Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts
Recht & Verwaltung19 Dezember, 2022

Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts

Von Prof. Dr. Kai Schulte-Bunert, Professor an der Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen, Bad Münstereifel
Am 4.5.2021 hat der Bundestag das Gesetz zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts beschlossen (BGBl I 2021, 882; vgl. zur Gesetzesbegründung BT-Drs. 19/24445), welches am 1.1.2023 in Kraft tritt. 

Die Vormundschaft ist in den §§ 1773-1808 BGB normiert, die Pflegschaft für Minderjährige in den §§ 1808-1813 BGB, die rechtliche Betreuung in den §§ 1814-1881 BGB und die sonstige Pflegschaft in den §§ 1882-1888 BGB. 

Durch die Reform sollen unter anderem die Personensorge ebenso wie die personellen Ressourcen gestärkt werden. Ferner soll die Vermögenssorge modernisiert und entbürokratisiert werden. Aufgrund der Neustrukturierung mit der Reihenfolge Vormundschaft, Pflegschaft für Minderjährige, Betreuung und sonstige Pflegschaften bleibt kaum eine Vorschrift an ihrer ursprünglichen Stelle. 

Im Folgenden werden einige wichtige Beispiele in den einzelnen Bereichen der gesetzlichen Vertretung kurz dargestellt.

I. Einzelne Bereiche der gesetzlichen Vertretung

1. Vormundschaft

Die Vermögenssorge ist nunmehr im Wesentlichen im Betreuungsrecht in den §§ 1835 f. BGB (bis zum 31.12.2022 im Vormundschaftsrecht in den §§ 1802 f. BGB) verortet. 

a. Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf zusätzlichen Pfleger nach § 1776 BGB

Neu ist nach § 1776 BGB die Möglichkeit, neben einem ehrenamtlichen Vormund mit dessen Einverständnis einem zusätzlichen Pfleger einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten zu übertragen, wenn dies dem Wohl des Mündels dient. 

Nach § 1776 I 1 BGB kann das Familiengericht bei Bestellung eines ehrenamtlichen Vormunds (vgl. § 1774 I Nr. 1 BGB) mit dessen Einverständnis einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten auf einen Pfleger übertragen, wenn die Übertragung dieser Angelegenheiten dem Wohl des Mündels dient. Die Bestellung eines zusätzlichen Pflegers kommt in Betracht, wenn der ehrenamtliche Vormund diese Angelegenheiten nicht zum Wohl des Mündels ausführen kann, er aber im Übrigen zur Führung der Vormundschaft geeignet ist. So können sich für den ehrenamtlichen Vormund gegebenenfalls Probleme ergeben bei der Beantragung von Sozialleistungen oder bestimmte Sorgeangelegenheiten können im Verhältnis des Vormunds zu den leiblichen Eltern besonders konfliktträchtig und belastend sein, sofern z.B. die Großmutter als Vormund mit einem Rechtsanwalt gegen ihre Tochter zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen des Mündels vorgehen muss (BT-Drs. 19 /2445 S. 190). Der zusätzliche Pfleger ist im Rahmen der übertragenen Angelegenheiten der gesetzliche Vertreter des Mündels nach §§ 1776 III 1, 1813 I, 1789 I 1, II 1 BGB. 

Nach § 1792 II BGB sind Vormünder und Pfleger zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit im Interesse des Mündels zu dessen Wohl verpflichtet. Ferner hat der zusätzliche Pfleger nach § 1776 BGB bei seinen Entscheidungen die Auffassung des Vormunds gem. § 1792 III BGB einzubeziehen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen entscheidet das Familiengericht auf Antrag nach § 1793 I Nr. 3 BGB. Antragsberechtigt sind nach § 1793 II BGB Vormund, Pfleger und Mündel ab dem vollendeten 14. Lebensjahr. 

b. Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger nach § 1777 BGB

Nach § 1777 I 1 BGB überträgt das Familiengericht auf Antrag des Vormunds oder der Pflegeperson einzelne Sorgeangelegenheiten oder eine bestimmte Art von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger, wenn der Mündel seit längerer Zeit bei der Pflegeperson lebt oder bereits bei Begründung des Pflegeverhältnisses eine persönliche Bindung besteht, die Pflegeperson oder der Vormund dem Antrag des jeweils anderen zustimmen und die Übertragung dem Wohl des Mündels dient
Die Übertragung kommt in Betracht, wenn ein stabiles Pflegeverhältnis mit einer gefestigten persönlichen Bindung zwischen dem Mündel und der Pflegeperson besteht, was sich anbieten kann, sofern ein Kind im Rahmen eines Sorgerechtsentzugs aus der Familie herausgenommen wird und es im vertrauten Umfeld z.B. bei Großmutter oder Onkel etc. in Familienpflege kommt, diese aber nicht zur Übernahme der Vormundschaft bereit sind (BT-Drs. 19 /2445 S. 192). Die Pflegeperson als Pfleger ist im Rahmen der übertragenen Angelegenheiten der gesetzliche Vertreter des Mündels nach §§ 1777 IV 2, 1813 I, 1789 I 1, II 1 BGB. 

Nach § 1792 II BGB sind Vormünder und Pfleger auch hier zur gegenseitigen Information und Zusammenarbeit im Interesse des Mündels zu dessen Wohl verpflichtet. Der Pfleger nach § 1777 BGB und der Vormund entscheiden in Angelegenheiten, für die ihnen die Sorge gemeinsam zusteht (vgl. § 1777 II BGB), nach § 1792 III BGB in gegenseitigem Einvernehmen. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen diesen entscheidet das Familiengericht auf Antrag nach § 1793 I Nr. 3 BGB.

Durch die Möglichkeiten des zusätzlichen Pflegers nach § 1776 BGB und der Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger nach § 1777 BGB soll die ehrenamtliche Vormundschaft gestärkt werden (BT-Drs. 19/24445 S. 192). Als Standort für diese neuen Regelungen wurde bewusst das Vormundschaftsrecht gewählt, um klarzustellen, dass es sich nicht aufgrund einer tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung um die Erforderlichkeit einer Ergänzungspflegschaft handelt (§ 1809 BGB -bis zum 31.12.2022: § 1909 BGB; BT-Drs. 19 /2445 S. 191, 192).  

c. Bestellung eines Gegenvormunds

Der bis zum 31.12.2022 mögliche Gegenvormund gem. §§ 1792, 1799, 1812 BGB war ein Aufsichtsorgan. Sofern ein solcher vorhanden war, war nicht die Genehmigung des Familiengerichts erforderlich. Seit dem 1.1.2023 gibt es keinen Gegenvormund mehr. Die Bestellung eines Gegenvormunds wird ab diesem Zeitpunkt wirkungslos nach Art. 229 § 54 II EGBGB. 

d. Vertretungsausschluss 

Der Vertretungsausschluss aufgrund eines besonderen Näheverhältnisses ist nun im Betreuungsrecht in § 1824 BGB geregelt (bis zum 31.12.2022 im Vormundschaftsrecht in § 1795 BGB), während der Vertretungsausschluss im Falle eines konkreten erheblichen Interessenkonflikts zwar im Vormundschaftsrecht verbleibt, sich aber nun in § 1789 II 3, 4 BGB wiederfindet (bis zum 31.12.2022 in § 1796 BGB). 

e. Schenkungsverbot 

Das Schenkungsverbot für den Vormund ist in § 1798 III BGB normiert (bis zum 31.12.2022 in § 1804 BGB). Verstöße führen weiterhin sowohl für das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft zur Nichtigkeit, da es sich um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB handelt.

