Impulse setzen und Austausch ermöglichen: Onboarding für neue Mitarbeiter:innen
Recht & Verwaltung06 Mai, 2022

Impulse setzen und Austausch ermöglichen: Onboarding für neue Mitarbeiter:innen

von Antje Prager, Stellvertretende Bereichsleitung Kindertagesbetreuung. Aufgabenschwerpunkte: Personalgewinnung, Personalentwicklung, Team Building, Teamentwicklung, Personalfürsorge.

Onboarding lebendig, authentisch, persönlich und machbar gestalten

Gerade in Zeiten des Kitaausbaus wird über die nächsten Jahre ständig neues Personal benötigt und eingestellt. Wie kann ein individuelles, persönliches Ankommen und eine schnelle Orientierung für neue Kolleg*innen trotz hoher Taktung gelingen? Wir haben in unseren Onboarding-Wochen einen flexiblen Ablauf mit Seminar- und Workshop-Formaten ausprobiert und werden es wieder tun!
Kitaausbau- auch eine Herausforderung für neue Kollegen*innen

Kitaausbau – auch eine Herausforderung für neue Kollegen*innen

Wird ein neues Kinderhaus (so nennen wir im DRK Kreisverband Bremen e.V. unsere Kindertagesstätten) eröffnet werden je nach Anzahl der zu betreuenden Kinder in der Regel zwischen 10 und 12 Kollegen*innen und ein bis zwei Leitungskräfte pro Einrichtung gleichzeitig eingestellt. Die neuen Kollegen*innen müssen sich kennenlernen, sich wohl und willkommen fühlen, möglichst schnell einfinden, in der neuen Umgebung handlungsfähig werden und am besten noch zeitnah belastbar und mit fachlicher Qualität zusammenarbeiten können.

Anders als im normalen Kitaalltag kann die Einarbeitung nicht hauptsächlich während des laufenden Tagesgeschäftes durch eine*n erfahrene*n Kolleg*in stattfinden. Das Haus, die Kollegen*innen, alles ist neu, alles muss sich finden und für den*die meisten neuen Kollegen*innen ist auch der*die Arbeitgeber*in neu. Freude und Aufregung, aber auch Unsicherheit und das Bedürfnis nach Orientierung prägen den Start am neuen Arbeitsplatz. Onboarding-Veranstaltungen wie unsere Onboarding-Wochen können die neuen Kollegen*innen in diesem anstrengenden Prozess positiv unterstützen.

Eine Gelegenheit bietet sich

Im Jahr 2021 wollten wir mit zwei neuen Einrichtungen an den Start gehen. Die Verträge der eigens eingestellten Kollegen*innen starteten wie üblich mit Beginn des neuen Kindergartenjahres. Diesmal fiel dies mit dem Beginn der Schließzeit unserer Einrichtungen zusammen, so dass alle Häuser geschlossen und die Bestands-Kollegen*innen im Urlaub waren. Wir wollten vermeiden, dass die neuen Mitarbeiter*innen mit Minusstunden und/oder Urlaub bei uns starten, beschlossen diese Zeit ohne Kinderbetreuungszeiten und Gruppendienste mit den neuen Kollegen*innen so gut wie möglich sinnvoll zu nutzen und ein Häuserübergreifendes Onboarding-Format mit unterschiedlichen Workshops- und Seminareinheiten auszuprobieren.

Der Rahmen für unsere Onboarding-Wochen

Die dreiwöchige Schließzeit unserer Einrichtungen bot den zeitlichen Rahmen für unseren Versuch. Insgesamt begrüßten wir 16 neue Kollegen*innen. Sie wurden in zwei ca. gleichgroße Gruppen aufgeteilt und wir sorgten dafür, dass möglichst viele von ihnen, die für die gleiche Einrichtung eingestellt wurden das Onboarding gemeinsam erleben konnten.

