Prospektangaben Immobilienfonds
Recht & Verwaltung31 August, 2023

BGH: Anforderungen an die Prospektangaben eines geschlossenen Immobilienfonds

Redaktion Wolters Kluwer Online
1. In einem Verkaufsprospekt, der einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zugrunde liegt, sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Risiken in einem gesonderten Abschnitt darzustellen, der nur diese Angaben enthält.

Dies betrifft sowohl die Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen Vermögensanlagen als auch die mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken.

2. Der Verkaufsprospekt muss auch den Namen der Person oder Gesellschaft, die ein Bewertungsgutachten für das Anlageobjekt erstellt hat, das Datum des Bewertungsgutachtens und dessen Ergebnis angeben. Ein etwaiges Bewertungsgutachten der finanzierenden Bank muss im Prospekt nicht erwähnt werden.


Sachverhalt: Kapitalanleger-Musterverfahren zu Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds

Die Parteien streiten im Rahmen eines Verfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) über die Fehlerhaftigkeit des im August 2008 aufgestellten Prospekts zu der Fondsgesellschaft „F. KG“.

Gegenstand der Fondsgesellschaft war der Erwerb und Betrieb einer 1996 fertiggestellten Büroimmobilie in Z., Niederlande (Fondsimmobilie). Diese war zum Zeitpunkt der Erstellung des Prospekts voll vermietet.

Mieter war einer der weltweit größten Betreiber von Supermarktketten, der im Jahr 1997 bei einem Umsatz von ca. 28 Mrd. Euro einen Gewinn von ca. 1,1 Mrd. Euro erwirtschaftete. Das Unternehmen wurde im Frühjahr 2008 von einer niederländischen Agentur mit der Höchstnote 1 ("hervorragend") geratet.

Der Mietvertrag war bis Ende 2023 fest abgeschlossen. Die Miete sollte jährlich nach Maßgabe der Steigerung des niederländischen Verbraucherpreisindexes angepasst werden.

Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1 und die Musterbeklagte zu 2 waren Gründungsgesellschafterinnen der Fondsgesellschaft. Die Musterbeklagten zu 3 und 6 sind Anlageberater oder -vermittler, die mit dem Vertrieb des Fonds befasst waren. Die Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 4 war Alleingesellschafterin der Rechtsvorgängerin der Musterbeklagten zu 1.

Zahlreiche Anleger haben seit dem Jahr 2017 Klagen gegen die Musterbeklagten erhoben. Das LG hat mit Beschluss vom September 2019 dem OLG Feststellungsziele zum Zweck der Herbeiführung eines Musterentscheids vorgelegt. Diese betreffen verschiedene von der Musterklägerin behauptete Prospektfehler.


Fehlerhaftes Verkaufsprospekt

Die Musterklägerin macht geltend, der Prospekt sei fehlerhaft, weil er die Aussage treffe, dass der vereinbarte Kaufpreis durch ein unabhängiges Gutachten für marktgerecht erklärt worden sei.

Jedoch geht aus dem Gutachten vielmehr hervor, dass die zugrunde gelegte Miete 11 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete lag (sog. Overrent) und der Substanzwert des Objekts nur 55 % des Kaufpreises betrug.

Folglich werde der Anleger unrichtig über den Wert und Wiederverkaufswert des Objekts informiert (Feststellungsziel a).

Außerdem treffe der Prospekt die Aussage, dass weitere Bewertungsgutachten nicht existierten, obwohl die finanzierende Bank sowohl für die Ausgabe des Darlehens als auch laufend wegen der Loan-to-Value-Klausel selbst verpflichtet gewesen sei, ein solches einzuholen.

Aus dem Gutachten von R. ergebe sich weiterhin ein Hinweis auf ein Altlastengutachten aus dem Jahr 1992 (Feststellungsziel b), dieses verschweige der Prospekt jedoch (Feststellungsziel d).

Des Weiteren lasse der Prospekt bei der Darstellung des Objektdarlehens mit der finanzierenden Bank die Verpflichtung einer Loan-to-Value-Klausel unerwähnt, die dieser ein Recht auf Sicherheitenaufstockung, Einbehalt der Mieten oder Fälligstellung des gesamten Darlehens einräume, wenn das Darlehen höher als 62 % des Immobilienwerts valutiere, sodass der Anleger unrichtig über die Kündbarkeit des Darlehens informiert werde (Feststellungsziel g).

Außerdem werde die Loan-to-Value-Klausel unerwähnt gelassen, obwohl bereits bei Prospektaufstellung durch das Gutachten von R. bekannt gewesen sei, dass eine Overrent-Situation vorgelegen habe, womit bereits in der Platzierungsphase eine Verletzung der Loan-to-Value-Klausel vorgelegen habe und der Anleger dadurch unrichtig über die Kündbarkeit des Darlehens informiert werde (Feststellungsziel h).

Das OLG hat durch Musterentscheid vom Juli 2021 die Musterfeststellungsanträge zurückgewiesen.

Gegen den Musterentscheid haben die Musterklägerin und sechs Beigeladene Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie wenden sich gegen die Zurückweisung der Feststellungsziele a, b und d bis h. Der BGH hat mit Beschluss vom November 2021 die Musterbeklagte zu 1 zur Musterrechtsbeschwerdegegnerin bestimmt. Vier Beigeladene sind innerhalb der Frist des § 20 Abs. 3 S. 1 KapMuG dem Rechtsbeschwerdeverfahren auf Seiten der Musterrechtsbeschwerdeführerin beigetreten.


