Rechtsanwalt Tobias Grambow, Fachanwalt für Arbeitsrecht,
Partner bei BUSE Rechtsanwälte Steuerberater
Recht & Verwaltung16 Mai, 2023
Die betrieblichen Beauftragten im Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht (im weitesten Sinne) sieht diverse betriebliche Beauftragte für alle möglichen Bereiche vor. Der Gesetzgeber wird auch nicht müde, weitere Beauftragte zu schaffen. Exemplarisch sei hier das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) genannt.
Der Schutz und die betriebliche Stellung der Beauftragten sind nicht homogen. Die Darstellung der arbeitsrechtlichen Stellung exemplarisch ausgewählter Beauftragter ist Gegenstand dieses Beitrags.
Der Schutz und die betriebliche Stellung der Beauftragten sind nicht homogen. Die Darstellung der arbeitsrechtlichen Stellung exemplarisch ausgewählter Beauftragter ist Gegenstand dieses Beitrags.
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Datenschutzbeauftragter
Der Verantwortliche nach Art. 4 Abs. 7 DSGVO und der Auftragsverarbeiter gemäß Art. 28 DSGVO haben gemäß § 38 Abs. 1 S. 1 BDSG einen Datenschutzbeauftragten zu bestellen, soweit sie in der Regel mindestens 20 Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen.
Nehmen der Verantwortliche oder der Auftragsverarbeiter Verarbeitungen vor, die einer Datenschutz-Folgenabschätzung unterliegen, oder verarbeiten sie personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung, haben sie gemäß § 38 Abs. 1 S. 2 BDSG unabhängig von der Anzahl der mit der Verarbeitung beschäftigten Personen einen Datenschutzbeauftragten zu benennen.
Darüber hinaus ergibt sich eine solche Pflicht unmittelbar aus der DSGVO, dort geregelt in Art. 37 Abs. 1 lit. b) und c). Danach ist ein Datenschutzbeauftragter zu bestellen, wenn die Kerntätigkeit des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters in der Durchführung von Verarbeitungsvorgängen besteht, welche aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und/oder ihrer Zwecke eine umfangreiche regelmäßige und systematische Überwachung von betroffenen Personen erforderlich machen, oder wenn deren Kerntätigkeit in der umfangreichen Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten gemäß Art. 9 DSGVO oder von personenbezogenen Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten gemäß Artikel Art. 10 DSGVO besteht.
Der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter unterstützen den Datenschutzbeauftragten bei der Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben, indem sie die für die Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Ressourcen und den Zugang zu personenbezogenen Daten und Verarbeitungsvorgängen sowie die zur Erhaltung seines Fachwissens erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stellen, Art. 38 Abs. 2 DSGVO. Der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter haben gemäß Art. 38 Abs. 3 DSGVO sicherzustellen, dass der Datenschutzbeauftragte bei der Erfüllung seiner Aufgaben keine Anweisungen bezüglich der Ausübung dieser Aufgaben erhält. Er darf von dem Verantwortlichen oder dem Auftragsverarbeiter wegen der Erfüllung seiner Aufgaben nicht abberufen oder benachteiligt werden.
Das BDSG geht in seinem Schutz des Datenschutzbeauftragten noch weiter. Die Abberufung des Datenschutzbeauftragten ist gemäß §§ 38 Abs. 2; 6 Abs. 4 S. 1 BDSG nur aus wichtigem Grund zulässig. Die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, §§ 38 Abs. 2; 6 Abs. 4 S. 2 BDSG. Gemäß §§ 38 Abs. 2; 6 Abs. 4 S. 3 BDSG gilt dieser Sonderkündigungsschutz auch noch bis zur Gesamtdauer eines Jahres nach dem Ende der Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter. Diese nationale Regelung ist mit der DSGVO vereinbar (EuGH, Urt. v. 22.6.2022 – C-534/20; EuGH, Urt. v. 9.2.2023 – C-453/21). Der Abberufungs- und Kündigungsschutz gilt jedoch nur, wenn den Verantwortlichen oder Auftragsverarbeiter eine Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten trifft, wie sich aus § 38 Abs. 2 BDSG ergibt. -
Sicherheitsbeauftragter (SiBe)
Auch das SGB VII, also das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung, sieht einen Beauftragten vor. Im dortigen § 22 ist geregelt, dass in Unternehmen mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten der Unternehmer unter Beteiligung des Betriebsrates Sicherheitsbeauftragte zu bestellen hat. Dabei hat er die für die Beschäftigten bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren im Unternehmen und die Zahl der Beschäftigten zu berücksichtigen. Näher konkretisiert werden diese Regelungen durch § 20 DGUV V1.
