E-Geld: Ein Universaltauschmittel? – Ein Statement zu den Funktionen des E-Geldes
Recht & Verwaltung29 Dezember, 2021

E-Geld: Ein Universaltauschmittel? – Ein Statement zu den Funktionen des E-Geldes

Dr. Hugo Godschalk*

Das sogenannte »Elektronische Geld« (E-Geld) wird als »neue« Geldart neben Bargeld und Giralgeld (oder Buchgeld) mittlerweile schon seit 20 Jahren in der EU aufsichtsrechtlich reguliert. Die erste E-Geld-Richtlinie (RL 2000/46/EG – im Folgenden EMD1 genannt), die ab dem 27.10.2000 gültig war, wurde 2009 durch die zweite Richtlinie (RL 2009/110/EG – im Folgenden EMD2 genannt) ersetzt. Seitdem ist es um E-Geld relativ ruhig geworden. Eine EMD3 ist nicht in Sichtweite. Es gibt allerdings Überlegungen der Europäischen Kommission, die EMD2 in die geplante dritte Zahlungsdiensterichtlinie (PSD3) zu integrieren. Umso wichtiger ist eine Klärung, welche Anforderungen an E-Geld zu stellen sind und welche Instrumente von der Regulierung erfasst werden.

I. Einleitung

Welches »Geld« wird durch die EMD2 reguliert? Der Begriff E-Geld war damals und ist auch heute noch keine treffsichere Bezeichnung, da außer Bargeld alle Geldarten elektronisch oder digital gestaltet sind. Gemäß Legaldefinition des Art. 2 Nr. 2 der EMD2 muss E-Geld folgende fünf Kriterien erfüllen:

  1. ein elektronisch – darunter auch magnetisch – gespeicherter monetärer Wert
  2. in Form einer Forderung gegenüber dem Emittenten,
  3. der gegen Zahlung eines Geldbetrags ausgestellt wird,
  4. um damit Zahlungsvorgänge i.S.d. Art. 4 Nr. 5 der Richtlinie 2007/64/EG durchzuführen,
  5. und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem E-Geld-Emittenten angenommen wird.

Bedingt durch die dritte Anforderung ist in der Praxis der Begriff »prepaid« ein oft genutztes (aber leicht missverständliches) Kriterium. Bei der Geburt der E-Geld-Regulierung standen vorwiegend die mit Werteinheiten aufgeladenen Chipkarten im Fokus. Heute wird unter E-Geld aufsichtsrechtlich eine breite Palette unterschiedlichster Zahlungsinstrumente subsumiert, wie z.B. PayPal, Amazon Pay, prepaid Mastercard oder prepaid Visa-Karten, die GeldKarte-Applikation im Chip der girocard (oft noch als ec-Karte bezeichnet), bestimmte händlerübergreifende Gutscheinkarten bis hin zu Bonuspunkten in händlerübergreifenden Loyalty-Systemen. Die Auflistung zeigt, dass E-Geld in der Praxis im Gegensatz zu den herkömmlichen Geldarten Bargeld und Giralgeld bezüglich der Reichweite der Nutzung als Zahlungsmittel völlig unterschiedlich ausgestaltet sein kann. Damit stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang ein als E-Geld regulierter monetärer Wert die drei üblich genannten Geldfunktionen als Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel erfüllen soll.

Technisch gesehen kann E-Geld sich sowohl auf Inhaberinstrumente als auch auf kontenbasierte Zahlungsinstrumente (zentrale Kontoführung) beziehen. Nach Vorstellung der Europäischen Kommission sollen demnächst auch Kryptowerte, die wertmäßig an eine einzige nationale Währung gebunden sind und dezentral auf Basis der Distributed Ledger Technology (DLT), auch als Blockchain bekannt, registriert werden, unter den Begriff des E-Geldes fallen.1 Damit würde E-Geld um eine dritte technische Variante (dezentrale Konten) ergänzt werden. In der Praxis spielt E-Geld in dem europäischen Zahlungsverkehr auch nach 20 Jahren weiterhin eine untergeordnete Rolle. Ca. 5 % der bargeldlosen Zahlungen in der EU werden 2020 statistisch als E-Geld-Zahlungen eingestuft, während im Vergleich dazu Kartenzahlungen 50 % ausmachen.2

Im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Werteinheiten (z.B. Meilen) eines Kundenbindungs- bzw. Rabattsystems als E-Geld einzustufen sind, wird neuerdings von Omlor prominent die These vertreten, dass E-Geld die Geldfunktionen als »Recheneinheit« und als »neutrales Universaltauschmittel« erfüllen muss.3 Die Bezeichnung »universal« bezieht sich dabei nicht auf das räumliche Universum, sondern auf die »universelle Anerkennung im Verkehr« und schließt eine Beschränkung der Produktauswahl aus.4 Diese Annahme führt zu dem nicht überraschenden Ergebnis, dass Treuepunkte diese funktionalen Anforderungen in der Regel nicht erfüllen: »Um die Geldfunktion als neutrales Universalmittel zu erfüllen, genügt es nicht, wenn lediglich eine limitierte Gruppe von Gütern im Tausch erlangt werden kann. Das Eingreifen geldrechtlicher Regeln setzt ein Mindestniveau an gesellschaftlich-volkswirtschaftlicher und damit auch rechtlicher Relevanz voraus.«; »Unvereinbar mit der Tauschmittelfunktion des Geldes sind hingegen sachliche Beschränkungen«.5 Einer räumlichen oder personellen Einschränkung des Tauschmittels würde dessen Qualifizierung als Universaltauschmittel nicht entgegenstehen. Das Adjektiv »neutral« wird nicht weiter erläutert.

