Pünktlich zum Inkrafttreten der DSGVO erschien die 6. Auflage des „Auernhammer DSGVO/BDSG“ von Wolters Kluwer Deutschland. Wir sprachen mit Rechtsanwalt Dr. Philipp Kramer, einem der Herausgeber.
Das Thema DSGVO ist auch vier Wochen nach Inkrafttreten noch überall präsent und man hat das Gefühl, zu viele Informationen zu haben. Können Sie in wenigen Sätzen sagen, was man wirklich über die DSGVO wissen muss?
Die DSGVO regelt – ähnlich wie das alte Bundesdatenschutzgesetz – gemeinsam mit nationalen Sondervorschriften im neuen BDSG seit dem 25.05.2018 fünf Fragen, die sich ein Unternehmen oder eine öffentliche Stelle des Bundes bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zufriedenstellend beantworten muss:
- Ist die Verarbeitung der von uns verwendeten personenbezogenen Daten erlaubt?
- Haben wir die von der Verarbeitung betroffenen Personen über die Datenverarbeitung hinreichend informiert?
- Ist der ab 10 Mitarbeitern häufig zu benennende Datenschutzbeauftragte benannt?
- Sind die gebotenen Sicherheitsmaßnahmen beschrieben und umgesetzt?
- Werden die von uns verarbeiteten Daten nach Ablauf der zulässigen Aufbewahrungsdauer gelöscht?
Gegenwärtig liegt die Mammutaufgabe darin, vollständige Informationstexte zu schaffen, Löschtermine zu fixieren und systematisch umzusetzen.
Ist denn die „gefühlte Panik“ gerechtfertigt?
Panik ist besonders im geschäftlichen wie behördlichen Umfeld ein schlechter Ratgeber. Er befördert Aktionismus, den man bei vielen Unternehmen in den letzten Wochen sehen konnte. Und so kam es mit Blick auf die Deadline 25.05.2018 tatsächlich zu vielen Schnellschüssen. Es wurde viel unternommen, was datenschutzrechtlich nicht geboten ist. Ein Unternehmen muss beispielsweise nicht alle seine Altkunden nach DSGVO informieren oder neue Einwilligungen einholen.
Jetzt, nachdem das neue Recht anzuwenden ist, entspannt sich die Lage und die Unternehmen und Behörden kümmern sich tatsächlich um den Datenschutz und nicht nur darum, vermeintliche Datenschutzanforderungen nach außen hin lieber mehr als gefordert zu erfüllen.
Bereits in der Vorauflage wurde die DSGVO kommentiert. Was ist neu an der 6. Auflage, die jetzt ja nur wenige Monate später erschienen ist?
Die neue Auflage enthält die Kommentierung zum neuen BDSG, dessen Inhalt bei der letzten Auflage noch nicht bekannt war. Aber auch die Kommentierung der DSGVO wurde aktualisiert, um die Rechtsmeinungen der in der Zwischenzeit erschienenen zahlreichen DSGVO-Kommentare zu berücksichtigen. Denn Kommentierung bedeutet vor allem auch, herauszufinden, was herrschende Meinung anderer Juristen ist. Und diese anderen Meinungen konnten umfassend erst mit den neu erschienenen Kommentaren und damit erst in der 6. Auflage berücksichtigt werden. Was unterscheidet den „Auernhammer“ von anderen Werken am Markt?
Philipp Kramer: Der „Auernhammer“ vereinigt pragmatische Auslegungen mit wissenschaftlicher Gründlichkeit. Beide Elemente sind allein gesehen nutzlos. Ein Kommentar, der nur nach dem geht, was die Praxis braucht, hilft dem Anwender nicht. Denn er muss wissen, was die herrschende Meinung ist und was die Aufsichtsbehörden sagen. Ein wissenschaftlicher Kommentar andererseits kann den Praktiker nicht zufriedenstellen. Er möchte nicht in die Tiefe der Datenschutzrechtsfragen geführt werden, sondern erfahren, wie eine Regelung konkret anzuwenden ist und was sie bedeutet.
Die Kombination dieser Pragmatik und der Gründlichkeit ist Markenzeichen des „Auernhammer“.
Was ist Ihnen während Ihrer Arbeit am „Auernhammer“ besonders aufgefallen?
Euphorie! Dass wir Datenschützer jetzt ein EU-Gesetz haben, wird zwar nicht auf einmal dazu führen, dass alle Juristen in Europa die Datenschutzregeln gleich anwenden. Doch im Laufe der Zeit wird es trotz der Spezialgesetze – wie dem neuen deutschen BDSG – Annäherungen geben und weniger eigene nationale Auslegungen. Auch die Aufsichtsbehörden müssen sich künftig abstimmen und werden künftig immer weniger an bundeslandseigenen Auslegungen festhalten können.
Es ist zu erwarten, dass der Schutzgedanke des Datenschutzes nun mehr zur Geltung kommt. Die Grenzen zwischen zulässiger und unzulässiger Datenverarbeitung müssen an verschiedenen Stellen neu justiert werden. Und damit wird im Datenschutz nun mehr argumentiert werden.
Wie ist die Zusammenarbeit unter den drei Herausgebern aufgeteilt? Wie haben Sie sich eingespielt?
Das Herausgeberteam hat vor allem organisatorische Aufgaben. Durch „sechs Augen“, die sich regelmäßig austauschen, schaffen wir eine große Sicherheit, nichts Organisatorisches zu übersehen. Zugleich arbeiten wir eng mit unseren Ansprechpartnern bei Wolters Kluwer und mit den Autoren zusammen. Und natürlich sind wir Herausgeber auch selbst Autoren.
Sie können sich vorstellen, dass es manches Mal unterschiedliche Vorstellungen gibt, wie man bestimmten Organisationsfragen beantwortet. Da schafft ein Dreier-Team eine gute Lösung, weil einer immer den neutralen Part übernehmen kann. Wie bei jeder längeren Zusammenarbeit schweißt einen das gemeinsame Bestehen verschiedener Unwägbarkeiten zusammen.
Und richtig glückliche Momente gibt es dann, wenn die Herausgeber nach bestandenen Organisationsaufgaben in Berlin zusammensitzen – einfach so – und zurückschauen auf die vielen gelesenen Seiten Datenschutzkommentar, die nun allen Lesern zur Verfügung stehen.
Als Autoren konnten Sie ausgewiesene Experten des Datenschutzes gewinnen. Wer sticht hier besonders hervor?
Wir haben nur Autoren, die hervorstechen. Jeder ist für seinen Bereich ein Spezialist, gleich ob in der DSGVO oder in Spezialgesetzen.
Was macht den Reiz aus, Herausgeber zu sein, neben Ihrer beruflichen Tätigkeit?
Die Motivation liegt darin, sich neben den fachlich-pragmatischen Tätigkeiten des Rechtsanwaltsalltags die Zeit nehmen zu können und zu müssen, sich mit bestimmten Artikeln und Paragraphen des Datenschutzrechts noch eingehender zu beschäftigten und zu versuchen, alle Positionen zu Vorschriften zu erfassen und zu bewerten. Das kann im Alltag nicht gelingen. Umso beeindruckender ist es, wenn man sich einmal die Zeit dafür nehmen kann. Und diese Zeit muss man sich als Autor für den Kommentar nehmen, um dann als Belohnung stolz das fertige Werk vor sich sehen zu können.