Begründung: Keine Fehlerhaftigkeit des Prospekts

Mit der vorliegenden Entscheidung vom 13.06.2023 - XI ZB 17/21 - hat der BGH unter anderem zur Darstellung der mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken in einem Verkaufsprospekt, Stellung genommen.

In diesem Rahmen hat er sich auch mit dem Erfordernis von Angaben über Bewertungsgutachten und zu ihrer Darstellung im Verkaufsprospekt befasst.

Der BGH hat entschieden, dass der Prospekt keinen Fehler aufweist, sodass die Rechtsbeschwerden keinen Erfolg haben.

Er weist zur Begründung darauf hin, dass auf den im August 2008 veröffentlichten Prospekt die Regelung des § 8g des Verkaufsprospektgesetzes (VerkProspG) in der bis zum 31.05.2012 geltenden Fassung (a.F) in Verbindung mit § 32 Abs. 2 S. 1 des Vermögensanlagengesetzes (VermAnlG) Anwendung findet.

Rechtliche Anforderungen

Nach § 8g Abs. 1 S. 1 des VerkProspG a.F. muss der Verkaufsprospekt alle tatsächlichen und rechtlichen Angaben enthalten, die notwendig sind, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung des Emittenten und der Vermögensanlagen zu ermöglichen.

Der Prospekt muss über alle Umstände, die von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig unterrichten. Entscheidender Zeitpunkt für die Beurteilung der Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekts ist grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem der Prospekt aufgestellt wurde.

Der BGH ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Prospekt nach diesen Maßstäben nicht fehlerhaft ist.

Hinsichtlich des Feststellungsziels a weist der BGH darauf hin, dass ein sog. Overrent, ein für den Ertrag der Anlage besonderes Risiko darstellen kann, da eine solche Miete häufig nicht nachhaltig zu erzielen ist. Dieser Punkt bedarf dann der Aufklärung. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.

Zu den Umständen, über die der Prospekt ein zutreffendes und vollständiges Bild zu vermitteln hat, gehören nach Worten des BGH auch die für die Anlageentscheidung wesentlichen Prognosen über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Anlageobjekts. Im konkreten Fall zeigen die Rechtsbeschwerden jedoch nicht auf, dass die Liquidationsprognose nicht durch Tatsachen gestützt oder ex ante betrachtet unvertretbar wäre. Daher haben auch die Feststellungsziele e und f keinen Erfolg.

Das OLG hat auch nicht verfahrensfehlerhaft davon abgesehen, ein Sachverständigengutachten zur Vertretbarkeit der Prognose einzuholen.

Nach Auffassung des BGH war auch dem Feststellungsziel b nicht zu entsprechen. Gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 7 VermVerkProspV muss der Verkaufsprospekt den Namen der Person oder Gesellschaft, die ein Bewertungsgutachten für das Anlageobjekt erstellt hat, das Datum des Bewertungsgutachtens und dessen Ergebnis angeben.

Diese Vorgabe hat der Verkaufsprospekt mit der Nennung des Gutachtens von R. erfüllt. Nach Ansicht des BGH war ein etwaiges Bewertungsgutachten der finanzierenden Bank nicht im Prospekt zu erwähnen.

Der Prospekt verschweigt aus Sicht des BGH auch nicht einen konkreten Altlastenverdacht aufgrund von Hafenaktivitäten.

Das OLG hat auch rechtsfehlerfrei die Feststellungsziele g und h zurückgewiesen. Der Prospekt musste nicht darauf hinweisen, dass der zur Finanzierung des Kaufpreises der Fondsimmobilie abgeschlossene Darlehensvertrag eine sog. Loan-to-Value-Klausel enthielt.

Risikodarstellung

Gemäß § 2 Abs. 2 S. 3 und 4 VermVerkProspV a.F. sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Risiken im Zusammenhang mit den angebotenen Vermögensanlagen einschließlich der mit einer Fremdfinanzierung einhergehenden Risiken in einem gesonderten Abschnitt, der nur diese Angaben enthält, darzustellen.

Hierbei ist das den Anleger treffende maximale Risiko in seiner Größenordnung zu beschreiben. Für die Darstellung eines Risikos ist es erforderlich, dass der Prospekt erläutert, welches Ereignis zur Verwirklichung eines bestimmten Risikos führen kann. Im konkreten Fall sind die Prospektangaben nicht zu beanstanden.

Aus den Angaben im Prospekt ergibt sich, dass die Fondsimmobilie als Sicherheit dient. Auf das Risiko des Totalverlustes weist der Prospekt ebenfalls hin, genauso wie auf den Umstand, dass der finanzierenden Bank bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmerin das Recht zusteht, weitere Sicherheiten zu verlangen.

Praktische Bedeutung des Beschlusses 13.06.2023 - XI ZB 17/21

Der BGH hat in dieser Entscheidung die erforderlichen Angaben in einem Verkaufsprospekt deutlich gemacht, der einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds zugrunde liegt.

Der BGH weist hierbei darauf hin, dass ein etwaiges Bewertungsgutachten der finanzierenden Bank im Prospekt nicht erwähnt werden muss. Er begründet dies damit, dass solche Bewertungsgutachten von der finanzierenden Bank grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse erstellt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16.05.2006 - XI ZR 6/04). Nach Auffassung des BGH handelt es sich daher nicht um eine Angabe, die der Verkaufsprospekt nach § 8g Abs. 1 S. 1 VerkProspG a.F. enthalten muss, um dem Publikum eine zutreffende Beurteilung der Vermögensanlage zu ermöglichen.

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