Aufenthaltsrecht zur Kindererziehung eubuerger
Recht & Verwaltung09 August, 2022

LSG: Aufenthaltsrecht zur Kindererziehung für EU-Bürger

Redaktion eGovPraxis Sozialhilfe

Das LSG hatte sich im Wesentlichen mit zwei Fragen zu beschäftigen: Erwächst aus der Erziehung des leiblichen Kindes, das die deutsche Staatsbürgerschaft hat, ein eigenständiges Aufenthaltsrecht einer EU-Bürgerin, das zum Bezug von SGB II-Leistungen berechtigt? Muss der SGB II-Träger selbstständig prüfen, ob der Antragsteller ein Aufenthaltsrecht besitzt, wenn er keinen Aufenthaltstitel vorweisen kann?

Der Fall

Eine slowenische Staatsbürgerin beantragte drei Jahre nach ihrer Einreise Grundsicherungsleistungen für sich, ihren deutschen Lebensgefährten und das gemeinsame Kind. Zunächst bewilligte das Jobcenter vorläufige Leistungen. In der Folgezeit lehnte es den Antrag ab mit der Begründung, die Hilfesuchende sei freizügigkeitsberechtigt und unterliege dem Leistungsausschluss des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II. Ferner sei zur Erteilung eines Aufenthaltstitels die Ausländerbehörde zuständig. Der Leistungsausschluss sei erst ab Erteilung des Aufenthaltstitels nicht mehr einschlägig.

Die Entscheidung

Das LSG entschied, dass der Hilfesuchenden ein Aufenthaltsrecht zur Ausübung der Personensorge für einen minderjährigen ledigen Deutschen aus § 11 Abs. 1 Satz 11 FreizügG/EU. a.F. i.V.m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG zusteht. Dass ihr im Zeitpunkt der Antragstellung eine solche Aufenthaltserlaubnis noch nicht formell durch die dafür zuständige Behörde erteilt worden war, sei insoweit ohne Belang. Es könne aber nicht verlangt werden, dass das Jobcenter einen solchen Titel selbst erlässt, sondern nur, dass er im Rahmen der Anspruchsberechtigung bzw. des Anspruchsausschlusses nach § 7 SGB II eigenständig prüft, ob ein solches Aufenthaltsrecht materiell bestehe.

Fazit

EU-Bürger, die sich zur Erziehung ihres minderjährigen deutschen Kindes in Deutschland aufhalten haben ein eigenständiges Aufenthaltsrecht. Wenn die Ausländerbehörde (noch) keinen Aufenthaltstitel ausgestellt hat, müssen die Grundsicherungsträger prüfen, ob materiell ein Aufenthaltsrecht des Antragstellers besteht. Grundsicherungsträger erteilen keinen Aufenthaltstitel.


Quelle: Urteil des LSG Saarland vom 22.02.2022 - L 4 AS 1/19

Bildnachweis: Davide Angelini/adobestock.com
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