§ 1a AsylbLG ist mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum noch vereinbar und die Rechtsprechung des BSG ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Einklang. So entschied das BVerfG in einem Nichtannahmebschluss bzgl. einer Verfassungsbeschwerde zur Verfassungsmäßigkeit von Leistungseinschränkungen gegenüber ausreisepflichtigen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern auf der Grundlage von § 1a Nr. 2 AsylbLG. Dabei ging es um die Vorschrift in der vom 1. September 1998 bis zum 28. Februar 2015 geltenden Fassung. Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen die Verletzung seines Grundrechts auf Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz aus Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 GG.
Der Fall:
Der Beschwerdeführer reiste im Jahr 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Er gab an, kamerunischer Staatsangehöriger zu sein; einen Pass oder Passersatz legte er nicht vor. Das Asylverfahren blieb ohne Erfolg. Seine Ausweisung aus dem Bundesgebiet wurde verfügt, scheiterte aber an der fehlenden Mitwirkung des Beschwerdeführers bei der Passbeschaffung. Der zuständige Landkreis bewilligte daraufhin eingeschränkte Leistungen nach § 1a AsylbLG in Form von Wertgutscheinen. Einen Barbetrag nach § 3 Abs. 1 Satz 4 AsylbLG erhielt der Beschwerdeführer nicht.
Die Entscheidung:
Das BVerfG wies die Verfassungsbeschwerde gegen die Sanktionsvorschrift des § 1a AsylbLG zurück. Die Norm ist mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum noch vereinbar. Die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 12.05.2017 - B 7 AY 1/16 R) ist mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen im Einklang.
Das Grundrecht lasse sich nicht in einen „'Kernbereich' der physischen und einen 'Randbereich' der sozialen Existenz aufspalten”. Das Verfassungsgericht begründet weiter:
"Der Gesetzgeber verfügt bei den Regeln zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums über einen Gestaltungsspielraum hinsichtlich der Art und Höhe der Leistungen. Entscheidend ist, dass im Ergebnis die Untergrenze eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht unterschritten wird, die Höhe der Leistungen insgesamt tragfähig begründbar ist und die Ausgestaltung der Leistungen auch im Übrigen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt.
Der hier streitentscheidende § 1a AsylbLG a.F. entzieht keine Leistungen, sondern ermöglicht in bestimmten Fällen eine "Beschränkung" des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen auf das "unabweisbar Gebotene". Was dann weiterhin zu leisten ist, hat der zuständige Träger nach der hier streitentscheidenden Fassung der Norm in der Auslegung durch das BSG anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls allein bedarfsorientiert festzulegen; eine generalisierende Einschränkung ist dagegen von vornherein unzulässig. Der Leistungsträger hat insofern von Amts wegen zu prüfen, welche konkreten Bedarfe zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz zu decken sind.
Entscheidend bleibt, dass der gesetzliche Leistungsanspruch so gefasst ist, dass der gesamte existenznotwendige Bedarf im Ergebnis stets gedeckt wird. Doch kann der Gesetzgeber entscheiden, wie er den Bedarf berechnet und wie er ihn deckt - in Gutscheinen, Sachmitteln oder durch Barmittel, pauschal oder in Orientierung an einem Warenkorb, oder eben nach einzeln nachzuweisenden Bedarfen."
Fazit:
Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass
- das Gericht die Einheitlichkeit des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen betont
und - der zuständige Träger Einschränkung der Leistungen bei verschuldeter Nichtausreise bedarfsorientiert festzulegen hat.
Dies erfordert eine Prüfung,- welche existenznotwendigen Bedarfe im konkreten Fall benötigt werden
und - mit welchen Mitteln sie gedeckt werden können.
- welche existenznotwendigen Bedarfe im konkreten Fall benötigt werden
Quelle: Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 12.05.2021 - 1 BvR 2682/17