Die SiBe haben den Unternehmer bei der Durchführung der Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen. Sie haben sich insb. von dem Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen zu überzeugen und auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Versicherten aufmerksam zu machen. Wegen der Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben dürfen SiBe nicht benachteiligt werden.
Ein besonderer Kündigungsschutz ist damit nicht verbunden. Allerdings wäre eine Kündigung wegen der Erfüllung der Aufgaben als SiBe unzulässig; ebenso wie sonstige Maßregelungen. -
Fachkraft für Arbeitssicherheit (FaSi)
Von den SiBe zu unterscheiden sind die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (FaSi). Die Pflicht des Unternehmers zur Bestellung einer FaSi ist in § 5 ASiG geregelt. Zur Fachkraft für Arbeitssicherheit können nach dieser Norm Sicherheitsingenieure, Sicherheitstechniker oder Sicherheitsmeister bestellt werden. Die näheren Anforderungen an FaSi sind in § 7 ASiG geregelt. Es kann auch ein Arbeitnehmer zur FaSi bestellt werden.Konkretisiert wird diese Vorschrift durch die DGUV V2.
Die FaSi haben gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 ASiG die Aufgabe, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung in allen Fragen der Arbeitssicherheit einschließlich der menschengerechten Gestaltung der Arbeit zu unterstützen.
Der Arbeitgeber hat die FaSi bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Dazu gehört gemäß § 5 Abs. 2 ASiG auch die Zurverfügungstellung von Hilfspersonal sowie Räumen, Einrichtungen, Geräten und Mitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Er hat den FaSi die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Fortbildung unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange zu ermöglichen und angestellte FaSi für die Zeit der Fortbildung unter Fortentrichtung der Arbeitsvergütung von der Arbeit freizustellen, § 5 Abs. 3 ASiG.
Ein Sonderkündigungsschutz ist nicht vorgesehen. Allerdings wäre - wie bei den SiBe - eine Kündigung oder Maßregelung wegen der Erfüllung der Aufgaben als FaSi unzulässig. -
Neue Beauftragte durch das LkSG
Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hat der Gesetzgeber zwei neue Beauftragte geschaffen. Das ist zum einen der Menschenrechtsbeauftragte und zum anderen der Beschwerdebeauftragte.
Die Benennung eines Beschwerdebeauftragten ist obligatorisch.
Die Benennung eines Menschenrechtsbeauftragten ist hingegen fakultativ.
Unmittelbare Anwendung findet das LkSG auf Unternehmen ab 3.000 Beschäftigten. Zum 01.01.2024 gilt ein Schwellenwert auf lediglich 1.000 Beschäftigten. Faktisch müssen sich auch Unternehmen unterhalb dieser Schwellenwerte mit dem LkSG befassen. Sie werden oftmals Teil einer Lieferkette sein, so dass deren (große) Auftraggeber bereits zur Erfüllung der eigenen Pflichten nach dem LkSG auch von ihren (deutschen) Vertragspartnern die (vollständige oder teilweise) Umsetzung der Pflichten aus dem LkSG verlangen.
Der Menschenrechtsbeauftragte ist primär zuständig für die Risikoanalyse sowie die Überprüfung der Präventions- und Abhilfemaßnahmen nach dem LkSG.
a) Menschenrechtsbeauftragter
Die Risikoanalyse muss sich auf den eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens und die unmittelbare Lieferkette erstrecken.
Nach der Gesetzesbegründung soll der Menschenrechtsbeauftragten unmittelbar der Geschäftsleitung unterstellt werden. Eine Eingliederung in der Compliance- oder Rechtsabteilung liegt nahe. Denkbar ist auch eine Verortung in der Logistik- oder Qualitätsmanagementabteilung. Je nach Unternehmen ist auch eine Einrichtung in der Finanz- oder Strategieabteilung sinnvoll.
