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Recht & Verwaltung13 August, 2021

Krisenkommunikation zwischen Schulleitungen, Behörden und Eltern in Corona-Zeiten

Alexander Scheuerer | Organisationsberater und Schulentwickler Oberstudiendirektor a.D.
»Das Leben wird, selbst wenn es am Ende wieder zur Normalität zurückkehrt, auf andere Weise normal sein,als wir es vor dem Ausbruch gewohnt waren.« Slavoj Zizek, slowenischer Philosoph (aus: Abenteuer Philosophie, 2021, S.18)
Alexander Scheuerer

1. Zur Einstimmung: Schule und Bildung in Corona-Zeiten – ein unlösbares Dilemma?

Die Corona-Krise bestimmt unseren Alltag und wirkt umso belastender, je länger sie dauert. Schule, Kinder, Jugendliche und deren Eltern sind davon besonders hart getroffen. Sie alle befinden sich in einem wirklichen Dilemma. Dilemma benennt eine Situation, in der man sich zwischen zwei gleichermaßen unangenehmen Dingen entscheiden muss. Entweder wir halten die Schulen und den Unterricht weiter offen, führen Präsenzunterricht durch mit der Folge einer höheren Ansteckungsgefahr oder wir schließen die Schulen mit den Folgen, dass bei Kindern und Jugendlichem Bildungs-Defizite und langzeitige psychische Probleme entstehen. Nicht zu vergessen ist die Dauerbelastung während des Homeschooling für die Eltern, hier sind besonders wieder die Frauen die Leidtragenden.

Beide Möglichkeiten sind also jeweils mit einem gravierenden Nachteil behaftet. Eine Zwischenlösung, wiegeteilte Klassen oder das blendet learning, scheitert aus mehreren Gründen. Einer ist die meist fehlende Erfahrung mit digitalen Medien, ein anderer ist die Bedeutung des sozialen Lernens, gerade wenn es um Grundschüler/-innen geht, scheint dies eine grundlegende Voraussetzung für das Lernen. Die Corona-Krise in der Schule gleicht der Fahrt des Odysseus, als er den beiden Meeresungeheuern Skylla und Charybdis begegnete. Mann zwischen Pest und Cholera. Anders gesagt: Es ist schier unmöglich, ohne Schaden aus dem Dilemma herauszukommen. Umso wichtiger ist es, zu überlegen wie wir in einer solchen schwierigen Situation, die keine Lösung ohne Nachteil zulässt, miteinander umgehen. Die entscheidenden Fragenlauten somit: Wie kommunizieren wir in einer solchen Lage, ohne uns dabei unnötigerweise zu beschädigen, respektlos und vorwurfsvoll zu behandeln? Oder anders formuliert: Wie sieht eine gute Krisenkommunikation aus? Positiv gewendet: Welche Verhaltensweisen stärken uns in der Krise?

Grundlage des Artikels sind Interviews, die ich mit Schulleitern, Behördenvertreter und Eltern in drei Bundesländern durchgeführt habe. Es sind subjektive Schlaglichter, die aber einige wesentliche Aspekte der Krisenkommunikation deutlich machen: Krisenkommunikation muss gelernt werden, vor allem, wenn die Krise keine eindeutigen Lösungen zulässt und in ihrem Ausgang auch so unberechenbar ist. Es ist ein Lernprozess, der einiges von uns abverlangt, nämlich die Fähigkeit mit einer ständigen Überforderung umzugehen, ohne andere für die dabei auftretenden Probleme verantwortlich zu machen. Es geht darum, zulernen, gemeinsam nach der momentanen bestmöglichen Lösung Ausschau zu halten.

2. Beispiel verfehlter Krisenkommunikation: Streit um das »Solinger-Modell«

Die Corona-Krise ist für uns alle eine Ausnahmesituation und es ist nicht verwunderlich, dass wir nicht gelernt und geübt sind, in einer Dauerkrisensituation angemessen miteinander zu kommunizieren. Als Beispiel sei dies am Streit um das »Solinger-Modell« im November 2020 aufgezeigt.