2. Pflegschaft für Minderjährige nach § 1813 BGB

Da für die Pflegschaft für Minderjährige in § 1813 I BGB (bis zum 31.12.2022 in § 1915 I 1 BGB) auf die Vorschriften des Vormundschaftsrechts verwiesen wird und dieses in der Vermögenssorge auf das Betreuungsrecht, entstehen entsprechende Verweisungsketten. 

3. Rechtliche Betreuung nach den §§ 1835 f. BGB

Die Vermögenssorge ist nunmehr grundsätzlich im Betreuungsrecht in den §§ 1835 f. BGB normiert (bis zum 31.12.2022 im Vormundschaftsrecht in den §§ 1802 f. BGB).

a. Handlungsmaßstab im Betreuungsrecht 

Im Betreuungsrecht sind der Handlungsmaßstab nunmehr nur noch die „Wünsche“ des Betreuten gem. § 1821 II BGB (bis zum 31.12.2022 Wohl und Wünsche nach § 1901 II, III 1 BGB), wobei diesen Wünschen nur nicht zu entsprechen ist im Falle einer erheblichen Gefährdung für den Betreuten oder der Unzumutbarkeit für den Betreuer. Sofern sich die Wünsche nicht feststellen lassen, soll der mutmaßliche Wille des Betreuten anhand konkreter Anhaltspunkte ermittelt und ihm Geltung verschafft werden. 

b. Bestellung eines Gegenbetreuers 

Seitdem gibt es keine Gegenbetreuung mehr (bis zum 31.12.2022: §§ 1908i I 1, 1792 BGB). Nach Art. 229 § 54 II EGBGB wird die Bestellung eines Gegenbetreuers wirkungslos. Ein bis dahin bestellter Gegenbetreuer wird verfahrensrechtlich wie ein entlassener Betreuer behandelt (BT-Drs. 19/2445 S. 321).

c. Vertretungsausschluss 

Der Vertretungsausschluss aufgrund eines besonderen Näheverhältnisses ist in § 1824 BGB geregelt (vgl. oben II. c.), während der Vertretungsausschluss im Falle eines konkreten erheblichen Interessenkonflikts zwar im Vormundschaftsrecht verbleibt, sich aber nun in § 1789 II 3, 4 BGB wiederfindet. Für die Betreuung ist dieser Vertretungsausschluss damit nicht mehr anwendbar.

d. Betreuungsgerichtliche Genehmigungen

Die gerichtliche Genehmigung ist ein Hoheitsakt. Es muss differenziert werden zwischen Anzeigepflichten und Außengenehmigungen.

aa. Erfordernis einer Innengenehmigung
Das bis zum 31.12.2022 geltende Erfordernis einer sog. Innengenehmigung (=gerichtliche Genehmigung ist für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts nicht erforderlich) z.B. in den bis dahin maßgeblichen Vorschriften der §§ 1645, 1810, 1811, 1823 BGB entfällt ab dem 1.1.2023. 

Stattdessen werden in §§ 1645, 1846, 1847 BGB Anzeigepflichten eingeführt. Wenn dagegen verstoßen wird, hat dies jedoch keine Unwirksamkeit zur Folge. Die jeweiligen Rechtsgeschäfte sind vielmehr wirksam. Insofern ist mit dem Wechsel vom Innengenehmigungserfordernis zu Anzeigepflicht keine inhaltliche Änderung verbunden (BT-Drs. 19/24445 S. 281). Allerdings macht sich der gesetzliche Vertreter gegebenenfalls gegenüber seinem Vertretenen schadensersatzpflichtig (§§ 1664, 1794, 1813 I, 1826 BGB -bis zum 31.12.2022: §§ 1833, 1908i I 1, 1915 I 1 BGB-) und das Gericht schreitet erforderlichenfalls im Rahmen seines Aufsichtsrechts ein (Art. 6 II 2 GG, §§ 1802 II 3, 1813 I, 1862 I 1, III 1 BGB -bis zum 31.12.2022: §§ 1837 II 1, 1908i I 1, 1915 I 1 BGB-). 

