Erläuterung
§ 73 Abs. 3 StaRUG eröffnet die Möglichkeit für das Gericht, jenseits von obligatorischen einen Restrukturierungsbeauftragten auch optional zu bestellen, d.h. von Amts wegen, ohne an Anträge des Schuldners oder einer repräsentativen Gläubigergruppe gebunden zu sein. Die Bestellung liegt im Ermessen des Gerichtes („kann“). Es handelt sich damit um keine Pflichtbestellung, was die Begrifflichkeit „optional“ erklärt.
Der Restrukturierungsbeauftragte übernimmt in diesen Fällen vordergründig eine gerichtsentlastende und gerichtsunterstützende Rolle und kann mit sachverständigen Prüfungen betraut werden, die dem Gericht obliegen. Der Aufgabenkatalog in Absatz 3 ist nicht abschließend und zählt entsprechend der Formulierung „insbesondere“ nur Beispiele auf.
Einzelfragen
I. Abgrenzung zum Sachverständigen
Als Alternative zur Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 3 StaRUG kann das Gericht im Rahmen der Amtsermittlungspflicht auch einen Sachverständigen nach § 39 Abs. 1 StaRUG bestellen, der formal nicht zwingend das Anforderungsprofil gemäß § 74 Abs. 1 StaRUG, das an die Person des Restrukturierungsbeauftragten gestellt wird, zu erfüllen hat. Gleichwohl sollte das Gericht bereits bei der Auswahl eines Sachverständigen hierauf achten, um einen reibungslosen Wechsel bei Erweiterung des Einsatzbereiches zu ermöglichen. Da sich die Vergütungsstrukturen zum „sachverständigen“ Restrukturierungsbeauftragten nach § 73 Abs. 3 StaRUG merklich unterscheiden, kommt der isolierte Sachverständige sinnvollerweise nur dann in Betracht, wenn punktuelle und geschlossene Fragen der Restrukturierungssache geklärt werden müssen, bspw. zuständigkeitsbestimmende Umstände oder einzelne Prüfungsfragen im Zusammenhang mit der möglichen Notwendigkeit, einen Restrukturierungsbeauftragten zu bestellen.
II. Regelaufgaben
§ 73 Abs. 3 StaRUG enthält eine beispielhafte Aufzählung von Aufgaben, die das Gericht an den optional bestellten Restrukturierungsbeauftragten delegieren kann. Allen Aufgaben ist gemein, dass die dahinterstehenden Fragen nicht nur rechtlicher Natur sind, sondern auch eine betriebswirtschaftliche Beurteilung bedingen. Vor allem für diese Konstellationen hat der Gesetzgeber Möglichkeiten schaffen wollen, dass die Gerichte sachverständigen Rat in Anspruch nehmen können.
Zu den gesetzlich vorformulierten delegierbaren Aufgaben gehören die Prüfung von Insolvenzgründen gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 (genauer das Nichtvorhandensein), die (betriebswirtschaftliche) Überprüfung des Restrukturierungskonzeptes auf dessen Schlüssigkeit bei neuen Finanzierungen gemäß § 63 Abs. 2, des Minderheitenschutzes gemäß § 64 Abs. 1 sowie der Angemessenheit von Eingriffen in Drittsicherheiten und Haftungsbeschränkungen der Gesellschafter (vgl. §§ 2 Abs. 4).
III. Weitere delegierbare Aufgaben
Weitere Prüfungsaufgaben sind möglich („insbesondere“). Über den Umfang der möglichen Gesamtaufgabenpalette lassen sich aber kaum Anhaltspunkte im Gesetz finden. Ein Verweis auf den Aufgabenkatalog des § 76 StaRUG als zentrale Aufgabennorm des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten, wie er für den fakultativen Restrukturierungsbeauftragten gesetzlich aufgenommen wurde, findet sich jedenfalls nicht. § 76 StaRUG ist auch nicht analog anwendbar, da die Aufgabengestaltung des obligatorischen Restrukturierungsbeauftragten im Kern überwachende und kontrollierende, hingegen eine optionale Bestellung gerichtsunterstützende und gerichtsentlastende Wirkung entfalten soll.
Mit Blick auf die im Fokus stehende Sachverständigenfunktion wird das Gericht die Aufgabenpalette vielmehr an der Amtsermittlungspflicht des Gerichtes gemäß § 39 StaRUG auszurichten haben. Der Amtsermittlungsgrundsatz begründet dann nicht nur den Einsatzbereich des optionalen Restrukturierungsbeauftragten, sondern steckt sogleich den Rahmen möglicher übertragbarer Aufgaben ab.
IV. Kritik
Die Idee eines gerichtsseitig unterstützenden Restrukturierungsbeauftragten stellt in einem schuldnergesteuerten Verfahren in gewisser Hinsicht einen Fremdkörper dar. So ist nicht von der Hand zu weisen, dass die optionale Bestellungsmöglichkeit für sachverständige Prüfungen das grundlegende Konzept, Restrukturierungsbeauftragte nur in klar definierten Konstellationen einzusetzen, ein stückweit unterläuft. Vielmehr mag das optionale Konzept eine „regelhafte Verwendung“ andeuten, weil das Gericht häufig einem Informationsdefizit ausgesetzt sein wird und der Restrukturierungsrichter außerhalb der gerichtlichen Planbestätigung gerade kein Richterspruchprivileg genießt. Es liegt demzufolge in der Natur der Sache, dass das Gericht mit der Delegation von Ermittlungsaufgaben auf Funktionsträger wie den Restrukturierungsbeauftragten nicht nur dem zumindest gefühlten Informationsdefizit begegnen, sondern auch eine stets im Raum stehende Amtshaftungsgefahr reduzieren und die gerichtlichen Entscheidungen absichern möchte.
Das Verhältnis zum Sachverständigen (vgl. § 39 Abs. 1 S. 2 StaRUG) bleibt ungeregelt. Zudem ist auch zu berücksichtigen, dass durch die optionale Bestellung erhöhte Verfahrenskosten verursacht werden. Aus diesem Grund sollte eine beabsichtigte optionale Bestellung im Vorwege stets transparent kommuniziert werden, um Budgets für Verfahrenskosten in der Planung berücksichtigen zu können.
Schuldner (aber auch Gläubiger) können keinen bindenden Vorschlag für die Person des optionalen Restrukturierungsbeauftragten unterbreiten. Dennoch erscheinen Abstimmungen mit dem Gericht sinnvoll. Denn sollte das Gericht einen mit sachverständigen Aufgaben betrauten Restrukturierungsbeauftragten optional bestellen und später eine obligatorische Bestellung erforderlich werden, wäre die Rolle neu/doppelt zu besetzen, wenn bindende Vorschläge unterbreitet werden. Das könnte die Verfahrensdurchführung insgesamt ineffizient werden lassen.
Zu guter Letzt stellen sich auch Fragen auf Funktions- und Aufgabenebene. Praktiker werden vor allem mit Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zum obligatorischen und fakultativen Restrukturierungsbeauftragten konfrontiert werden, die gesetzlich nicht klar geregelt wurde.