Digitalen-Inhalte-Richtlinie
Recht & Verwaltung05 Juni, 2023

Umsetzung der Digitalen-Inhalte-Richtlinie und Warenkauf-Richtlinie in Bauträgerverträgen

von Dr. Gregor Basty, Notar in München

Der Gesetzgeber hat die Digitale Inhalte – Richtlinie und Warenkauf – Richtlinie umgesetzt.

Zu Leistungs- und Gewährleistungspflichten finden sich umfangreiche Vorschriften in §§ 327 ff. BGB. Gleichzeitig hat das Kaufrecht umfangreiche Änderungen erfahren (nicht zuletzt eine Änderung des Mangelbegriffs in § 434 BGB). Die Gesetzesänderungen gelten für alle ab dem 01.01.2022 abgeschlossenen Verträge.

§§ 327 ff. BGB, Anwendungsbereich

Enthält ein Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher auch Vereinbarungen zur »Bereitstellung digitaler Inhalte oder digitaler Dienstleitungen (digitale Produkte) durch den Unternehmer« (§ 327 BGB) oder handelt es sich um eine »Ware mit digitalen Elementen« (§ 475b Abs. 1 BGB), sind §§ 327 ff. BGB bzw. §§ 475b ff. BGB zu beachten. Die Vorschriften der §§ 327 ff. BGB gelten vertragstypübergreifend, somit bei Kaufverträgen über bewegliche und unbewegliche Sachen, bei Mietverträgen, Werkverträgen usw.95

Für Bauträgerverträge kann der Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB z.B. eröffnet sein bei einer Ausstattung des Erwerbsobjekts als Smart-Home, insbesondere für die Haustechnik (z.B. Steuerung von Heizung, Rollläden und Jalousien, Haus-/Wohnungszugang etc.),96 oder auch bei der Bereitstellung einer Haus- oder Quartiersapp, die Dienstleistungen innerhalb der Anlage koorinieren soll.

Es wird sich dabei stets um einen Vertrag im Sinne des § 327a Abs. 2 BGB handeln, so dass §§ 327 ff. BGB allein auf die Bestandteile des Vertrags anzuwenden sind, welche die digitalen Produkte betreffen. Für den analogen Teil des Vertragsgegenstands, also den Erwerb des Grundstücks oder die Herstellung des Bauwerks, bleibt es bei den hierfür maßgebenden Bestimmungen.


Pflichten des Unternehmers

Für digitale Produkte bestehen besondere Leistungspflichten, z.B. die Pflicht, Zubehör und Anleitungen zur Verfügung zu stellen, deren Erhalt der Verbraucher erwarten kann (§ 327e Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 BGB).

Von besonderer Bedeutung für Bauträger ist die Aktualisierungspflicht nach § 327f BGB. Danach (Absatz 1 Satz 1) hat der Unternehmer – also der Verkäufer/Bauträger – sicherzustellen, dass »dem Verbraucher während des maßgeblichen Zeitraums Aktualisierungen, die für den Erhalt der Vertragsmäßigkeit des digitalen Produkts erforderlich sind, bereitgestellt werden und der Verbraucher über die Aktualisierungen informiert wird.«

In der Vorschrift zum Produktmangel (§ 327e BGB) findet sich die Aktualisierungspflicht sowohl bei den subjektiven als auch bei den objektiven Anforderungen. Zu den subjektiven Anforderungen gehören »die im Vertrag vereinbarten Aktualisierungen während des nach dem Vertrag maßgeblichen Zeitraums« (§ 327e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Nach dem Gesetzestext und der Begründung des Gesetzesentwurfs sind die Vertragsparteien grundsätzlich darin frei, Art, Dauer und Umfang der Aktualisierungspflicht zu vereinbaren. Gleichzeitig gehört aber die Pflicht zur Bereitstellung von und Information über Aktualisierungen im Sinne von § 327f BGB zu den objektiven Anforderungen (§ 327e Abs. 3 Nr. 5 BGB).

