Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3, 3a SGB II
Recht & Verwaltung05 April, 2023

LSG Sachsen-Anhalt zum Vorliegen einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3, 3a SGB II

Redaktion eGovPraxis Jobcenter

Partner eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten können Mitglied der Bedarfsgemeinschaft werden, wenn sie mit der leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt leben und eine sog. "Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" bilden. Es fragt sich nun, ob im Falle des Zusammenziehens von zwei Partnern, von denen einer ein minderjähriges Kind mit in die Beziehung (und den gemeinsamen Haushalt) bringt, stets eine Versorgung dieses Kindes durch beide Partner stattfindet und somit eine Bedarfsgemeinschaft aus beiden Partnern und dem Kind vorliegt. Dies hatte das LSG Sachsen-Anhalt zu entscheiden.

Der Fall

Die leistungsberechtigte Person zog in die Wohnung ihres Partners, die dieser mit seinem minderjährigen Sohn bewohnte, ein. Sowohl ihr Partner als auch sie bezogen Leistungen nach dem SGB II.

Ihren Einzug in die Wohnung teilte die leistungsberechtigte Person dem Leistungsträger unter der Angabe mit, dass zwar eine Partnerschaft bestehe, sie jedoch keine Einstehensgemeinschaft mit dem Kind eingehe.

Der Leistungsträger bewilligte (Aufstockungs-)Leistungen für die Beteiligten als Bedarfsgemeinschaft unter Anrechnung des Einkommens des Partners. Er änderte seine Bewilligungen, insbesondere im Klageverfahren, mehrfach ab.

Die Leistungsberechtigte wehrte sich gegen die Anrechnung des Einkommens des Partners mit der Begründung, dass Sie keine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Partner und dessen Kind bilde.
Das SG wies die Klage ab.

Die Entscheidung

Das LSG gewährte der Leistungsberechtigten teilweise höhere Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens des Partners.

In der Urteilsbegründung ging es insbesondere zur Frage des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft unter Einbeziehung des Kindes auf die Auslegung des Begriffs "versorgen" nach § 7 Abs. 3a Nr. 3 SGB II ein:

Es zeigte auf, dass in Fällen einer nicht gemeinsamen Elternschaft das "Versorgen" eine substanzielle, spezifisch auf das Kind bezogene Hilfeleistung erfordere.

Diese Hilfeleistung muss dabei über ein vereinzeltes Babysitten oder Zubettbringen hinausgehen und von einer gewissen Verantwortungsübernahme geprägt sein.

Allein die Zubereitung gemeinsamer Mahlzeiten oder das Mitwaschen der Wäsche des Kindes löse nicht generell die Vermutungswirkung der Vorschrift aus.

Fazit

Für die Beantwortung der Frage, ob die gesetzliche Vermutung des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft bei Versorgung der im Haushalt lebenden Kinder des Partners greift, ist das Verhalten des jeweiligen Partners ausschlaggebend. Entscheidend dabei:

Substanzielle, spezifisch auf das Kind bezogene Hilfeleistungen, die über die bloße Zubereitung gemeinsamer Mahlzeiten und das Mitwaschen der Wäsche hinausgehen.


Während der Betreuungszeit des Kindes muss das Elternteil von seinem Partner in einem solchen Umfang unterstützt werden, dass es gerechtfertigt ist, von einer nachhaltigen Entlastung auszugehen.

Quelle: Urteil des LSG Sachsen-Anhalt vom 16.11.2022 – L 2 AS 649/18

Bildnachweis: contrastwerkstatt/stock.adobe.com
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