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Recht & Verwaltung12 Dezember, 2023

Disziplinarrecht für Beamte – Ein Überblick der Handlungsmöglichkeiten für Schulleitungen

Julia E. Herbst, Referentin für Schulrecht im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Mecklenburg-Vorpommern

Lesezeit: ca. 8 Minuten

Das Themengebiet „Rechte und Pflichten von Angestellten und Beamtinnen und Beamten im Bildungsbereich“ ist stets von hohem Interesse. Insbesondere wenn nicht alles so läuft wie gedacht oder die Belastung hoch ist entstehen möglicherweise Interessenkonflikte zwischen Schulleitung und Lehrkräften.

Bei Pflichtverletzungen und Fehlverhalten ist das Disziplinarrecht für Beamte ein wesentlicher Bestandteil der öffentlichen Verwaltung und gewährleistet die Einschätzung wie ein Verhalten dienstlich einzuordnen ist und sorgt für eine Aufrechterhaltung von dienstlicher Ordnung, der Einhaltung der Dienstpflichten und letztendlich somit auch für das Ansehen der Behörde Schule im staatlichen Bildungssystem.

Dabei ergeben sich grundlegend für verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer die allgemeinen Rechte und Pflichten aus dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und dem Beamtengesetz des jeweiligen Bundeslandes sowie den schulgesetzlichen Vorschriften und Kompetenzzuweisungen (bzw. der gesetzlichen Übertragung von Befugnissen). Mit diesen zugrundeliegenden Pflichten wird sich ein Beitrag in einer der nächsten Sonderausgaben befassen.

Lehrkräfte sind ebenso Landesbeamte oder Angestellte im öffentlichen Dienst, wie auch beispielsweise Kommunal- oder auch Polizeibeamte. Diese besondere Rolle geht einher mit besonderen Rechten aber auch mit besonderen Pflichten. Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen des Disziplinarrechts für Beamte und in der analogen Anwendung ebenso für Angestellte im öffentlichen Dienst in Bezug auf die Aufgabe der Einhaltung aller Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Schulleitungen nach den Schulgesetzten der Länder erläutert und in einem ersten Überblick die Handlungsmöglichkeiten nach den disziplinarrechtlichen Vorgaben aufgezeigt.

Rechtliche Grundlagen des Disziplinarrechts für Beamte

Das Disziplinarrecht für Beamte ist in Deutschland auf verschiedenen Ebenen geregelt. In der Regel unterliegen Lehrerinnen und Lehrer als Landesbeamte den Disziplinargesetzen der jeweiligen Bundesländer, welche auch die verwaltungsrechtlichen Verfahrensabläufe des Disziplinarverfahrens regeln. Diese Landesgesetze orientieren sich jedoch nach dem Prinzip der Normenhierarchie „oben sticht unten“ am Bundesdisziplinargesetz und enthalten vergleichbare Bestimmungen. Die rechtlichen Grundlagen des Disziplinarrechts für Beamte umfassen unter anderem:

Bundesdisziplinargesetz (BDG)

Das Bundesdisziplinargesetz regelt die Disziplinarmaßnahmen für Bundesbeamte und dient als Orientierung für die Landesdisziplinargesetze. Es legt die Grundstruktur des Disziplinarrechts fest und definiert die möglichen Disziplinarmaßnahmen.

Landesdisziplinargesetze (LDG)

Die Landesdisziplinargesetze variieren von Bundesland zu Bundesland, richten sich aber im Allgemeinen nach dem BDG. Sie enthalten spezifische Regelungen für Landesbeamte, einschließlich Lehrerinnen und Lehrer, und legen die zuständigen Disziplinarbehörden, den Ablauf und das Verfahren sowie mögliche Rechtsfolgen (Sanktionen) bei Pflichtverletzungen und dienstlichem Fehlverhalten fest.

Dienstordnungen

Dienstordnungen (z.B. ADO Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen in NRW) sind interne Regelungen, die für Beamte gelten und deren Pflichten, Rechte und Verantwortlichkeiten festlegen. Schulleitungen sollten sich mit den dienstrechtlichen Bestimmungen vertraut machen, um ihren Lehrkräften klare (An-)Weisungen geben zu können.

Hinweis: Zu unterscheiden ist weiterhin zwischen dem Vorgesetzten und dem Dienstvorgesetzten. Im Bildungsbereich gemäß den Schulgesetzen der Länder i.d.R. zwischen der vorgesetzten Schulleitung und dem Dienstvorgesetzten (Nds: Schulfachlicher Dezernentin/Dezernent, M-V: Schulrätin/Schulrat, Sachsen: Schulreferentin/Schulreferent, etc.) der Rechts- und Fachaufsicht (Staatliches Schulamt, Regionales Landesamt für Schule, etc.).

Die Definitionen in den Landesbeamtengesetzen sind vergleichbar, beispielhaft hier § 3 Abs. 3 des Niedersächsisches Beamtengesetzes (NBG): Vorgesetzte oder Vorgesetzter ist, wer befugt ist, der Beamtin oder dem Beamten für die dienstliche Tätigkeit Weisungen zu erteilen.