Eine Auslagerung der Aufgaben des Menschenrechtsbeauftragten auf eine externe Stelle ist nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht zulässig.
Die Funktionen des Menschenrechtsbeauftragten kann sowohl hauptberuflich als auch nebenberuflich ausgeübt werden. Der Menschenrechtsbeauftragte darf durch die Übertragung weiterer Tätigkeiten aber nicht in der Wahrnehmung seiner Aufgaben gehindert oder Interessenskonflikten ausgesetzt werden.
Dem Menschenrechtsbeauftragten sollten Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse eingeräumt werden.
Das LkSG sieht einen besonderen Schutz des Menschenrechtsbeauftragten vor Abberufung, Benachteiligung oder Kündigung nicht vor. Ein hinreichender Schutz wird durch die Anforderungen an die betriebliche Organisation im Hinblick auf den Menschenrechtsbeauftragten sichergestellt.
Die Bestellung eines Beschwerdebeauftragten ist im Gegensatz zur Bestellung eines Menschenrechtsbeauftragten obligatorisch. Der Beschwerdebeauftragten ist zuständig für die Durchführung und Überwachung eines wirksamen und unparteiischen Beschwerdeverfahrens. Er hat sicherzustellen, dass Nutzer des Beschwerdesystems keine Nachteile durch die Verwendung erleiden.
b) Beschwerdebeauftragter
Anders als beim Menschenrechtsbeauftragten können Unternehmen auch einen externen Beschwerdebeauftragten einsetzen. Im neuen HinSchG findet sich ebenfalls eine entsprechende Regelung zur externen Ausgestaltung. Es ist sicherzustellen, dass der Beschwerdebeauftragte unabhängig agieren kann. Er ist in seiner Funktion nicht weisungsunterworfen.
Wie der Menschenrechtsbeauftragte genießt auch der interne Beschwerdebeauftragte keinen Sonderkündigungsschutz. -
Sonstige Beauftragte
Nicht näher eingegangen werden soll hier auf den Immissionsschutzbeauftragten. Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen haben einen oder mehrere Betriebsbeauftragte für Immissionsschutz (Immissionsschutzbeauftragte) zu bestellen, wenn die näheren Voraussetzungen des § 53 BImSchG vorliegen. Gemäß § 58 BImSchG darf der Immissionsschutzbeauftragte wegen der Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben nicht benachteiligt werden. Ist der Immissionsschutzbeauftragte Arbeitnehmer des zur Bestellung verpflichteten Betreibers, so ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Betreiber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Nach der Abberufung als Immissionsschutzbeauftragter ist die Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Bestellung an gerechnet, unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Betreiber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.
Betreiber bestimmter Anlagen haben einen Beauftragten für Abfall (Abfallbeauftragter) zu bestellen, § 59 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG). Hinsichtlich des Benachteiligungsverbotes und des Sonderkündigungsschutzes verweist § 60 Abs. 3 KrWG auf die voran genannten Vorschriften aus dem BImSchG.
Lediglich erwähnt werden soll hier noch der Inklusionsbeauftragte gemäß § 163 Abs. 8 SGB IX, der Beauftragte gemäß § 13 AGG (Beschwerdestelle) und der Brandschutzbeauftragte (keine gesetzliche Bestellpflicht), die aber sämtlich keinen Sonderkündigungsschutz genießen. Eine gesetzliche Verpflichtung zur Bestellung von Gleichstellungsbeauftragten kennt nur der öffentliche Dienst.
Fazit
Für den Unternehmer ist es wichtig zu wissen, welche Beauftragten er bestellen muss. Insb. aufgrund des teilweise bestehenden Sonderkündigungsschutzes solle stets geprüft werden, ob nicht - wo zulässig - ein Externer mit den jeweiligen Aufgaben betraut werden sollte. Neben dem Sonderkündigungsschutz sollte dabei aber natürlich auch an die effiziente Aufgabenerfüllung gedacht werden.
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