Eingeladen waren alle neuen Kollegen*innen für die Kinderhäuser ungeachtet ihrer Qualifikation. Neben Erziehern*innen, Sozialpädagogischen Assistenten*innen, Kinderpflegern*innen, Anerkennungspraktikanten*innen, FSJlern*innen und Persönlichen Assistenzen nahm auch eine neue Kinderhausleitung teil.

Über drei Wochen boten wir an jedem Arbeitstag für jede Gruppe einen zumeist halbtägigen Workshop zu einem bestimmten Thema an. Da es erfahrungsgemäß gerade bei neuen, sich vielleicht sogar noch im Bau befindlichen Einrichtungen zu kurzfristigen Terminverschiebungen kommt, setzten wir bei der Planung auf flexible Workshop-Elemente. Inhaltlich gefüllt und bestritten wurden diese von einem Mix aus internen und externen Referenten*innen zu folgenden drei Schwerpunkten:

  1. Vorstellung der Ansprechpartner*innen und der Organisation DRK Kreisverband Bremen e.V.
  2. Fachlicher Einstieg in die pädagogische Arbeit, Workshops, Seminare, Basis-Fortbildungen und Grundkurse
  3. Teamentwicklung und Zusammenarbeit

Der Veranstaltungsort war unser größtes Kinderhaus in der Nähe des Flughafens, welches ja in der Schließzeit nicht in Benutzung war. Es ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen, es sind ausreichend Parkplätze vorhanden und das Kinderhaus bietet genügend Platz um auch unter Corona-Bedingungen in Gruppen zusammen kommen zu können.

Willkommen heißen, Orientierung bieten und sich kennenlernen

Spätestens wenn der Tag näher rückt, an dem man seine neue Tätigkeit antritt, nimmt die Nervosität bei neuen Kollegen*innen zu. Man beginnt sich zu fragen wie der erste Tag verlaufen wird, wo man überhaupt genau hinmuss und was einen erwartet. Zwei Wochen bevor die neuen Kollegen*innen ihre Tätigkeit bei uns aufnahmen erhielten sie ihre Einladung zu den Onboarding-Wochen. Hierin informierten wir sie, dass durch die späten Sommerferien auch ihr Kinderhaus geschlossen sei und ihre Kollegen*innen Ihren Jahresurlaub nähmen, wenn sie bei uns starten.

Wir teilten ihnen mit diese Zeit nutzen zu wollen um sie bei uns beim DRK willkommen zu heißen, ihnen etwas über unseren Verband zu erzählen, ihnen wichtige Ansprechpartner*innen vorzustellen (z.B. aus der Personalabteilung, dem Betriebsrat, …), fachlichen Input und Austausch zu bieten, ihnen die Gelegenheit zu geben einander und auch uns kennenzulernen und ihnen somit einen guten Einstieg an Ihrem neuen Arbeitsplatz zu ermöglichen.

Die Organisation stellt sich vor

Hört man vom Deutschen Roten Kreuz, denkt man meistens eher an Pflegeheime für Senioren, Blutspende und Corona-Impfzentren, als an Kitas. Aber was ist das DRK eigentlich? Nach welchen Werten wird gehandelt? Und was bedeutet das für den Bereich der Kindertagesbetreuung? Antworten auf diese Fragen erhielten die Teilnehmer*innen in dem Seminar: „Grundsätze des DRK und mehr“ mit Ibrahim Bagarkasi, Bereichsleiter Kindertagesbetreuung beim DRK Bremen.

Die Gelegenheit ihre Fragen an die Personalabteilung zu stellen und ihre Ansprechpartnerin kennenzulernen bot sich den Kollegen*innen, als Vera Kloos uns im Rahmen des Onboarding besuchte um die Arbeit der Personalabteilung vorzustellen. Zwar lernen die neuen Mitarbeiter*innen in der Regel ihre Sachbearbeiterin schon bei der Vertragsunterschrift kennen, zu der sie in die Personalabteilung eingeladen werden, aber unter Corona-Bedingungen gelang dies nicht immer und konnte so schnell nachgeholt werden. Auch der Betriebsrat stellte sich und seine Arbeit vor und der Betriebsratsvorsitzende Dirk Braun nahm gerne die Gelegenheit wahr die neuen Kollegen*innen willkommen zu heißen und sich ihnen als Ansprechpartner bei Fragen und Problemen anzubieten.