Durch die steigenden Corona-Neuinfektionen auch an den Schulen hat die Stadt Solingen beschlossen, die Schulklassen zu teilen und Hybridunterricht einzuführen, was eine Kombination aus Präsenzunterricht und digitalem Distanzunterricht bedeutet. So wollte man verhindern, dass bei wachsenden Infektionszahlen ganze Klassen und Schulen geschlossen werden. Die Stadt Solingen lag landesweit mit den Infektionszahlen an der Spitze mit einer 7-Tages-Inzidenz auf über 280 Infektionen pro 100.000 Einwohnern. Dieses Vorgehen wurde der Stadt Solingen von der Landesregierung mit dem Hinweis untersagt, dieser Sonderweg unterlaufe ein landeseinheitliches Vorgehen und gefährde die Bildungsgerechtigkeit.

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) begründete das Verbot wie folgt: »Eine pauschale Reduzierung des Präsenzunterrichts führt zu sozialer Benachteiligung vor allem jener Schülerinnen und Schüler, die im häuslichen Umfeld aus ganz unterschiedlichen Gründen weniger Unterstützung erhalten als ihre Mitschülerinnen und Mitschüler.« Außerdem wurde auch der Vorwurf erhoben, die Schulen in Solingen hätten kein durchdachtes und begründetes Konzept für den Distanzunterricht. Diese Argumentation stieß in der Stadt Solingen auf Unverständnis. Der Oberbürgermeister, Tim Kurzbach, zeigte sich in einer Pressekonferenz enttäuscht über die Reaktion der Landesregierung und hätte gerne mit dem Schulministerium über einen Plan B gesprochen. Aber seine Schlussfolgerung lautete, »das Ministerium wollte nicht weiterreden, sondern nur anweisen.« (Tagesschau, WDR)

Die Wogen schlugen hoch: So kündigte der Oberbürgermeister an, gegen die Weisung zu »remonstrieren«– also eine Gegenvorstellung oder eine Einwendung zu formulieren. Dies ist die einzig erlaubte Form des Protestes von Beamten gegen einer ihrer Meinung nach rechtswidriger Anordnung. Eltern- und Lehrerverbände kritisierten die Entscheidung der Landesregierung scharf und ein Vater erstattete Strafanzeige gegen Frau Gebauer wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Aufrufs zum Verstoß gegen die Corona-Schutzverordnung. Ein Schulleiter führte trotz der Anweisung an seiner Schule geteilten Unterrichtdurch, wohlwissend, dass ihm damit disziplinarrechtliche Maßnahmen drohen (vergl. SPIEGEL Panorama: »Das kann man schon als unverschämt bezeichnen«, spiegel.de , abgerufen am 09.02.2021).

Auch in anderen Bundesländern zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: In Hamburg geriet der Schulsenator unter Druck, da ihm vorgeworfen wurde, ein Gutachten unter Verschluss gehalten zu haben, welches nachwies, dass Schüler/-innen genauso ansteckend sind wie Erwachsene. Dieses Gutachten belegte, das ein Schüler als Superspreader an einer Schule circa 40 Schüler/-innen ansteckte. Damit war die Begründung des Schulsenators für den Präsenzunterricht widerlegt, Kinder und Jugendliche seien weniger ansteckend. Diebeiden Beispiele zeigen: Von einer gelungenen Krisenkommunikation keine Spur!

3. Wie Schulleitungen, Schulbehörden und Eltern mit der Krise umgehen und was sie sich wünschen

Schulleitungen: Alle befragten Schulleitungen betonen die Wichtigkeit der regelmäßigen Gespräche mit den Behörden und schätzen diese Kommunikation außerordentlich. Unterschieden wird dabei einerseits die Kommunikation mit der Schulaufsicht und andererseits jene mit dem Ministerium.