Omlor begründet seine These, E-Geld solle die Geldfunktionen als Recheneinheit und als neutrales Universaltauschmittel erfüllen, im Wesentlichen mit drei Argumenten:

  1. Die Verwendung des Begriffes »Geld« sei Bestandteil des aufsichtsrechtlichen Begriffes »E-Geld«.
  2. Die Legaldefinition des E-Geldes (gemäß EMD2 und ZAG) enthalte das Tatbestandsmerkmal »monetärer Wert«.
  3. Der europäische Gesetzgeber positioniere E-Geld als »elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten« gemäß dem Erwägungsgrund Nr. 13 der EMD2.

Die These, das E-Geld solle die Funktion des Universaltauschmittels6 erfüllen, steht jedoch im eindeutigen Widerspruch zur Genese des Begriffs E-Geld, zur bisherigen europäischen Regulierung des E-Geldes (EMD1 bzw. EMD2) sowie zur Verwaltungspraxis der BaFin und anderer nationaler Aufsichtsbehörden. Im Folgenden werden die drei Kernargumente daher kritisch analysiert.

II. Die Gegenthese

Zu 1. Die Verwendung des Begriffes »Geld« als Bestandteil des aufsichtsrechtlichen Begriffes »E-Geld«

a) Die Entstehung von »E-Geld«

Rechtshistorisch wird der Begriff E-Geld (e-money) erst seit 1996 in Veröffentlichungen der Bank of International Settlements (BIS) verwendet,7 in denen die Notwendigkeit der aufsichtsrechtlichen Regulierung dieser damals in Europa neuen vorausbezahlten Zahlungsinstrumente auf Basis der Chipkartentechnologie erörtert werden. Davor (Mai 1994) wurden die neuen Produkte von der Working Group on EU Payment Systems in dem »Report to the Council of the European Monetary Institute on Prepaid Cards« noch als »multi-purpose prepaid card« und »electronic purse« bezeichnet.8 Zu diesem Zeitpunkt gab es im Markt bereits einige von Telekommunikationsgesellschaften ursprünglich als »single purpose« herausgegebene Telefonkarten, die auch für weitere Zwecke (z.B. Nahverkehr) eingesetzt werden konnten. In mehreren EU-Staaten gab es außerdem Überlegungen und sogar erste Pilotprojekte der Banken, die chipbasierte Debitkarte mit einer zusätzlichen »elektronischen Geldbörse« (e-purse als Zusatzapplikation) für Kleingeldzahlungen im Handel auszustatten. Bedingt durch die »multi-purpose«-Verwendung dieser Karten würden die Werteinheiten Geldeigenschaften (»characteristics of money«) erhalten.9 Zu diesem Zeitpunkt waren die Entwicklung und der Erfolg derartiger Produkte noch nicht absehbar: »Nevertheless, the development of electronic purses is still embryonic and the extent to which they will develop is not easily predictable.«10 Zu dieser Zeit wurden zusätzlich Zahlungssysteme entwickelt und erprobt, in denen digitale Werteinheiten (»digital cash«) durch Übertragung von PC zu PC als Zahlungsmittel im Internet (ebenfalls »multi purpose«) genutzt werden konnten. Bei der Begriffsfestlegung »e-money« durch die Zentralbanken wurden diese Produkte, die in den nachfolgenden Jahren allerdings keine Marktreife erlangen konnten, 1996 ebenfalls unter dem Begriff »e-money« subsumiert. Sämtliche damals als E-Geld klassifizierten Produkte (wie »elektronische Geldbörsen« auf Chipkartenbasis) waren im europäischen Markt erfolglos und sind bis auf wenige Nischen-Produkte (wie die GeldKarte in Deutschland) vom Markt verschwunden. Sie haben nie die Bedeutung eines Universaltauschmittels erlangt.

b) »E-Geld« aus der Sicht der Zentralbanken

Die erstmalige Verwendung des Begriffs »Geld« in Bezug auf diese Produkte durch die Zentralbanken beruht auf dem theoretischen Potenzial der Entfaltung der Geldfunktionen dieser Produkte und auf der damaligen Erwartungshaltung der zukünftigen Marktentwicklung auf Basis der Intentionen der damaligen Anbieter. »In contrast to the many existing singlepurpose prepaid card schemes (such as those offered by telephone companies), e-money products are intended to be used as a general, multi-purpose means of payment.«11 (Hervorhebung durch Verfasser). Die regulatorische Bezeichnung dieser Produkte als (elektronisches) »Geld« geht demnach auf das Potenzial dieser Produkte als Zahlungsmittel für unterschiedliche Produkte und Dienstleistungen zurück. An keiner Stelle gab es Überlegungen – geschweige denn rechtliche Vorgaben –, dass das neue E-Geld die aus volkswirtschaftlicher und rechtlicher Sicht erforderliche Minimalfunktion des Geldes als Tauschund Zahlungsmittel12 in einem bestimmten Umfang und gewisser Intensität erfüllen muss. Als Voraussetzung für E-Geld wurde nur die Eigenschaft als Mehrzweck-Zahlungsmittel (in Abgrenzung zu Einzweck-Zahlungsmitteln) genannt. Aus Zentralbanksicht war die Bezeichnung »Geld« für diese Mehrzweck-Produkte offensichtlich gerechtfertigt. Die entscheidende Grundlage für die spätere europäische Regulierung des E-Geldes (EMD1/2000) war der EZB-Bericht »Report on Electronic Money« (August 1998). In diesem Bericht verwendet die EZB noch das produktbezogene Ein-bzw. Merkzweckkriterium als definitorische Abgrenzung des E-Geldes. Auf Basis dieses Kriterium werden die Systeme in drei Gruppen aufgeteilt:13

