irgendwelchen Querelen zu verlieren, lohnt es sich im Bereich des Mobbings auf Prävention zu setzen. Die beste Prävention bietet dabei eine Arbeitsgestaltung, die die psychischen Belastungen bei den Mitarbeiter:innen so gut es eben geht reduziert.

Wie schaffen Sie ein gutes Betriebsklima?

Die Reduzierung der größten Stressfaktoren ist in der Regel ein effektives Mittel gegen Mobbing, da zufriedene Personen tendenziell weniger Neigung haben, ihren Frust an anderen auszulassen. Prüfen Sie daher die Arbeitsabläufe in Ihrer Kita ganz selbstkritisch. Gibt es Strukturen, die dazu einladen die Ellenbogen auszufahren und gegen Kolleg:innen auszuteilen? Auch innerhalb des Teams ist es immer wichtig, Personen mit ähnlicher oder gleicher Qualifikation zusammenarbeiten zu lassen und hier eine identische Transparenz zu schaffen. Sind alle Personen in einem ähnlichen Maß qualifiziert und auch gleichermaßen über alle Vorgänge in der Kita informiert, entstehen weniger Probleme durch als ungerecht empfundene Über- und Unterordnungsstrukturen. Wenn alle Personen dieselben Chancen haben, ist der Umgang untereinander besser.

Auch die Einführung eines kitainternen Vorschlagswesens ist immer eine gute Idee. Die Mitarbeitenden erhalten so das Gefühl, ihre Ideen konstruktiv einbringen zu können und unter Umständen durch einen Vorschlag auch eine echte Veränderung herbeiführen zu können. Auch die Auswahl der Personen, die Teams leiten, sollten Sie das Augenmerk immer auf solche Personen lenken, die sich durch eine besondere Konfliktfähigkeit auszeichnen. Personen, die nicht fähig sind, Probleme diplomatisch zu lösen, sind bei aller Sympathie, die man vielleicht für sie hegen mag, nicht geeignet, um ein Team aus mehreren Mitarbeitenden zu führen.

Nicht zuletzt sollten alle routinierten und unbeliebten Vorgänge gleichmäßig auf alle Schultern verteilt werden. Auch einer besser qualifizierten Kollegin fällt kein Zacken aus der Krone, wenn sie mal den Müll rausträgt. Haben alle Mitarbeitenden das Gefühl, dass niemand ungerechtfertigt bevorzugt wird, bleibt die Stimmung im Team eher stabil.

Was für Sie wichtig ist

Neben der Schaffung eines guten Betriebsklimas gibt es auch andere Möglichkeiten, dem Mobbing möglichst gut vorzubauen. So können Sie beispielsweise eine Schulung mit Ihren Mitarbeitenden besuchen, bei den Ursachen des Mobbings und gleichzeitig Lösungen aufgezeigt werden. Oft kann dem Mobbing nämlich vorgebaut werden, wenn die Mitarbeitenden die Gelegenheit erhalten, aufgestautem Ärger einmal Luft zu machen. Auch für Sie gilt: Auf Kritik ist erst einmal sachlich zu reagieren, auch wenn Sie sich vielleicht zu Unrecht angegriffen fühlen – Gefühle sind nun einmal eine subjektive Sache und das Einzige, was helfen kann, ist das Gespräch. Daneben können Sie auch eine präventive Anti-Mobbing-Vereinbarung mit all Ihren Mitarbeitenden treffen.

Bildnachweis: tirachard/stock.adobe.com
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