Die Kommunikation mit der Schulaufsicht wird von allen recht positiv gesehen. Geschätzt werden die Unterstützung und Beratung durch die Schulbehörde und gewünscht wird, dass die Schulaufsicht das selbstständige und eigenverantwortliche Handeln der Schulleitungen vor Ort unterstützt und stärkt. Weiterhin wünscht man sich eine Schulaufsicht, die offen ist für neue Formen der Kommunikation (z.B. Videokonferenzen). Wichtig ist den Schulleitungen auch, dass sie in der angespannten Situation vor Ort in den Schulen weniger von Zusatz- und Sonderthemen behelligt werden.

Anders eingeschätzt wird die Kommunikation mit den Ministerien. Zwar wird festgestellt, dass im Vergleich zum ersten Lockdown die Kommunikation sich verbessert hat und man sich darum bemüht wird, transparent zu kommunizieren. Aber es gibt immer noch deutlich sichtbare Mängel. So formulieren alle befragten SchulleiterIinnen, dass die Informationen oft zu spät kommen, so z.B. müssen Schulleiter manchmal bis freitagnachmittags abwarten, ob sie die Schule am Montag wieder öffnen dürfen oder nicht. Oft kommen offizielle Informationen für die Schulen nach der öffentlichen Pressemitteilung. Beklagt wird auch die unterschiedliche Behandlung der Schulformen. Der Eindruck sei, dass Gymnasien in NRW bevorzugt behandelt werden. Diese Aussage sich bezieht vor allem auf die Ausstattung mit der digitalen Infrastruktur. Hier fühlen sich die anderen Schulformen deutlich benachteiligt.

Einheitlich ist die Kritik an dem Einheitlich ist die Kritik an dem starren Festhalten von Vorgaben und Verordnungen, die ohne »Wenn« und »Aber« durchgesetzt werden, auch wenn vor Ort einvernehmliche, praktikablere und erfolgreichere Lösungen gefunden werden. Positiv wird die ausreichende Versorgung der Schulen mit Finanzen gesehen, damit Desinfektionsmitteln, Masken und Kittel in ausreichendem Maße besorgt werden konnten. Die Schulleitungen wünschen sich von den Ministerien vor allem, dass offizielle Informationen den Schulen früher mitgeteilt werden. Hilfreich wäre es, wenn die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung einer Maßnahme und der geforderten Umsetzung etwas länger wäre. Vor allem aber wünschen sich Schulleitungen, dass lokale schulbezogene Lösungen möglich sind. In einem Slogan fasste eine Schulleiterin dies so zusammen: »Soviel Kommunikation wie nötig – so viel Freiheit vor Ort wie möglich«., die ohne »Wenn« und »Aber« durchgesetzt werden, auch wenn vor Ort einvernehmliche, praktikablere und erfolgreichere Lösungen gefunden werden. Positiv wird die ausreichende Versorgung der Schulen mit Finanzen gesehen, damit Desinfektionsmitteln, Masken und Kittel in ausreichendem Maße besorgt werden konnten. Die Schulleitungen wünschen sich von den Ministerien vor allem, dass offizielle Informationen den Schulen früher mitgeteilt werden. Hilfreich wäre es, wenn die Zeitspanne zwischen der Veröffentlichung einer Maßnahme und der geforderten Umsetzung etwas länger wäre. Vor allem aber wünschen sich Schulleitungen, dass lokale schulbezogene Lösungen möglich sind. In einem Slogan fasste eine Schulleiterin dies so zusammen: »Soviel Kommunikation wie nötig – so viel Freiheit vor Ort wie möglich«.

Schulaufsicht

Überwiegend positiv wird die Zusammenarbeit zwischen Schulleitungen und Schulaufsicht von den Beteiligtengesehen. In der Regel versteht die Behörde sehr gut, vor welchen großen Herausforderungen Schulleitungen stehen. Die Schulaufsicht unterstützt Schulleitungen darin, Entscheidungen vor Ort zu treffen. Das setzt Vertrauen und Zurückhaltung voraus, sodass es Schulen vor Ort gelingt, ihren Unterricht unter Corona-Bedingungen verantwortungsvoll zu organisieren. Im besten Fall wird erwartet, dass die Schulaufsicht Entscheidungen der Schulleitungen auch gegenüber Dritten (z.B. Eltern) stützt. Nicht immer kann die Schulaufsicht die angemessenen Lösungen vor Ort entwickeln und eine wichtige Aufgabe besteht darin, Schulleitungen zu beraten oder einfach zuzuhören, mit welchen Problemen Schulleitungen vor Ort zu täglich zu kämpfen haben. Ein vertrauensvolles und wertschätzendes Gespräch, Zeit sich die Sorgen und Nöte der Schulleitungen anzuhören, Verständnis und Mitgefühl dafür zu entwickeln, wird einvernehmlich von den meisten Schulleitungen als hilfreich und entlastend empfunden.