Fachlicher Einstieg und Basis-Fortbildungen

Ein gemeinsames Verständnis zu grundsätzlichen pädagogischen Themen und viele Gelegenheiten zum Ausprobieren boten die Workshops von DRK Kinderhausleiter Nicolas Thiel zu „Methoden der sprachlichen Bildung“ und „Elternbegleitung und dialogische Haltung“. Die Fachberaterin der DRK Kinderhäuser Nadja Susemichel gewährte in ihren Workshops Einblicke in das Thema „Eingewöhnung“ und lud bei „Vorurteilsbewusster Erziehung (Materialien und Spielsachen)“ zu aktiver Auseinandersetzung und Reflexion des eigenen pädagogischen Handelns ein.

Input zur Dokumentation in der Kindertagesbetreuung sicherte mit dem Seminar „Bremer Individuelle Lern- und Entwicklungsdokumentation (LED)“ der externe Referent Herbert Förster, Diplom-Psychologe, Diplom-Sozialpädagoge und freiberuflicher Berater und Supervisor für verschiedenste Tätigkeitsfelder der sozialen Arbeit, Bildung und Gesundheit.

Die Teilnahme an unseren beiden Basiskursen (Grundkurs Kindesschutz mit Britta Steffens, Referentin für Kindesschutz beim DRK Bremen und Erste Hilfe am Kind- ein Basiskurs mit Michael Freyhoff vom DRK Bremen) stellen im Alltag oft eine große Herausforderung für die Häuser dar, weil es sich um Tagesveranstaltungen handelt und die Kollegen*innen somit einen ganzen Tag aus dem Kinderdienst herausgeplant werden müssen. Durch das Angebot im Rahmen des Onboarding konnten die Teilnehmer*innen direkt teilnehmen, bevor sie ihre Tätigkeit in der Gruppe starten und waren somit gut gerüstet.

Das Team als wichtige Ressource

Ein stabiles Team und gute Kolleg*innen sind bei den Herausforderungen im Alltag unverzichtbar. Wie aber geht gute Zusammenarbeit? Wie kann sie gelingen? Und was kann und muss jeder*jede dazu beitragen? Diesen Fragen ging Antje Prager, Stellvertretende Bereichsleitung Kindertagesbetreuung gemeinsam mit den Teilnehmern*innen in ihren Workshops „Teams, Rollen und Zusammenarbeit“; „Gelingende Kommunikation“ und „Motivation und Fehlerkultur“ nach.

Zusätzlich wurden an einem Planspieltag Szenarien für alltägliche Herausforderungen, wie z.B. „Was tun bei plötzlichem Personalausfall?“ entwickelt, um gemeinsam Lösungsstrategien zu entwickeln und sich humorvoll auf den Ernstfall vorzubereiten.

Ein weiteres zentrales Thema ist „Resilienz für Mitarbeiter*innen in der Kindertagesbetreuung“ mit Felix Orzessek, Coach, Trainer und Berater. Auch dieser Workshop bot einen gelungenen Mix aus Impulsen zum Thema und Handwerkszeug für die Teilnehmer*innen.