  1. Single-purpose schemes
  2. Limited-purpose/smaller schemes
  3. Multi-purpose schemes

Die Regulierung der ersten Gruppe wurde von der EZB als nicht erforderlich erachtet. Wenn das Produkt schon für eine begrenzte Anzahl von Zwecken (limited purpose) als Zahlungsmittel eingesetzt werden kann, forderte die EZB eine aufsichtsrechtliche Einstufung als erlaubnispflichtiges E-Geld. Zu diesem Zeitpunkt plädierte die EZB sogar für eine Emission der limited- und multi-purpose-Produkte ausschließlich durch Kreditinstitute.14 Bereits ein ZweizweckZahlungsprodukt (Telefon & öffentlicher Nahverkehr) würde in die erlaubnispflichtige E-Geld-Kategorie »limited purpose« fallen, allerdings – nach Ansicht der EZB – unter weniger strengen aufsichtsrechtlichen Auflagen. Die Gruppe der »limited-purpose/smaller schemes« wird von der EZB in diesem Bericht ausdrücklich als »electronic money schemes« bezeichnet und fällt damit unter den Begriff »Geld«.15 Als Kriterium zur Abgrenzung gegenüber single-purpose-Produkten bezieht sich die EZB auf die Drittakzeptanz durch Unternehmen, die nicht mit dem Herausgeber der Werteinheiten identisch sind: »for making payments to undertakings other than the issuer«.16 Konsequenterweise wird ein single-purpose-Produkt demnach nicht länger als Einzweck-Produkt definiert (z.B. Telefonkarte, die gegebenenfalls von mehreren Telekommunikationsgesellschaften akzeptiert werden kann), sondern als ein Produkt, das nur von dem jeweiligen Herausgeber als Zahlungsmittel akzeptiert wird (2-Parteien-System). Das single-purpose-Zahlungsmittel kann für unterschiedliche Waren oder Dienstleistungen eingesetzt werden.17

c) »E-Geld« seit der EMD1

Der von der BIS und der EZB geprägte Begriff »E-Geld« wurde von der Europäischen Kommission in der Ersten E-Geld-Richtlinie (EMD1/2000) übernommen und legal-definitorisch festgelegt. In Bezug auf die erforderlichen Geldfunktionen bezieht sich die E-Geld-Definition gem. Art. 1 Nr. 3 (b) der EMD1 nur auf das Kriterium »monetärer Wert« und die Akzeptanz »von anderen Unternehmen als der ausgebenden Stelle als Zahlungsmittel«. Obwohl die Definition an dieser Stelle durch die Verwendung des Plurals (»von anderen Unternehmen«) einen Interpretationsspielraum lässt, führte die Akzeptanz des Zahlungsmittels durch einen Dritten in der regulatorischen Praxis bereits zur Erlaubnispflicht (unter der Voraussetzung, dass die anderen Kriterien der E-Geld-Definition ebenfalls erfüllt waren).18 Hinsichtlich der Zahlungsmittelfunktion wird das Definitionskriterium in der EMD2 (2009) sprachlich modifiziert und um die optionale Akzeptanz von natürlichen Personen ergänzt: Monetärer Wert, »um damit Zahlungsvorgänge im Sinne des Artikels 4 Nummer 5 der Richtlinie 2007/64/EG durchzuführen, und der auch von anderen natürlichen oder juristischen Personen als dem E-Geld-Emittenten angenommen wird« (Art. 2 Nr. 2 EMD2). In Hinblick auf die Geldeigenschaft beinhaltet diese modifizierte, heute gültige Definition der EMD2 keine materielle Änderung. Bedingt durch die erforderliche Umsetzung der oben genannten E-Geld-Richtlinien findet der Begriff E-Geld seitdem auch Eingang in die deutsche Gesetzgebung (zuerst § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 KWG a.F., nach der Umsetzung der EMD2 zum 30.04.2011 § 1 Abs. 2 Satz 2 ZAG). Bis zur Umsetzung der EMD1 wurden die relevanten Produkte im KWG (§ 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 und 12 KWG a.F.) unter die Tatbestände des Geldkarten- und Netzgeldgeschäfts subsumiert (Hervorhebung durch Verfasser). Auch in dieser Frühzeit der gesetzlichen Regulierung derartiger Produkte wird in der gesetzlichen Begriffsfestlegung trotz der gegebenenfalls in Hinblick auf die Produktpalette sehr eingeengten Zahlungsmittelfunktion auf den Begriff »Geld« referenziert.

