ImmoWertV
Recht & Verwaltung25 Januar, 2022

Novellierung des Wertermittlungsrechts (ImmoWertV 2021)

Zum 01.01.2022 wurde die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) novelliert. Der Gesetzgeber hat es nicht bei einer Zusammenführung von bisheriger Verordnung und Richtlinien belassen, sondern nunmehr ein umfassenderes Regelwerk geschaffen. Es wird damit auf eine höhere Verbindlichkeit abgezielt.

Dr. Daniela Schaper

Verbindlichkeit statt Empfehlung

In den §§ 192 bis 199 BauGB finden sich fundamentale Rechtsgrundlagen für die Immobilienbewertung in Deutschland. Im Zentrum steht die Definition des Verkehrswertes (Marktwertes) gem. § 194 BauGB. Gem. § 199 BauGB ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte und die Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (§ 193 BauGB) einschließlich der Bodenrichtwerte (§ 196 BauGB) zu erlassen. In diesen Kontext ist die Immobilienwertermittlungsverordnung ImmoWertV einzuordnen, die nun zum 01.01.2022 novelliert worden ist.

Die ImmoWertV von 20101 beschränkte sich noch auf elementare Grundsätze der Verkehrswertermittlung, während detaillierte Regelungen zur Bodenrichtwertermittlung und den einzelnen Wertermittlungsverfahren in Einzelrichtlinien getroffen wurden (BRW-RL, SW-RL, VW-RL, EW-RL, Nr. 4 des Zweiten Teils der WertR 2006). Die Anwendung der Richtlinien wurde lediglich „allen in der Grundstückswertermittlung Tätigen zur Anwendung empfohlen“ (z.B. Nr. 1 Abs. 2 EW-RL). In der Folge wurden die Richtlinien jedoch von 60 % der Länder nicht oder nur teilweise als verbindlich erlassen.

Grundsatz der Modellkonformität nun gesetzlich verankert

Die ImmoWertV ist verbindlich anzuwenden bei Verkehrswertermittlungen für vom BauGB erfasste Regelungsgegenstände. Hierzu zählen zum Beispiel Umlegungsverfahren (siehe § 57, § 59 Abs. 2, § 60 BauGB), Enteignungsentschädigungen (§ 95 Abs. 1 BauGB) oder das preislimitierte Vorkaufsrecht (§ 28 Abs. 3 BauGB). Erstellen Gutachterausschüsse auf Antrag Verkehrswertgutachten nach § 193 Abs. 1 BauGB oder ist die Anwendung durch andere Rechtsvorschriften (z.B. § 198 Abs. 1 BewG) vorgegeben, so ist auch dann die ImmoWertV 2021 anzuwenden.

Ferner enthält die ImmoWertV 2021 verbindliche Vorgaben für die von Gutachterausschüssen zu ermittelnden „zur Wertermittlung erforderlichen Daten“ (vgl. § 193 Abs. 5 und § 196 BauGB). So werden Modellansätze für die Ableitung von Liegenschaftszinssätzen und Sachwertfaktoren (z.B. Bewirtschaftungskosten, Gesamtnutzungsdauern und NHK 2010) verbindlich vorgegeben und auch Mindestanforderungen an Modellbeschreibungen definiert.

In der Begründung zum Gesetzesentwurf hat der Gesetzgeber darauf hingewiesen, dass eine Bezugnahme auf die Verkehrswertdefinition nach § 194 BauGB in Gutachten nicht automatisch bedeute, dass die ImmoWertV von privaten Grundstückssachverständigen zwingend anzuwenden sei. Vielmehr wird betont, dass mit der Verordnung „eine inhaltliche Beschränkung der sachverständigen Würdigung des Einzelfalls (…) nicht verbunden“ sei.

