Softwarelösungen für Rechtsabteilungen und Kanzleien
Recht & Verwaltung30 März, 2022

Interview mit Aswin Parkunantharan: Der Einsatz von Softwarelösungen für eine effektive Zusammenarbeit von Rechtsabteilungen und Kanzleien

Der erste internationale Online-Kongress von Wolters Kluwer Deutschland im November 2021 legte seinen Schwerpunkt auf „Die sich wandelnde Rolle von Kanzleien und deren neue Herausforderungen“. Digitalisierung ist auch im Legal-Bereich in aller Munde, doch fehlt häufig die planvolle Umsetzung. Im Hinblick auf die Zusammenarbeit von Rechtsabteilungen mit Kanzleien sprach Wolters Kluwer mit Aswin Parkunantharan, Director Legal Departments bei Wolters Kluwer Deutschland, darüber, was Rechtsabteilungen von den von ihnen mandatierten Kanzleien erwarten und wie sie aus Sicht der Mandant:innen ihre Effizienz steigern können.


Was hat sich in der Wahrnehmung bei der Nutzung von Technologie im Rechtsbereich verändert und welche Rolle spielt COVID-19 dabei?

Die Wahrnehmung bei der Nutzung von Technologie im Rechtsbereich hat sich entscheidend verändert: Im Zuge der Pandemie sind die Mitarbeiter:innen von Rechtsabteilungen verschiedenster Unternehmen ins Homeoffice gegangen. Die Unternehmen mussten dabei sicherstellen, dass die Arbeitnehmer:innen auch von zu Hause Zugriff auf alle wichtigen Dokumente und Daten haben. Ich habe besonders am Anfang der Pandemie viele Gespräche mit Leiter:innen von Rechtsabteilungen geführt, um zu fragen, wie wir, als weltweit größter Anbieter von Software und Services im Bereich Recht, Wirtschaft und Steuern, sie bei dieser Herausforderung unterstützen können. Viele Leiter:innen sagten mir, dass die Assistent:innen aus den Rechtsabteilungen noch im Büro seien, weil Dokumente gescannt und verschickt werden müssten.

Und das ist das Paradoxe: Die Digitalisierung ist auch im Rechtsbereich ein hochaktuelles Thema, aber sie ist dort bei weitem noch nicht überall angekommen. Das Thema Cloud-Lösung spielt hier eine entscheidende Rolle. Bei vielen Rechtsabteilungen und Kanzleien ist das Bedürfnis da, effizienter zu arbeiten und eine Digitalisierungsstrategie umsetzen zu wollen. Sei es, um Zielvorgaben seitens des Unternehmens zu erreichen oder das Bedürfnis der Partner nach Digitalisierung voranzutreiben. Und das ist eben nur mit einer passenden Software möglich. Die Pandemie hat diese Entwicklung weiter vorangetrieben.

Welchen Stellenwert nimmt Technologie in der Rechtsabteilung-Kanzlei-Beziehung ein?

Einen sehr großen Stellenwert. In der von Wolters Kluwer durchgeführten "Future Ready Lawyer Studie“, für die rund 700 Jurist:innen aus neun europäischen Ländern und den USA befragt wurden, kam heraus, dass Rechtsabteilungen von ihren Kanzleien erwarten, dass sie technisch auf dem neuesten Stand sind. Die Erwartungshaltung von Rechtsabteilungen an ihre Kanzleien zum Thema Digitalisierung ist dementsprechend also sehr hoch. 82 Prozent der Rechtsabteilungen geben an, dass für sie der umfassende Einsatz von Technologien durch ihre derzeitige Kanzlei von Bedeutung ist. Über 90 Prozent wollen in den kommenden Jahren Kanzleien nach dem Einsatz von Technologie fragen, 10 Prozent mehr als noch 2020. Unter Nutzungsaspekten sehen gerade Rechtsabteilungen Technologie als einen Schlüssel zur stärkeren Automatisierung bestimmter Tätigkeiten und zur Verbesserung der Produktivität. Rechtsabteilungen bleiben auf die Unterstützung von Kanzleien angewiesen und begrüßen diese auch – jedoch verknüpft mit höheren Erwartungen an die technische Ausstattung.