d) Ausgenommene E-Geld-Produkte nach EMD1

Die EMD1 enthielt gem. Art. 8 die Möglichkeit, dass nationale Aufsichtsbehörden unter bestimmten Voraussetzungen einzelne E-Geld-Produkte von der Anwendung einiger oder aller Bestimmungen der Richtlinie freistellen. In Bezug auf die Zahlungsmittelfunktion lautete die Freistellung gem. Art. 8 Nr. 1 (c) »das von dem Institut ausgegebene elektronische Geld wird als Zahlungsmittel nur von einer begrenzten Anzahl von Unternehmen akzeptiert, die anhand folgender Merkmale eindeutig erkennbar sind:
i) Sie haben ihren Standort in denselben Räumen oder einer sonstigen begrenzten Örtlichkeit, oder
ii) sie unterhalten enge finanzielle oder geschäftliche Verbindungen zum ausgebenden Institut, wie beispielsweise ein gemeinsames Marketing- oder Vertriebssystem.«

Es sei darauf hingewiesen, dass die Produkte der im Einzelfall freigestellten Emittenten gemäß dem Wortlaut der oben genannten Freistellungsoption gesetzlich weiterhin als E-Geld bezeichnet wurden.

e) Bereichsausnahme für E-Geld-Produkte nach PSD1

Bedingt durch die Umsetzung der EMD2 (Art. 1 Nr. 4) erfolgte mit Verweis auf Art. 3 (k) der ersten Zahlungsdiensterichtlinie (RL 2007/64/EG, im Folgenden PSD1 genannt) die Anwendung einer Bereichsausnahme für bestimmte E-Geld-Produkte mit einer begrenzten Zahlungsfunktionalität, die nicht generell festgelegt wurde, sondern bestimmte Voraussetzungen erfüllen musste:

»Dienste, die auf Instrumenten beruhen, die für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen nur in den Geschäftsräumen des Ausstellers oder im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit dem Aussteller entweder für den Erwerb innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern oder für den Erwerb einer begrenzten Auswahl von Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können« (Art. 3 (k) der PSD1).

Bedingt durch die Neufassung der Zahlungsdiensterichtlinie (RL (EU) 2015/2366, im Folgenden PSD2 genannt) wurde die bestehende Bereichsausnahme gem. Art. 3 (k) wie folgt geändert19 (Hervorhebung durch Verfasser):

»Dienste, die auf bestimmten nur begrenzt verwendbaren Zahlungsinstrumenten beruhen, die eine der folgenden Bedingungen erfüllen:
i) die Instrumente gestatten ihrem Inhaber, Waren oder Dienstleistungen lediglich in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten zu erwerben;

ii) die Instrumente können nur zum Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums verwendet werden.«

Im Vergleich zu der Bereichsausnahme der EMD1 hat die Änderung gem. Art. 3 (k) ii, in dem das begrenzte Waren- und Dienstleistungsspektrum durch das Hinzufügen des Wortes »sehr« noch enger gefasst wurde, eine wichtige Auswirkung. Mehrere E-Geld-Produkte mit einer bereits eingeschränkten Zahlungsfunktion konnten mit Hinblick auf den Gläubigerschutz die Bereichsausnahme nicht länger in Anspruch nehmen und wurden der E-Geld-Regulierung unterworfen. Erwägungsgrund 13 der PSD2 erläutert die Hintergründe dieser Verschärfung:

»Aus den Rückmeldungen des Marktes ergibt sich, dass die unter die Ausnahme für begrenzte Netze fallenden Zahlungen häufig beträchtliche Volumen und Werte umfassen und den Verbrauchern Hunderte oder Tausende verschiedener Produkte und Dienstleistungen angeboten werden. Das entspricht nicht dem Zweck der für begrenzte Netze geltenden Ausnahme im Sinne der Richtlinie 2007/64/EG, und es bedeutet, dass für die Nutzer dieser Zahlungsdienste, insbesondere für Verbraucher, größere Risiken bestehen und kein rechtlicher Schutz gewährleistet ist und beaufsichtigten Akteuren am Markt eindeutige Nachteile entstehen.«

f) Zwischenergebnis

  • Der Begriff E-Geld wurde von den Zentralbanken Mitte der 90-er Jahre für digitale Werteinheiten geprägt, die für unterschiedliche Zwecke (multi purpose) als Zahlungsmittel am physischen Verkaufsort oder im Internet genutzt werden konnten. Die Nutzung des Begriffes »Geld geht auf das theoretische und damals tatsächlich erwartete Potenzial dieser neuen Produkte zurück. Die Bezeichnung als »Geld« beinhaltete keine Soll-Vorgabe.
  • Aufgrund des Potenzials wurde die Regulierung dieser Werteinheiten durch die EU-Richtlinie EMD1 (2000) frühzeitig in der EU einheitlich geregelt. Der von den Zentralbanken geprägte Begriff E-Geld wurde im europäischen Recht und demnach in Folge auch in der deutschen Gesetzgebung als Begriff übernommen.
  • Die legalen Voraussetzungen für die Existenz des E-Geldes können hinsichtlich der Geldfunktionalität auch bei Produkten mit einer sehr eingegrenzten Nutzung der Geldfunktionen erfüllt sein. Die Voraussetzungen sind bereits erfüllt, wenn die Werteinheiten als Zahlungsmittel bei einem Dritten, der rechtlich nicht mit dem Emittenten identisch ist, eingesetzt werden können.
  • Die Option einer Freistellung bestimmter E-Geld-Produkte durch nationale Aufsichtsbehörden wurde in der EMD2 (2009) durch eine Bereichsausnahme ersetzt. Die Bereichsausnahme bezieht sich auf spezifische Kriterien für die Begrenzung der Nutzung hinsichtlich der Drittakzeptanz (»limited network«) oder der Produktpalette (»limited range«). Bedingt durch die EU-Richtlinie PSD2 (2015) wurde die Bereichsausnahme hinsichtlich der Produktpalette weiter eingeengt, wodurch bislang nicht regulierte Produkte – trotz der Begrenzung der Produktauswahl – unter die E-Geld-Regulierung fallen.