bb. Erfordernis einer Außengenehmigung
Das Erfordernis einer Außengenehmigung schränkt die gesetzliche Vertretungsmacht ein. Außengenehmigung bedeutet, dass die gerichtliche Genehmigung für die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts erforderlich ist. 
Beispiele für Außengenehmigungstatbestände sind §§ 1820 V, 1833 (bis zum 31.12.2022: § 1907 BGB), 1848, 1849 (bis zum 31.12.2022: § 1812 BGB), 1850 (bis zum 31.12.2022: § 1821 BGB), 1851-1854 (bis zum 31.12.2022: § 1822 BGB). Wird ein Vertrag (z.B. ein Grundstückskaufvertrag) ohne die erforderliche gerichtliche Genehmigung geschlossen, ist er schwebend unwirksam gem. § 1856 I 1 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1829 I 1 BGB). 
Verweisvorschriften auf die §§ 1855-1858 BGB (bis zum 31.12.2022: §§ 1828–1831 BGB) sind für:
Eltern, § 1644 III 1 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1643 III BGB)
Vormund, §§ 1795 IV 1, 1800 II 1 BGB 
Ergänzungspfleger, §§ 1813 I, 1795 IV 1, 1800 II 1 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1915 I 1 BGB).

Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft (z.B. die Kündigung eines Mietverhältnisses) ohne die erforderliche gerichtliche Genehmigung vorgenommen, ist dieses grundsätzlich nach § 1858 I BGB (bis zum 31.12.2022: § 1831 S. 1 BGB) unwirksam.

e. Schenkungsverbot für den Betreuer

Das Schenkungsverbot für den Betreuer (bis zum 31.12.2022 anwendbar im Rahmen der Betreuung nach § 1804 BGB über § 1908i II 1 BGB) wurde in der Betreuung abgeschafft und stattdessen ein Genehmigungstatbestand mit § 1854 Nr. 8 BGB eingeführt. 

4. Sonstige Pflegschaft gemäß §§ 1882 f. BGB

Die sonstige Pflegschaft umfasst die Pflegschaft für unbekannte Beteiligte nach § 1882 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1913 BGB), die Pflegschaft für gesammeltes Vermögen gem. § 1883 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1914 BGB) und die Abwesenheitspflegschaft nach § 1884 BGB (bis zum 31.12.2022: § 1911 BGB) sowie die Bestellung eines sonstigen Pflegers nach § 1885 BGB. Auf die sonstigen Pflegschaften sind nach § 1888 I BGB grundsätzlich die Vorschriften des Betreuungsrechts entsprechend anwendbar.

5. Gesetzliche Vertretung von Ehegatten nach § 1358 BGB

Es wird mit dem neuen § 1358 BGB das Recht der gegenseitigen Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge eingeführt. Diese Regelung gilt nach § 21 LPartG auch für eingetragene Lebenspartner. 

Das Vertretungsrecht besteht nur, sofern der vertretene Ehegatte aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit seine Angelegenheiten der Gesundheitsfürsorge rechtlich nicht besorgen kann, § 1358 I vor Ziff. 1 BGB. Bezweckt wird damit, eine ansonsten im Falle des Fehlens einer Vorsorgevollmacht aufgrund einer akut eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigung z.B. wegen eines Unfalls erforderliche vorläufige Betreuung per einstweiliger Anordnung nach § 300 FamFG möglichst zu vermeiden (BT-Drs. 19/24445 S. 179). Der Katalog der Angelegenheiten nach § 1358 I BGB, in denen eine Vertretung erfolgen kann, ist abschließend

Nach § 1358 II BGB sind die behandelnden Ärzte gegenüber dem vertretenden Ehegatten von ihrer Schweigepflicht entbunden und der Ehegatte darf Einsicht in die Krankenunterlagen nehmen sowie eine Weitergabe an Dritte bewilligen. 