§ 3 Abs. 2 NBG: Dienstvorgesetzte oder Dienstvorgesetzter ist, wer für die beamtenrechtlichen Entscheidungen über die persönlichen Angelegenheiten der ihr oder ihm nachgeordneten Beamtin oder Beamten zuständig ist.

Disziplinarmaßnahmen und ihre Anwendung

Das Disziplinarrecht sieht verschiedene Maßnahmen vor, die gegen Lehrkräfte, welche eine Dienstpflichtverletzung begangen haben, verhängt werden können. Zu den möglichen Disziplinarmaßnahmen gehören beispielhaft gemäß § 6 Satz 2 BDG:

Im außerbehördlichen Verfahren bei leichten Pflichtverstößen (Verfahren außerhalb des Disziplinargesetzes), formlos anwendbar unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch die vorgesetzte Schulleitung:

  • mündliche Belehrung
  • mündliche Rüge
  • mündliche oder schriftliche Ermahnung
  • mündlicher oder schriftlicher Hinweis auf die Rechtslage
  • Erteilung dienstlicher Weisung oder Verweis

Im behördlichen (Rechts- und Fachaufsicht oder oberste Landesbehörde) Verfahren bei schwerwiegenden Pflichtverstößen (Verfahren nach dem Disziplinargesetz) sind folgende Sanktionsmöglichkeiten möglich:

  • Verweis gemäß § 6 Satz 1 BDG
  • Geldbuße bis zur Höhe eines Monatsgehaltes gemäß § 7 BDG
  • Kürzung der Dienstbezüge gemäß § 8 BDG
  • Kürzung des Ruhegehaltes gemäß § 11 BDG

In Fällen von besonders schwerwiegenden Pflichtverstößen erfolgt die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gemäß §§ 45 ff. BDG mit den möglichen Maßnahmen:

  • Zurückstufung gemäß § 9 BDG
  • Entfernung aus dem Dienst gemäß § 10 BDG
  • Aberkennung des Ruhegehaltes gemäß § 12 BDG

Handlungsmöglichkeiten für Schulleitungen

Als Schulleitungen haben Sie eine wichtige Rolle bei der Wahrung der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung und des rechtmäßigen dienstlichen Verhaltens des ihnen anvertrauten schulischen Personals, da Sie Vorgesetzter aller an der Schule tätigen Personen sind und nach den Schulgesetzten der Länder über die Einhaltung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften wachen. Einige Handlungsmöglichkeiten nach den disziplinarrechtlichen Vorgaben sind:

  • Dokumentation: Führen Sie bei Pflichtverletzungen und Fehlverhalten eine sorgfältige Dokumentation über das Verhalten Ihrer Lehrkräfte und wie Sie in Fürsorge tätig geworden sind. Dokumentieren Sie sowohl positive als auch negative Tatsachen oder Vorfälle, um im Fall von Disziplinarverfahren eine belastbare Grundlage zu haben
  • Kommunikation und Gespräche: Werden Sie sobald Sie Hinweise auf dienstliches Fehlverhalten haben angemessen und abgestuft (von der möglichen mildesten Maßnahme bis zur Weitergabe des Vorgangs an den Dienstvorgesetzten) tätig und nehmen Sie ihre Verantwortung in Fürsorge für das Ihnen anvertraute Personal wahr, bevor schwerwiegende Dienstpflichtverletzungen oder Fehlverhalten zu Schadenseintritten oder gar Unfällen führen, zum Beispiel bei nachlässig oder gar nicht ausgeführten Aufsichtspflichten. Grundsätzlich dürfen Sie darauf vertrauen, dass das Ihnen anvertraute Personal sich rechtmäßig verhält. Werden Ihnen aber Indizien oder Umstände bekannt, die dieser Annahme widersprechen, müssen Sie im Sinn der angemessenen Personalführung tätig werden.
  • Rechtsgrundlagen kennen: Machen Sie sich mit den einschlägigen Landesdisziplinargesetzen sowie den dienstrechtlichen Bestimmungen vertraut, um dienstliches Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen zu erkennen und angemessen handeln zu können.
  • Disziplinarverfahren einleiten: Wenn ein schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt, das eine Disziplinarmaßnahme erfordert, leiten Sie ein Disziplinarverfahren ein. Beachten Sie dabei die Verfahrensvorschriften Ihres Bundeslandes.
  • Unterstützung anbieten: Bieten Sie Ihren Lehrkräften Unterstützung an, um Fehlverhalten zu vermeiden. Informationen, Schulungen und Fortbildungen können dazu beitragen, das Verständnis für dienstliche Pflichten zu verbessern.

Fazit

Das Disziplinarrecht für Beamte bildet eine wichtige Grundlage für die Aufrechterhaltung der Ordnung und Dienstpflichten in der öffentlichen Verwaltung. Schulleitungen spielen dabei eine zentrale Rolle, indem sie für die Einhaltung der dienstlichen Pflichten ihrer Lehrkräfte sorgen und bei Verstößen angemessene Disziplinarmaßnahmen einleiten. Durch eine klare Kommunikation, angemessene Dokumentation und Kenntnis der Rechtsgrundlagen können Schulleitungen dazu beitragen, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das dem Erziehungs- und Bildungsauftrag gerecht wird.

Bildnachweis: id512/stock.adobe.com

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