Hinsichtlich der hier zur Diskussion stehenden Geldfunktion können Produkte, die nur bei einer sehr begrenzten Anzahl von Dritten (auf jeden Fall bereits bei zwei unterschiedlichen Akzeptanzstellen) als Zahlungsmittel genutzt werden können, gesetzlich als elektronisches »Geld« bezeichnet und dementsprechend reguliert werden, wenn die Kriterien der Bereichsausnahme nicht erfüllt sind. Dieser Befund, der der heutigen Verwaltungspraxis der BaFin entspricht, steht in einem klaren Widerspruch zur These von Omlor, wonach, auch bedingt durch die Bezeichnung »Geld«, beim E-»Geld« die Eigenschaft eines Universaltauschmittels gegeben sein muss. Danach wäre die aus seiner Sicht erforderliche Universaltauschmittelfunktion bei einer Einschränkung der Tauschmittelfunktion (z.B. durch die Limitierung von Produktgruppen) nicht erfüllt. In diesem Fall würde kein E-Geld vorliegen. Bereits die Existenz einer gesetzlichen Bereichsausnahme, wonach spezifische Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit diese Produkte nicht als E-Geld reguliert werden, widerspricht dieser Annahme.

g) Praktische Folgen der abweichenden Definition

Produkte mit einer sehr eingegrenzten Tauschmittelfunktion, die nicht die spezifischen Voraussetzungen der Bereichsausnahme erfüllen, unterliegen demnach heute als E-Geld der Regulierung und dürfen nicht erlaubnisfrei herausgegeben werden. Als Praxisbeispiele für E-Geld-Produkte mit einer sehr begrenzten Akzeptanz können im deutschen Markt mehrere Geschenkgutscheinkarten sowie die GeldKarte genannt werden (siehe Tabelle). Die in der Tabelle genannten Produkte unterliegen als E-Geld dem ZAG und damit der BaFin-Aufsicht und müssen von einem Kredit- oder E-Geld-Institut herausgegeben werden. Derartige Gutscheinkarten als Universaltauschmittel zu bezeichnen, wäre zumindest unüblich.

Zu 2. Das Tatbestandsmerkmal »monetärer Wert« gemäß der Legaldefinition des E-Geldes

a) Die gesetzliche Grundlage der Anforderung »monetärer Wert«

Gem. Art. 2 Nr. 2 EMD2 muss E-Geld einen »monetären Wert« darstellen. Das Adjektiv »monetär« ist ausschließlich bedingt durch die Zahlungs- oder Tauschmittelfunktion, die zwingend gegeben sein muss. Es ist nicht erforderlich, dass die Werteinheiten mehrere Geldfunktionen erfüllen sollen. Im Erwägungsgrund Nr. 7 der EMD2 wird nur die Zahlungsmittelfunktion genannt, die durch die Akzeptanz von Dritten begründet wird.

»Der Begriff ,E-Geld‘ sollte eindeutig definiert werden, damit er technisch neutral ist. Diese Definition sollte alle Fälle abdecken, in denen ein Zahlungsdienstleister geldwerte Einheiten gegen Vorauszahlung bereitstellt, die für Zahlungen verwendet werden können, weil sie von Dritten als Zahlung akzeptiert werden.«

b) Der weitere Begriff der »geldwerten Einheit«

Der an dieser Stelle verwendete Begriff »geldwerte Einheiten« deutet sogar auf eine weitere abschwächende Differenzierung gegenüber dem herkömmlichen Begriff »Geld« hin. Analog dem Begriff »geldwerter Vorteil« können die Einheiten sich demnach auch auf Sachwerte beziehen, die in Einheiten ausgedrückt werden. Die geldwerten Einheiten müssen sich demnach nicht auf die allgemeine Recheneinheit des jeweiligen Währungsraums beziehen (wie z.B. Euro). Der im Erwägungsgrund 7 verwendete Begriff »geldwerte Einheit« beruht übrigens auf der deutschen Übersetzung der maßgeblichen englischen Version der EMD2. Hier wird nur der Begriff »value« ohne Geldbezug verwendet.