Aufgrund des nunmehr gesetzlich verankerten „Grundsatzes der Modellkonformität“ (§ 10 ImmoWertV 2021) besteht jedoch eine indirekte Verbindlichkeit, sofern die von den Gutachterausschüssen nach der ImmoWertV 2021 ermittelten Daten für den konkreten Einzelfall geeignet sind und im Gutachten verwendet werden.

Anwendungshinweise – ImmoWertA – mit weiteren Erläuterungen und Klarstellungen

Zur ImmoWertV 2021 soll es Anwendungshinweise geben, die zusätzliche Hinweise und Erläuterungen, ohne Regelungscharakter, enthalten. Hierzu liegt zwischenzeitlich ein dritter Entwurf mit Stand 22.12.2021 vor, der nach Angaben des nun zuständigen Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWBS) (vormals Bundesministerium des Innern und für Heimat, BMI) mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Ländern und den Fachverbänden abgestimmt werde.

Eine abschließende Beratung und Beschlussfassung erfolgen dann in der Fachkommission Städtebau, dem zuständigen Gremium der Bauministerkonferenz. Dies ist für den Herbst 2022 vorgesehen. Die ImmoWertA soll als Muster für entsprechende Ländererlasse dienen und vergleichbar mit Muster-Einführungserlassen bei BauGB-Novellen sein. Stellungnahmen zum aktuellen Entwurf sind bis zum 31.03.2022 möglich.

Bereits im Juni 2021 wurde eine projektbegleitende Arbeitsgruppe mit Vertretern aus Bund, Ländern, Kommunen und Fachverbänden gebildet, die bei der Überarbeitung der ImmoWertA einbezogen ist.

Ermittlung von aktuellen Normalherstellungskosten und von Regionalfaktoren für die Sachwertermittlung

Der Bundesrat hatte der Bundesregierung im Rahmen der Beschlussfassung am 25.06.2021 aufgetragen, die in der ImmoWertV enthaltenen Normalherstellungskosten NHK 2010 schnellstmöglich zu überarbeiten, längstens jedoch bis zum 31.12.2024. Die Änderungsverordnung wird somit spätestens bis zum 01.01.2025 in Kraft treten.

In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wurde ein Forschungsprojekt zur „Ermittlung von aktuellen Normalherstellungskosten und von Regionalfaktoren für die Sachwertermittlung“ ausgeschrieben. Nach Mitteilung des BMWBS ist das Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern GmbH (BKI) Gewinner der Ausschreibung und somit Auftragnehmer.

Gemäß den Ausschreibungsunterlagen sollen die NHK zum Bezugszeitpunkt 01.01.2020 überarbeitet werden. Dabei ist der Schwerpunkt auf freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser, Doppelhäuser und Reihenhäuser zu legen.

Was die Regionalfaktoren betrifft, so sollen diese nach einer bundesweit einheitlichen Methode ermittelt werden und die Berücksichtigung eines vom Bundesdurchschnitt abweichenden Baukostenniveaus bis auf die Ebene von Landkreisen, gegebenenfalls Subkreisen, ermöglichen.

In der Ausschreibung ist ein ambitionierter Zeitplan vorgegeben, gemäß dem wiederholt die Zwischenergebnisse in Workshops mit der o.g. projektbegleitenden Arbeitsgruppe, die auch bei der Erarbeitung der Ausschreibungsunterlagen einbezogen war, diskutiert werden sollen. Der Endbericht ist bis zum 30.06.2023 vorzulegen.

Lesen Sie den vollständigen Artikel von Dr. Daniela Schaper mit einer Darstellung wesentlicher Inhalte der neuen ImmoWertV 2021 sowie einer ausführlichen Würdigung in der aktuellen Ausgabe der GuG (1/2022).

Bildnachweis: fotomek/stock.adobe.com

Autoren

Dr. Daniela Schaper

Dr. Daniela Schaper ist öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Immobilienbewertung in München, Fachbuchautorin und Dozentin sowie Herausgeberin der GuG - die Zeitschrift für Immobilienwirtschaft, Bodenpolitik und Wertermittlung

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