Dass Rechtsabteilungen die Vorteile von Technologie erkannt haben, heißt im Umkehrschluss allerdings nicht, dass sie diese auch in ihre Praxis implementiert haben. Der Grund hierfür sind laut Studie organisatorische Probleme, Schwierigkeiten beim Change-Management und Widerstand der Geschäftsleitung gegen Veränderung. Noch dazu fehlt es häufig an einer umfassenden Technologiestrategie.

Wie könnte eine solche Technologiestrategie für Rechtsabteilungen von Unternehmen aussehen?

Jede Rechtsabteilung sollte sich die grundlegende Frage stellen, welche Abläufe es zu verändern gilt, um Prozesse effizienter zu gestalten und dann nach einem entsprechenden Legal-Tech-Anbieter suchen, der diese Anforderungen erfüllen kann. Wie arbeite ich aktuell und was ist die Soll-Situation? Gute Anbieter erkennen schnell, was der Kunde braucht. Dabei geht es um die richtigen Fragestellungen: Was sind tägliche Probleme? Gibt es Kollaborationen, die einen Informationsaustausch notwendig machen? Denn was sich Rechtsabteilungen von geeigneten Softwarelösungen versprechen, um die Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen in anderen Fachabteilungen produktiver zu gestalten, so werden sie gleiche Ansprüche auch an die Zusammenarbeit mit externen Berater:innen im In- und Ausland stellen.

Was erwarten Rechtsabteilungen darüber hinaus von ihren mandatierten Kanzleien?

Neben dem Einsatz von Technologielösungen erwarten Rechtsabteilungen von Kanzleien eine besondere Expertise in ihrem Bereich. Außerdem sollen sie schnell, professionell und günstig arbeiten. Kanzleien müssen agil arbeiten, was sie nur leisten können, wenn sie eine Strukturordnung beziehungsweise ein Tool haben, das Ihnen dabei hilft. Oft geht es bei der Bearbeitung von Fällen um zeitkritische Fragen, die ein schnelles Handeln erfordern. Schnelle Reaktionen bieten zusätzlich einen Wettbewerbsvorteil: Je schneller man auf Informationen zugreifen kann, desto besser.

Welche Schritte können Rechtsabteilungen in Unternehmen gehen, um innovative Technologien effektiv zu nutzen?

Bei einem Change-Prozess sind immer Menschen beteiligt. Das Stichwort lautet hier: Verantwortlichkeit. Es liegt in der Verantwortung des Unternehmens, die Mitarbeiter:innen von dem Einsatz neuer Technologien zu überzeugen und sie abzuholen. Mit der Veränderung des Arbeitsalltags müssen die Mitarbeiter:innen aus ihrer Komfortzone raus. Das funktioniert nur, wenn alle an einem Strang ziehen. Aus diesem Grund ist auch eine Schulungsabteilung, die den richtigen Umgang mit dem Tool vermittelt, unabdingbar.

Gleichzeitig muss es bei einer Softwareeinführung auch immer einen Verantwortlichen geben, der das Projekt vorantreibt. Die Rechtsabteilungen möchten zudem nicht von E-Mails mit Fragen aus den Fachabteilungen überflutet werden, zeigen sich entsprechend offen für elektronische Ticketsysteme und möchten Verantwortung für die Vertragsdokumentation an die jeweils zuständigen Abteilungen abgeben, um nur bei tatsächlich juristischen Fragen zurate gezogen zu werden. Es gilt: Ein schlecht aufgesetzter analoger Prozess wird auch kein guter digitaler Prozess.

Aswin Parkunantharan ist Director Legal Departments bei Wolters Kluwer Deutschland. In dieser Funktion ist er mit einem klaren Fokus auf Softwarelösungen für Rechtsabteilungen für das Vertriebs- und Consultingteam sowie die strategische Weiterentwicklung des Produktportfolios verantwortlich. Zuvor war Aswin Parkunantharan in diversen Führungsrollen, unter anderem beim internationalen Marktforschungsinstitut YouGov Deutschland und bei UPS, in Kundenakquisition, Kundenmanagement und Coaching tätig. Er ist studierter Wirtschaftsjurist mit den Schwerpunkten Vertrieb und Consulting.
Bildnachweis: Unsplash / Campaign Creators

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