Nach § 1358 III BGB besteht allerdings keine Vertretungsberechtigung, falls die Ehegatten getrennt leben (wie § 1567 I 1 BGB) oder dem behandelnden Arzt bekannt ist, dass der vertretene Ehegatte eine Vertretung durch den anderen Ehegatten ablehnt oder eine andere Person bevollmächtigt hat, ein Betreuer mit dem entsprechenden Aufgabenkreis bestellt ist, die Voraussetzungen nach § 1358 I BGB nicht mehr vorliegen oder mehr als sechs Monate seit dem durch den Arzt festgestellten Zeitpunkt vergangen sind. 

Mit § 1358 IV BGB erhält der vertretende Ehegatte einen schriftlichen Nachweis für seine Vertretungsberechtigung

Mit § 1358 V BGB wird klargestellt, dass der Ehegatte ab der Bestellung eines Betreuers seine Vertretungsberechtigung nicht mehr ausüben darf. 

§ 1358 VI BGB enthält Verweisvorschriften in das Betreuungsrecht, sodass der vertretende Ehegatte auch die Wünsche des vertretenen Ehegatten, seine Patientenverfügung sowie seinen Patientenwillen beachten muss und er bei den in § 1829 I-IV BGB (bis zum 31.12.2022: § 1904 I-IV BGB) aufgeführten ärztlichen Maßnahmen sowie bei freiheitsentziehenden Maßnahmen nach § 1831 IV, II BGB (bis zum 31.12.2022: § 1906 I-IV BGB) wie z.B. durch ein Bettgitter der Genehmigung des Betreuungsgerichts bedarf. Nicht von der Vertretungsmacht erfasst ist eine freiheitsentziehende Unterbringung. 

Nach § 12 IV PStG hat das Standesamt die Eheschließenden auf das Ehegattenvertretungsrecht nach § 1358 BGB hinzuweisen. Eine Registrierung eines Widerspruchs gegen das Ehegattenvertretungsrecht bei dem Zentralen Vorsorgeregister ist nach § 78a I 1 BNotO möglich.

6. Elterliche Sorge

Die Reform hat aber auch Auswirkungen auf das Recht der elterlichen Sorge, wobei z.B. die sog. Abschichtung –eine Vereinbarung, mit der das Kind aus einer Erbengemeinschaft (gegen Abfindung) ausscheidet– Eingang in § 1643 III 2 BGB gefunden hat und diese für Eltern genehmigungsfrei ist, während sie für die sonstigen gesetzlichen Vertreter genehmigungsbedürftig ist nach § 1851 Nr. 3, 2. Alt. BGB.

II. Reparaturgesetz

Im Rahmen eines 1. Reparaturgesetz vom 24.6.2022 (BGBl I 2022, 959) wurden bereits einige Korrekturen und Änderungen vorgenommen. So ist z.B. die Bestellung eines Verhinderungsbetreuers nach § 1817 IV 1 BGB (=bei Verhinderung des Betreuers aus tatsächlichen Gründen) nicht mehr zwingend erforderlich, sondern sie „kann auch vorsorglich“ erfolgen. 

III. Fazit/Ausblick

Die Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts stellt die Praxis vor große Herausforderungen. Notwendig gewesen wäre sie in diesem Umfang nicht. Ob durch die Möglichkeiten des zusätzlichen Pflegers nach § 1776 BGB und der Übertragung von Sorgeangelegenheiten auf die Pflegeperson als Pfleger nach § 1777 die ehrenamtliche Vormundschaft tatsächlich gestärkt werden kann, ist fraglich und bleibt abzuwarten. Aufgrund der erheblichen Änderungen musste man mit einem schnellen „Reparaturgesetz“ rechnen. Es wird voraussichtlich auch nicht das letzte gewesen sein. Vielleicht wird dann irgendwann wieder der Vertretungsausschluss für den Betreuer im Falle eines konkreten erheblichen Interessenkonflikts für anwendbar erklärt, da hier auch solche Konstellationen auftreten können.
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