Schulaufsicht kann auch aktive Unterstützungssysteme für Schulen einrichten. Exemplarisch hierfür seien die Maßnahmen der Schulabteilung der Bezirksregierung Arnsberg genannt. Mit den Schulen und den Ansprechpartner vor Ort in den Regionen und Kreisen bestehen enge, schulaufsichtliche Kontakte, die seiteinigen Jahren immer mehr Teil der regionalen Netzwerke geworden sind. So kann schnell Unterstützung und Beratung unbürokratisch eingeholt werden, auch durch die Einrichtung eines »interdisziplinären Krisenteam« mit Dezernent/-innen für alle Lernstufen der zu versorgenden Schulen, sowie einer/einem AnsprechpartnerIn aus der Schulpsychologie.

Eltern

Die meiste Kritik an den Corona-Maßnahmen in den Schulen kommt von den Eltern. Hier herrscht überwiegend eine große Unzufriedenheit. Das liegt sicher auch daran, dass die Eltern letztlich die Leidtragenden sind, wenn sie zu Hause im Home-Office noch zusätzliches Homeschooling betreiben müssen.

Als belastend empfinden Eltern, dass sie als »Hilfslehrer der Nation« tätig sind: Sie müssen ihre Kinder zu den Hausaufgaben animieren, Aufgaben ausdrucken, einscannen und verschicken. Zusätzliche Kosten für Papier und Druckerpatronen fallen an, da kann es schon einmal vorkommen, dass Eltern in einer Woche 60Seiten, möglichst in Farbe, ausdrucken sollten. Welcher Haushalt hat dafür die Materialien und Kapazitäten? Es rächt sich somit, dass die Kinder und Jugendlichen sowie die Lehrer/-innen nicht auf Homeschooling vorbereitet wurden und bis dato auch immer noch nicht soweit sind: Weder sind sie gewohnt mit digitalen Geräten und Tools zu arbeiten, noch können sie eine Lernplattform oder Messenger-Dienste bedienen. Oft reicht die Stärke der W-LAN-Verbindung nicht aus, dass alle Klassen im Netz arbeiten können. Den Kindern nur Arbeitsblätter zukommen zu lassen, ist für viele Eltern kein qualifizierter Unterricht.

Die Eltern wünschen sich, dass die Kinder besser vorbereitet werden auf den Umgang mit digitalen Medien (E-Mail schreiben, Scanner etc.) und dass den Kindern ein Endgerät zur Verfügung gestellt wird. Die Kommunikation mit der Schule und der Behörde empfinden die Eltern überwiegend mangelhaft. Die Eltern haben den Eindruck, es wird bei den schulischen Maßnahmen nicht im Sinne ihrer Kinder gehandelt und gesundheitliche Schäden einfach ignoriert.