Manchmal wird schnell klar, dass es doch nicht passt

Wenn in kurzer Zeit möglichst viele neue Stellen besetzt werden müssen, kommt es auch dazu, dass man sich irrt und der*die neue Kolleg*in doch nicht die grundlegenden Erwartungen an Zusammenarbeit oder ein angemessenes Verhalten erfüllt. Sehr offensichtliche unvereinbare Irritationen werden bereits im Onboarding zu Tage treten. Einerseits ist das eine Chance des Onboarding-Prozesses, damit man sich gegebenenfalls schnell wieder trennen kann, bevor der*die Kolleg*in schon stark im Gruppenalltag eingebunden ist. Die verbleibenden Kollegen*innen werden allerdings ganz besonders aufmerksam darauf schauen wann es zu Trennungen kommt und wie mit den Menschen bei diesem*dieser Arbeitgeber*in umgegangen wird. Natürlich stellt ein solches Ereignis für sie eine Belastung des Vertrauens innerhalb ihrer Orientierung beim neuen Job dar. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es trotzdem wichtig ist, wenn nötig eine Kündigung auch während des Onboarding auszusprechen. Unerlässlich ist dabei nur das eigene Handeln (soweit arbeitsrechtlich und datenschutzrechtlich möglich) nachvollziehbar zu kommunizieren und klar zu benennen, unter welchen Voraussetzungen es zu einer Kündigung innerhalb der Probezeit kommen kann. Raum für das Bearbeiten auftretender Ängste und Befürchtungen ist in so einem Fall unbedingt einzuplanen. Sich allem unmittelbar zu stellen was während de Onboarding-Wochen passiert erfordert Mut, ist aber lohnend. Es empfiehlt sich möglichst transparent in allen Handlungen zu sein, um den neuen Kollegen*innen die größtmögliche Orientierung zu bieten– auch und gerade wenn es schwierig wird.

Was sagen die neuen Kollegen*innen über das erste Onboarding?

Wir haben die Teilnehmer*innen gefragt, wovon sie im Verlauf der Onboarding-Wochen gerne mehr gehabt hätten, wovon sie weniger gebraucht hätten, was für die Zukunft aus ihrer Sicht beim Onboarding beibehalten werden sollte, was wir zukünftig ganz weglassen sollten und was sie uns sonst noch wissen lassen möchten. Sie hatten die Gelegenheit diese Fragen auf Post-its in einem separaten Raum im Laufe des letzten Onboarding-Tages in Ruhe und anonym zu beantworten.

Mehr Impulse und Input gewünscht hätten sich die neuen Kollegen*innen zu den Themen Bewegung und Psychomotorik. Diese wichtigen Elemente der pädagogischen Arbeit sind in Ermangelung von verfügbaren Referenten*innen leider zu kurz gekommen, sollen beim nächsten Mal aber berücksichtigt werden.

Zu der Frage wovon die Teilnehmer*innen weniger gebraucht hätten erfolgten keine Angaben.

Beibehalten sollen wir laut der Teilnehmer*innen: „Die generelle Auswahl der Schwerpunkte“; „Auffrischung fachspezifischer Themen“; „Vorurteilsbewusste Erziehung, Kindesschutz, Erste-Hilfe-Kurs, Eingewöhnung“; „Dass man ein Bild zu den einzelnen Personen bekommen hat (Bereichsleitung, Sachbearbeitung Personal, Fachberatung, Betriebsrat)“; „Ablauf des gesamten Onboarding“; „Der Ablauf und die verschiedenen Modelle“; „Ein super Einstieg für neue Kollegen*innen!“ und „Die Möglichkeit sich kennenzulernen und auszutauschen“.

Zu der Frage was wir hätten weglassen sollen haben die Teilnehmer*innen ebenfalls keine Angaben gemacht. Abschließend wollten die Teilnehmer*innen uns noch wissen lassen, dass sie sich freuen und Dankbar seien über diese Möglichkeit des Ankommens und über die Wertschätzung, die ihnen als neue Kollegen*innen dadurch ihrer Auffassung nach entgegengebracht wurde.

Fazit: Vorhandene Schätze werden gehoben und der Funke springt über

Gelebtes Onboarding in einem lebendigen, wandelbaren Format erfordert Mut, macht Spaß und ist sehr geeignet um das Ankommen für neue Kollegen*innen zu erleichtern. Dabei muss es weder aufwendig noch teuer sein, denn vorhandenes Fachwissen kann und soll zum Einsatz kommen. Wenn interne Referenten*innen über das sprechen können, was sie gerade auf der fachlichen Ebene beschäftigt ist der Aufwand für die Vorbereitung gering und der Input von hoher Qualität.

Bildnachweis: Pixel-Shot/stock.adobe.com
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