LSG: Campingplatzmiete als Unterkunftskosten

Die Grundsicherungsleistungen umfassen auch die Kosten der Unterkunft. Leben Hilfesuchende nun in einem Zelt auf einem Campingplatz, stellt sich die Frage, ob die Platzgebühren Unterkunftskosten darstellen und somit vom Grundsicherungsträger übernommen werden müssen.

Der Fall

Der Hilfesuchende bezog Alg II in Höhe des Regelbedarfes. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte er von Juni bis September auf einem Campingplatz einen Zeltplatz angemietet und dort in einem Zelt gelebt. Das Jobcenter hatte die Kostenübernahme für diese Unterbringung abgelehnt, da Zelte keine Unterkunft darstellten.

Die Entscheidung

Das LSG entschied, dass die Zeltplatzmiete tatsächlich Kosten der Unterkunft darstellt. Entscheidend sei zwar laut Gesetz, dass eine bauliche Anlage die beiden Grundvoraussetzungen "Witterungsschutz" und "gewisse Privatsphäre" erfülle. Diese Voraussetzungen dürften allerdings vor dem Hintergrund des Grundrechts auf eine menschenwürdige Existenz und vor sozialstaatlichen Erwägungen nicht überspannt und zu eng ausgelegt werden. Andernfalls würden genau die Menschen benachteiligt, die gerade aus wirtschaftlichen oder persönlichen Gründen kein qualitativ besseres Obdach erlangen können. Die Aufstellung eines Zeltes auf einem umzäunten, bauordnungsrechtlich zugelassenen Campingplatz mit Sanitäranlagen und Stromanschlüssen erfülle diese beiden genannten Mindestvoraussetzungen.

Fazit

An eine Unterkunft im Sinne des SGB II dürfen keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden, andernfalls würden die Menschen benachteiligt, die auf Hilfe angewiesen sind. Deshalb sind auch die Kosten der Miete eines Zeltplatzes auf einem Campingplatz der Wohnraummiete gleichzustellen und somit Kosten der Unterkunft.

Quelle: LTO-Newsletter zum Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 10.02.2022 - L 19 AS 1201/21

Lesen Sie hierzu bitte auch die Ausführungen unseres Autors Prof. Dr. Torsten Schaumberg in Unterkunft und Leistungsberechtigte, die in sonstigen Unterkünften leben.