Gemäß der EMD2 liegen sogar monetäre Werte vor, wenn vorausbezahlte Produkte aufgrund spezifischer Kriterien in die oben erläuterte Bereichsausnahme (limited network bzw. limited range) fallen und demnach aufsichtsrechtlich kein E-Geld mehr darstellen. Art. 1 
Nr. 4 der EMD2 besagt (Hervorhebung durch den Verfasser):

»Diese Richtlinie gilt nicht für den monetären Wert, der auf Instrumenten gespeichert ist, die unter die Ausnahmeregelung nach Artikel 3 Buchstabe k der Richtlinie 2007/64/EG fallen.«

Ein monetärer Wert liegt demnach auch vor, wenn die Zahlungsfunktion der jeweiligen Produkte in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Dieser Befund wird durch die Aussagen der BaFin bestätigt. In dem ZAG-Merkblatt definiert die BaFin den Begriff »monetärer Wert« wie folgt (Hervorhebungen durch den Verfasser):

»Elektronisches Geld ist zuvorderst ein monetärer Wert. Ein monetärer Wert ist jede Art von Zahlungsmittel. Der Begriff des monetären Werts erfasst neben gesetzlichen Zahlungsmitteln jede Art von Tauschmittel, das allgemein oder auch nur in einem bestimmten soziokulturellen Umfeld oder auch nur von den Parteien einer multilateralen Rahmenvereinbarung als Bezahlung für bestimmte Waren oder Dienstleistungen akzeptiert wird.«20

c) Zwischenergebnis

Das gesetzliche Definitionsmerkmal »monetärer Wert« des E-Geldes bedingt demnach nicht die von Omlor vertretene These, dass E-Geld die Geldfunktionen als Recheneinheit und neutrales Universaltauschmittel zu erfüllen hat. Entscheidend ist ausschließlich die Zahlungsmittelfunktion in einem Drei-Parteien-Verhältnis.

Zu 3. Die Beschreibung des E-Geldes als »elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten« gemäß dem Erwägungsgrund Nr. 13 der EMD2


a) Der ursprünglich in den Blick genommene Anwendungsbereich

Im Erwägungsgrund 3 der EMD1 (2000) wurde aufgrund der damaligen im Markt befindlichen Produkte (vorwiegend Chipkarten für Kleingeldzahlungen) das E-Geld wie folgt beschrieben:

»Für die Zwecke dieser Richtlinie kann elektronisches Geld (E-Geld) als elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten betrachtet werden, das elektronisch, beispielsweise auf einer Chipkarte oder in einem Computer, gespeichert wird und das generell dafür gedacht ist, Kleinbetragszahlungen elektronisch durchzuführen.«

Es handelt sich um eine Beschreibung des Konzepts der damaligen Produkte. Sämtliche E-Geld-Produkte waren zu diesem Zeitpunkt digitale Werteinheiten, die auf ein Trägermedium als Inhaberinstrument im Besitz des Zahlers (Chipkarte oder PC) dezentral gespeichert waren. Wie Bargeld, das der Geldhalter als analoge und materielle Werteinheit buchstäblich in den Händen hält, ist das ursprüngliche »genuine« E-Geld sein digitales Äquivalent, gespeichert auf einem Medium, das sich ebenfalls im Besitz des Geldhalters befindet. Beide Produkte sind Inhaberinstrumente. Ein Verlust des Trägermediums führte – wie Bargeld – zum Verlust der Werteinheiten. Das Konzept des E-Geldes war »echtes« digitales Bargeld und demnach nicht vergleichbar mit kontenbasierten Sichteinlagen. In diesem Sinne war es ein »electronic surrogate for coins and banknotes« (Orginaltext des Erwägungsgrundes 3 der EMD1), konzipiert für Kleingeldzahlungen. Auch der deutsche Gesetzgeber bezieht sich auf die konzeptionelle Übereinstimmung des damaligen E-Geldes mit Bargeld: »Die elektronischen Zahlungseinheiten sind daher in beiden Formen [Geldkarte und Netzgeld – Anm. des Verfassers] wie Bargeld vorausbezahlte Inhaberinstrumente. Zum Teil werden sie auch ausdrücklich als elektronische Noten oder Münzen bezeichnet.«21

b) E-Geld als Pendant zum Bar- und Buchgeld

Aus diesem Grund sollte das neue E-Geld nicht als Sichteinlagengeschäft oder als Sonderform des Buchgeldes22 reguliert werden, sondern eine produktgerechte Regulierung wurde als notwendig erachtet:

»Die Einführung einer besonderen Aufsichtsregelung für E-Geld-Institute […] ist wünschenswert und dadurch gerechtfertigt, dass die Ausgabe von elektronischem Geld angesichts seiner spezifischen Eigenschaften als elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten als solche keine Entgegennahme von Einlagen im Sinne des Artikels 3 der Richtlinie 2000/12/EG darstellt, wenn der entgegengenommene Betrag unmittelbar gegen elektronisches Geld eingetauscht wird.«

(Erwägungsgrund 7 der EMD1)

Aus der konzeptionellen Analogie zwischen einer materiellen Werteinheit (aus Papier oder Metall) und einem digitalen Äquivalent kann jedoch keine Forderung nach einer Erfüllung sämtlicher Geldfunktionen und die Qualifikation als Universaltauschmittel für E-Geld abgeleitet werden, die beim Bargeld durch die Alleinstellung einer Zentralbank bei der Emission und durch die gesetzliche Privilegierung als alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel mit Annahmezwang entstehen. Die geforderte Qualifizierung als Universaltauschmittel ist bereits durch die fehlende Funktion als gesetzliches Zahlungsmittel eingeschränkt. Bei der Bezeichnung Bargeld-Surrogat handelt es sich keineswegs um eine Soll-Vorgabe, worauf schon das Verb »kann« im Erwägungsgrund Nr. 3 der EMD1 hindeutet.