Maßgeblicher Zeitraum ist nach § 327f Abs. 1 Satz 3 BGB »1. bei einem Vertrag über die dauerhafte Bereitstellung eines digitalen Produkts der Bereitstellungszeitraum, 2. in allen anderen Fällen der Zeitraum, den der Verbraucher aufgrund der Art und des Zwecks des digitalen Produkts und unter Berücksichtigung der Umstände und der Art des Vertrags erwarten kann.«

Anders als in § 434 BGB findet sich zu den objektiven Anforderungen (§ 327e Abs. 3 bzw. § 434 Abs. 3 BGB) nicht die Einschränkung »soweit nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde«. Die Gesetzesbegründung verweist insofern auf die Richtlinie, nach der die objektiven Kriterien »im Ausgangspunkt einen gleichrangigen Stellenwert« erhalten. Nach Art 8 Abs. 1 der Richtlinie hat der Unternehmer sie zusätzlich zur Einhaltung der subjektiven Anforderungen einzuhalten. Grundsätzlich sollen die objektiven Standards nicht durch individuelle Vereinbarungen abgesenkt werden (Erwägungsgrund 45 der Richtlinie), vertragliche Abweichungen sollen nur unter der Voraussetzung zulässig sein, dass der Verbraucher diese ausdrücklich und gesondert akzeptiert.

Danach wird man den »maßgeblichen Zeitraum« für Aktualisierungen nicht durch einfache vertragliche Abrede einschränken können. § 327e Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB ist so zu verstehen, dass die Option eröffnet wird, über die objektiven Anforderungen (§§ 327e Abs. 3 Satz 1 Nr. 5, 327f BGB) hinauszugehen. Soll die Aktualisierungspflicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, sind die Voraussetzungen des § 327h BGB zu beachten.97


Vertragsgestaltung

§ 327h BGB regelt die Möglichkeiten abweichender Vereinbarungen dahingehend, dass »von den objektiven Anforderungen nach … § 327f Abs. 1 … nur abgewichen (kann), wenn der Verbraucher vor der Abgabe seiner Vertragserklärung eigens davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass ein bestimmtes Merkmal des digitalen Produkts von diesen objektiven Anforderungen abweicht, und diese Abweichung im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. «98

 
a) Früher Hinweis

Der Verbraucher ist vorab eigens von beabsichtigten abweichenden Vereinbarungen in Kenntnis zu setzen. Ob hierfür die Übersendung des beabsichtigten Vertragstextes (vgl. § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG) genügt, ist offen.99

Nachdem das Gesetz den Begriff »eigens« verwendet, ist vorsorglich zu empfehlen, dass entsprechende Informationen separat gegeben werden, z.B. in einem eigenen Informationsschreiben.

Für den Notar ist eine hinreichende Vorabinformation des Verbrauchers insofern von Bedeutung, dass diese Voraussetzung für eine diesbezügliche Haftungsbeschränkung ist und er die Beurkundung unwirksamer Klauseln abzulehnen hat (§ 17 Abs. 2 BeurkG). Es empfiehlt sich, hierzu im Vertrag eine entsprechende Bestätigung des Erwerbers vorzusehen. Der Notar hat sich über deren Richtigkeit zu vergewissern.100 Entbehrlich wäre dies dann, wenn man die gesetzlichen Anforderungen bereits aufgrund der vom Notar selbst übersandten Unterlagen als erfüllt ansehen könnte.

 
b) Baubeschreibung

In der Baubeschreibung wird sich empfehlen, dass – möglichst in einem eigenen Abschnitt, auf den im Bauträgervertrag verwiesen werden kann (vgl. Kap. 18 Rdn. 44) – die Einzelheiten zu digitalen Produkten zusammengefasst werden, also eine Beschreibung der insofern geschuldeten Leistungen, ggf. einschließlich der Pflicht zur Einweisung, zur Aushändigung von Anleitungen, ggf. mit der Klarstellung welche zusätzlichen Geräte Sache des Erwerbers sind,101 und regelmäßig mit dem Hinweis, in welchem Umfang eine Aktualisierungspflicht übernommen wird und was zu notwendigen Aktualisierungen ab wann von wem (Erwerber, Eigentümergemeinschaft) wie zu veranlassen ist, möglichst mit Angabe der zu erwartenden Kosten.

 
c) Bauträgervertrag

Im Bauträgervertrag ist an eine Sonderregelung im Hinblick auf die Abnahme zu denken. Denn nach § 650 Abs. 4 BGB gilt für einen Verbrauchervertrag, bei dem der Unternehmer sich verpflichtet, eine Sache herzustellen, die ein digitales Produkt enthält oder mit digitalen Produkten verbunden ist, der Anwendungsausschluss nach Absatz 2 entsprechend für diejenigen Bestandteile des Vertrags, welche die digitalen Produkte betreffen. Nach Absatz 2 ist hierfür § 640 BGB über die Abnahme nicht anzuwenden, für diesbezügliche Mängelansprüche gelten nicht §§ 633 – 639 BGB.

Der Sinn des Ausschlusses der Abnahme liegt darin, dass damit der Übergang der Beweislast für Mängel verbunden wäre und dies nicht mit § 327k BGB (und den Vorgaben der Richtlinie) zu vereinbaren wäre.