Bemängelt wird, dass mit den Kindern in der Schule nicht das selbstständige Lernen geübt und nicht nachhaltig verankert ist. Vermisst wird auch die Bereitschaft bei Lehrer/-innen sich fortzubilden, sich auf dem Weg zu machen, um die Defizite nicht noch weiter wachsen zu lassen. Gerade bei der Digitalisierung sollten die Möglichkeiten für individualisiertes und selbstständiges Lernen mehr genutzt werden. Gewünscht wird auch, dass Lehrer/-innen mehr zusammenarbeiten, am besten in multiprofessionellen Teams. Dies käme in erster Linie den Kindern zugute, die besser betreut und unterstützt werden könnten. Die Kritik der Eltern hat auch eine positive Seite: In der Pandemie werden der Wert und die Bedeutung von Schule und Bildung erkannt. So fordern viele endlich die Schulen besser auszustatten, bessere Räume und mehr Lehrkräftebereitzustellen, Fortbildungen für Lehrkräfte mehr Raum zu geben. Interessant ist auch das Angebot von Eltern, Schulen zu unterstützen. So sind Eltern mit IT-Expertise bereit, in die Schule zu gehen und Lehrkräfte fortzubilden. Auch die Idee, dass Eltern als Lernbegleiter/-innen in Schule und Unterricht tätig sind, findet großen Anklang. Leider scheitert dieses Engagement der Eltern oft an der Bürokratie. Der Wunschlautet somit, schnell und unbürokratisch solchen Eltern ein Arbeiten in der Schule zu ermöglichen.

4. Welche Kommunikation braucht es in der Krise?

Eine angemessene Krisenkommunikation zu praktizieren heißt konkret:

  • Effiziente Krisenkommunikation führen – offen, authentisch und kreativ gestalten
    Mit jeder auftauchenden Krise müssen wir uns wieder bewusst machen, wie wir kommunizieren. Denn eine gute Krisenkommunikation ist essenziell. Wie ein roter Faden durchzieht sich in allen Gesprächen, die ich geführt habe, das Bedürfnis nach einer funktionierenden Kommunikation. Dabei müssen nicht immer Lösungen präsentiert werden, denn oft genügt es, den anderen mit seinen Problemen zu verstehen, zuzuhören und zu ermutigen. Auch das kann erleichternd und hilfreich sein. Wir Menschen sind soziale Wesen und brauchen einander. Der Hamburger Schulleiter Björn Lengwenus hat während des Corona-Lockdowns täglich eine »Dulsberg Late Night«-Showdurchgeführt, um den Kontakt mit den Schüler/-innen zu halten. Dabei kamen auch immer wieder Schüler/-innen zu Wort. Dafür wurde er mit dem Medienpreis »You Tube Goldene Kamera Digital Award« geehrt. Krisenkommunikation bedeutet auch kreativ und einfallsreich zu sein und neue Wege der Kommunikation zu erproben. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, »dass sich Krisen heute noch nach Anleitung bewältigen lassen« (S. Fiederer/A.Ternes, 2017, S. VI).
  • Konfliktfähigkeit stärken – transparent, vertrauensvoll und agil handeln
    Die eine richtige Lösung in Bezug auf die Schulöffnung gibt es nicht, auch aufgrund der Veränderung des Infektionsgeschehen heute als richtig beurteilte Wege morgen falsch sein können. In der Diskussion um die Schulöffnung stehen zwei Grundwerte unvermittelt und unversöhnlich gegenüber: Öffnung der Schulen, um die Bildung der Kinder und Jugendlichen zu sichern auf der einen Seite, und der Gesundheitsschutz von Kindern und Lehrkräften auf der anderen Seite. In einer solchen Situation, in der man nur auf Sicht fahren kann, ist ein umsichtiges Handeln unter Einbezug der Betroffenen ein Gebot der Stunde. Agiles Handeln ist gefordert! Das heißt unter Einbezug aller und in der Kommunikation mit allen Beteiligten einmal gefasste Vorgehensweisen durch neue Erkenntnisse und Erfahrungen schnell wieder verändern zu können, wenn es die Lage erfordert. Genau das geschah nicht. Mit der Brechstange wurde von den Ministerien der Präsenzunterricht aufrechterhalten, kluge Alternativen vor Ort verboten.
  • Kooperationsfähigkeit und Gemeinschaft stärken – Zuversicht und Vertrauen macht uns stark
    Schule und Bildung befinden sich seit dem Ausbruch von COVID-19 in einer Krise. Krise bedeutet, wir befinden uns in einer schwierigen Situation, in der noch nicht gewiss ist, wie sie ausgeht. Kann die Krise gemeistert werden, wird sie zum Dauerzustand oder verschärft sie sich sogar? Konkret: Werden wir die Pandemie bald besiegt haben oder wird Corona uns längerfristig begleiten? Nach der Einschätzung des Virologen A. Fauci ist damit zu rechnen, dass solch ein Virus alle 15Jahre auftauchen kann. Solche Prognosen evozieren, wie wichtig es ist, dass sich eine Gesellschaft auf eine Krisenkommunikation verständigt, die transparent und effektiv ist, sachlich und nicht verletzend. Eine solche Auseinandersetzung kann scharf in der Argumentation sein, aber nicht verletzend und den anderen missachtend. Kommunikation muss zum Ziel haben, der Krise angemessene Lösungen zu diskutieren ist, die uns als Mitglieder der Gesellschaft stärkt und die Gräben zwischen Menschen nicht noch vertieft.
  • »Vergeude keine Krise«
    »Es wäre fahrlässig, eine Krise ungenutzt verstreichen zu lassen«, schreiben A. Förster & P. Kreuz(2020, Vorwort). Aus jeder Krise kann man etwas lernen. Krise ist auch: Die Chance Dinge besser zumachen, etwas dazu zu lernen und zu ändern. Diese Diskussion in Bezug auf Schule und Unterricht ist noch zu führen. Sicher ist, dass die Bedeutung von Bildung, die Wichtigkeit der Kitas und Schulen für unsere Kinder und Jugendlichen wieder sehr stark ins öffentliche Bewusstsein gekommen ist. Sicher ist auch, dass wir mehr für unsere Schulen tun müssen als bisher, um sie für die Zukunft zu wappnen.