c) Kein Bargeldersatz

Die Aussage »elektronischer Ersatz« bezieht sich auf das technische Konzept als elektronisches Bargeld in Abgrenzung zum (in der Regel ebenfalls elektronischen) Giralgeld und nicht auf das Potenzial einer Substitution des Bargeldes. Da Bargeld als Zahlungsmittel im Internet bekanntlich ungeeignet ist, konnten die zu diesem Zeitpunkt geplanten, im Laborstadium befindlichen E-Geld-Produkte, die von Computer zu Computer im Internet als Zahlungsmittel genutzt werden sollen (Stichwort »digital cash«), das in diesem Segment nicht genutzte Bargeld gar nicht ersetzen. Eine bargeldersetzende Funktion konnten nur die bereits im Markt befindlichen Produkte (damalige Chipkarten für Kleingeldzahlungen am physischen Verkaufsort) ausüben. In der EMD2 wird die Aussage im Erwägungsgrund 13 – ebenfalls wieder in Hinblick auf die Abgrenzung des E-Geld-Geschäfts gegenüber dem nur Kreditinstituten vorbehaltenen Einlagengeschäft – wiederholt. Der erneute Hinweis auf die Bargeldersatzeigenschaft des E-Geldes bezieht sich auf die Zahlungsfunktion im Gegensatz zur Wertaufbewahrungsfunktion (Zahlungen »zu Sparzwecken«):

»Angesichts der spezifischen Eigenschaften von E-Geld als elektronischer Ersatz für Münzen und Banknoten, der für Zahlungen — gewöhnlich kleinerer Beträge — und nicht zu Sparzwecken verwendet wird, stellt die Ausgabe von E-Geld als solche keine Entgegennahme von Einlagen im Sinne der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute dar.«

Auch die BaFin bezieht sich im aktuellen ZAG-Merkblatt auf das ursprüngliche Konzept des E-Geldes: »Insgesamt konzeptioniert ein »E-Geld« in den einzelnen Etappen der Regulierung durchgängig als elektronischer Ersatz für Bargeld (Münzen und Banknoten), das grundsätzlich nicht zu Sparzwecken verwendet wird und eher lediglich kleinere Beträge umfasst.«23

Bei der Überprüfung der EMD1 stellte die Europäische Kommission in dem Review Report (2006) bereits fest, dass das herkömmliche E-Geld in Form des digitalen Bargeldes (chipkartenbasierte elektronische Geldbörsen) im europäischen Markt nur in einem sehr begrenzten Umfang und Umfeld die Zahlungsfunktion entfalten konnte (Hervorhebung durch Verfasser):

»Only in the Benelux countries have the local e-purse schemes reached a critical mass, and even in countries where take-up has been relatively high, e-money cards are still used almost exclusively at unmanned stations (public telephones, car parks, vending machines) and have not gained widespread acceptance among merchants and consumers for other everyday transactions. There are no indications to suggest that the vision of e-purses gradually replacing banknotes and coins as the preferred means of payments for everyday purchases will become a reality, at least not in the near future.«24

Trotz dieser nicht in Erfüllung gegangenen Vision werden derartige E-Geld-Produkte mit einer sehr eingeschränkten Geldfunktion (vorwiegend Nutzung an Automaten) weiterhin als E-Geld klassifiziert und demnach reguliert. Die damalige Einschätzung der Kommission war übrigens realistisch. Mittlerweile sind in der EU – mit Ausnahme der GeldKarte in Deutschland – sämtliche »e-purses« oder andere auf einem Trägermedium gespeicherten elektronischen Werteinheiten von den Banken wegen Erfolglosigkeit aus dem Markt genommen.

d) Aktuelle Funktion und Nutzung von E-Geld

Das 2019 in der EU in Umlauf befindliche E-Geld ist zu 99 % kontenbasiert. Die E-Geld-Konten werden bei Kreditinstituten und E-Geld-Instituten geführt. Dieses kontenbasierte E-Geld zeigt konzeptionell eine direkte Nähe zu Sichteinlagen, obwohl die Werteinheiten weiterhin nur für Zahlungszwecke gehalten werden. Das ursprünglich als digitales Bargeld konzeptionierte E-Geld ist innerhalb der EU kaum noch existent. Das Gesamtvolumen der E-Geld-Zahlungen in der EU betrug 2020 fast 260 Mrd. €, davon wurden fast 80 % für Internet-Zahlungen (vorwiegend Paypal) genutzt.25 Das ursprüngliche Konzept, das in der Regulierung als »Bargeldersatz« bezeichnet wurde, ist heute weit von der Realität entfernt, da das E-Geld als vorwiegend genutztes Internet-Zahlungsmittel kein Bargeld ersetzen kann. Auch aus diesem Grund ergibt sich keine Forderung zur Qualifikation als Bargeldersatz. Auch die ursprüngliche Feststellung, dass E-Geld vorwiegend für Kleingeldzahlungen genutzt wird, ist durch die oben beschriebene Produktänderung obsolet geworden. Der Durchschnittsbon einer E-Geld-Zahlung betrug 2020 in der EU im Durchschnitt 42,00 € und lag damit über dem Niveau einer Kartenzahlung (36,70 €).