Ob man das im Vertrag besonderes thematisieren will, erscheint zweifelhaft (und objektiv entbehrlich). Selbstverständlich wird ein Erwerber im Rahmen der Abnahme auch prüfen, ob die Smart-Home-Technik funktioniert. Allenfalls ist an den Hinweis zu denken, dass die Wirkungen der Abnahme nicht für das digitale Produkt gelten.

Bei den Regelungen zur Haftung des Bauträgers ist zweckmäßigerweise zu differenzieren zwischen Grundstück, Werkleistung und den digitalen Produkten, zum einen wegen des unterschiedlichen Haftungsregimes, zum anderen (wohl auch102) wegen des Gebots des § 327h BGB, dass für digitale Produkte Abweichungen »ausdrücklich und gesondert« vereinbart werden müssen,103 z.B.104


Muster: Digitale Produkte: Haftungsregelung


Digitale Produkte:

Mit diesem Vertrag werden auch digitale Produkte geliefert (Smart Home, vgl. Abschnitt … der Baubeschreibung). Wegen diesbezüglicher Mängel gelten §§ 327 ff. BGB, sofern sich aus Nachstehendem nichts anderes ergibt.

Hierzu wird vereinbart, dass der Veräußerer hinsichtlich der digitalen Produkte keine Aktualisierungen schuldet. Erforderliche Aktualisierungen liegen also im eigenen Verantwortungsbereich des Erwerbers. Ihm wird empfohlen, hierzu entsprechende Vereinbarungen mit dem Hersteller/Lieferanten zu treffen. Die damit verbundenen Kosten sind dem Erwerber bekannt.

Der Erwerber bestätigt hiermit, dass er von den vorstehend genannten Umständen und Beschränkungen bereits vor Vertragsschluss vom Veräußerer eigens in Kenntnis gesetzt wurde und ihm der nähere Inhalt und die wirtschaftlichen Folgen der vorstehenden Vereinbarungen eingehend erläutert wurden.

Ergänzung zur Haftungsregelung:

Außerdem wird vereinbart, dass bezüglich digitaler Produkte folgende Abweichungen von den nach dem Gesetz geregelten objektiven Anforderungen an solche Produkte bestehen: … <z.B. dass zur umfassenden Nutzung des digitalen Produkts nicht alles Zubehör vom Veräußerer zur Verfügung gestellt wird und insbesondere … vom Erwerber selbst zu beschaffen sind>

Zu den gelieferten Produkten wird weiter vereinbart, dass <hinsichtlich …> nicht die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses neueste Version geschuldet ist, sondern die zum … neueste Version. Dies wird als vertragsgemäß anerkannt.

  • Fußnoten
    95 Vgl. Herrler DNotZ 2022, 491 ff.
    96 Wendehorst NJW 2021, 2913, 2914.
    97 Fries in beck-online GKommBGB § 327e Rn. 20; Grüneberg in Grüneberg, BGB, § 327e Rn. 5.
    98 Zur Vertragsgestaltung beim Immobilienkauf mit digitalen Elementen Salzig notar 2021, 403.
    99 Vgl. Herrler DNotZ 2022, 491, 511 m.w.N.; Krauß notar 2022, 247, 249.
    100 Vgl. (je zu § 17 Abs. 2a Satz 2 Nr. 2 BeurkG) BGH 28.08.2019 – NotSt(Brfg) 1/18 – MittBayNot 2020, 489 (Tz. 65); BGH 09.06.2022 – III ZR 24/21 – NJW 2022, 2754 (Tz. 32).
    101 Vgl. AG Charlottenburg 06.10.2022 – 202 C 105/22 – IMR 2023,11: Der Vermieter tauscht die Klingelanlage durch eine smarte aus, die nur über Handy, Festnetztelefon oder Computer zu bedienen ist. Nach diesem Urteil hat der Mieter Anspruch darauf, dass die Anlage so modifiziert wird, dass ein Klingelton auch ohne diese Hilfsmittel zu hören ist und sich die Tür ebenfalls ohne diese Hilfsmittel öffnen lässt.
    102 Eher einschränkend Herrler DNotZ 2022, 491, 511 m.w.N.
    103 Vgl. BGH 19.07.2001 – IX ZR 411/00 – BGHZ 148, 303; BGH 27.04.1988 – VIII ZR 84/87 – BGHZ 104, 232, 237 (jeweils zu dem jetzigen § 309 Nr. 11 BGB).
    104 Vgl. auch Krauß notar 2022, 247, 252 mit Formulierungsvorschlägen.

Bildnachweis: vegafox.com/stock.adobe.com

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