Und zum Schluss noch ein Tipp von zwei Expertinnen, S. Fiederer/A. Ternes, zur Krisen-Kommunikation:

Tipp: Die 10 Goldenen Regeln der Krisenkommunikation

  • Regel Nr. 1: Krisen sind unvermeidbar. Sei gewappnet!
  • Regel Nr. 2: Keine Krise ist wie die andere. Sei auf alles vorbereitet!
  • Regel Nr. 3: Der erste Eindruck entscheidet. Mach einen guten!
  • Regel Nr. 4: Geschwindigkeit und Professionalität sind erfolgsentscheidend.
  • Regel Nr. 5: Eine schlechte Nachricht bleibt eine schlechte Nachricht. Übertünchen nützt nichts.
  • Regel Nr. 6: Erfahrung und Professionalität, aber auch üben, üben, üben ...
  • Regel Nr. 7: Mach es wie Hoeneß – und nutze deinen guten Ruf.
  • Regel Nr. 8: Knüpfe ein Netz aus Vertrauen – es fängt dich in Krisenzeiten auf.
  • Regel Nr. 9: Den Kopf hinhalten geht nur mit entsprechendem Rückgrat.
  • Regel Nr. 10: Es gilt, die wahre, zumindest eine glaubhafte und plausible, Geschichte zu erzählen.

(aus: S. Fiederer/A. Ternes, 2017, S. 107 f.)

Literatur

Abenteuer Philosphie. Magazin für praktische Philosophie, Ausgabe 1, Januar-März 2021, Nr. 163.
»Dulsberg Late Night« – Hamburger Lehrer bekommt Preis für Corona-Show, aus: MOPO (Hamburger Morgenpost) vom 02.09.2020, siehe: mopo.de , abgerufen am 10.02.2021.
Fiederer, Susanne/Ternes, Anabel: Effiziente Krisenkommunikation – transparent und authentisch. Mitzahlreichen Praxisbeispielen, Wiesbaden 2017, Springer Gabler Verlag.
Förster, Anja/Kreuz, Peter: Vergeude keine Krise! – 28 rebellische Ideen, Heidelberg 2020.
Meidinger, Hermann: Stärke durch Offenheit. Ein Trainingsprogramm zur Verbesserung der Kommunikations- und Konfliktfähigkeit von Lehrern, Berlin 2000, Cornelsen Verlag.

Autor Scheuerer

Organisationsberater und Schulentwickler Oberstudiendirektor a.D.

 

Alexander Scheuerer

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