III. Fazit

Für die aufsichtsrechtliche Einstufung monetärer Werteinheiten als E-Geld ist es unerheblich, ob die Werteinheiten die Geldfunktion »Universaltauschmittel« erfüllen und volkswirtschaftlich gesehen eine gewisse Relevanz als »Geld« aufweisen. Die Tatbestandsvoraussetzung einer Zahlungsfunktion ist bereits gegeben, wenn die monetären Werteinheiten von einer anderen natürlichen oder juristischen Person als dem E-Geld-Emittenten als Zahlungsmittel angenommen werden. Die Bereichsausnahme zeigt außerdem, dass auch bei einer Begrenzung der Auswahl der mit den monetären Einheiten zu erwerbenden Produkte und Dienstleistungen die Tatbestandsvoraussetzungen des E-Geldes erfüllt sein können.

Praxisrelevant ist dieses Ergebnis etwa für die aufsichtsrechtliche Beurteilung, ob die monetären Werteinheiten der händlerübergreifenden und überregionalen Loyalty-Systeme, wie Payback, DeutschlandCard oder Lufthansa Miles & More, als E-Geld gemäß ZAG einzustufen sind und demnach einer ZAG-Erlaubnispflicht unterliegen. Bei der Frage, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des E-Geldes gemäß der ZAG-Legaldefinition erfüllt sind oder nicht, spielt eine Eigenschaft der Bonuspunkte als »Universaltauschmittel« keine Rolle. Ob E-Geld auf der gleichen Qualifikationsstufe wie Bargeld und Buchgeld als »Geld« im Rechtssinne einzuordnen ist, sei dahingestellt.

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* Der Autor ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung PaySys Consultancy GmbH.

1 Siehe den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Verordnung »on Markets in Crypto-assets« (MiCAR) v. 24.09.2020. Gem. Art. 43 sollen E-Geld-Token als E-Geld im Sinne der EMD2 gelten. Zu MiCAR, siehe Mienert ZdiW 2021, 148; Ritz ZdiW 2021, 144; Zilgalvis ZdiW 2021, 97 und Siadat RdF 2021, 12.
2 Siehe ECB Statistical Data Warehouse.
3 Vgl. Omlor WM 2020, 951, 955.
4 Vgl. Omlor WM 2020, 951, 954.
5 Omlor WM 2020, 951, 954.
6 Auf die von Omlor ebenfalls geforderte Erfüllung der Geldfunktion »Recheneinheit« wird an dieser Stelle nicht eingegangen.
7 Siehe BIS, Implications for central banks of the development of electronic money, Basel October 1996.
8 Siehe Working Group on EU Payment Systems, Report to the Council of the European Monetary Institute on Prepaid Cards, May 1994, S. 1.
9 Vgl. Working Group on EU Payment Systems, Report to the Council of the European Monetary Institute on Prepaid Cards, May 1994, S. 1.
10 Working Group on EU Payment Systems, Report to the Council of the European Monetary Institute on Prepaid Cards, May 1994, S. 1.
11 BIS, Implications for central banks of the development of electronic money, Basel October 1996, S. 1.
12 Vgl. Herrmann, Währungshoheit, Währungsverfassung und subjektive Rechte, 2010, S. 68 ff.
13 Vgl. ECB, Report on Electronic Money, 1998, S. 31.
14 Vgl. ECB, Report on Electronic Money, 1998, S. 31
15 Vgl. ECB, Report on Electronic Money, 1998, S. 2.
16 Vgl. ECB, Report on Electronic Money, 1998, S. 7.
17 Vgl. ECB, Report on Electronic Money, 1998, S. 31.
18 Vgl. Findeisen, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl. 2020, § 1 ZAG, Rn. 125.
19 Zusätzlich wurde die Bereichsausnahme um eine weitere Subkategorie iii (sog. Sozialkarten) ergänzt.
20 Merkblatt »Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)« – geändert am 29.11.2017 – zum E-Geld-Geschäft (§ 1 Abs. 2 Satz 2 ZAG).
21  BT-Drucks. 13/7142, S. 64
22  Omlor stuft das E-Geld als Sonderform des Buchgeldes ein. Vgl. Omlor WM 2020, 951, 954. Zumindest für das nicht-kontenbasierte E-Geld in Gestalt eines Inhaberinstruments ist diese Einstufung abzulehnen. Auch in der PSD2 wird E-Geld gem. Art. 4 Nr. 25 ausdrücklich als eigenständige Geldart neben Banknoten, Münzen und Buchgeld (»scriptural money«) betrachtet.
23 Merkblatt »Hinweise zum Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG)« – geändert am 29.11.2017 – zum E-Geld-Geschäft (§ 1 Abs. 2 Satz 2 ZAG).
24 Commission Staff Working Document on the Review of the E-Money Directive (2000/46/EC), 19.07.2006, SEC(2006) 1049, S. 7.
25 Quelle: ECB Statistical Data Warehouse (ohne UK). Über 70 % des E-Geld-Zahlungsvolumens (258,5 Mrd. €) wird durch die in Luxemburg ansässigen E-Geld-Emittenten PayPal und Amazon Payments Europe generiert.

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