BSG zu den Anforderungen an den gewöhnlichen Aufenthalt
Recht & Verwaltung31 Oktober, 2023

BSG: Leistungsausschluss für Unionsbürger und Anforderungen an gewöhnlichen Aufenthalt

Redaktion eGovPraxis Jobcenter


Ausländer erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II Leistungen nach dem SGB II, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben. Es fragt sich, ob diese Regelung auch auf langjährig in der Bundesrepublik lebende EU-Bürger anzuwenden ist, die zwar die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer erfüllen, aber während ihres Aufenthalts nicht durchgehend behördlich gemeldet waren. Einen solchen Fall hatte das BSG zu entscheiden.

Der Fall

Die hilfesuchende Person hat die polnische Staatsangehörigkeit und hält sich seit 2009 in der Bundesrepublik auf. Ihre erste behördliche Anmeldung erfolgte im April 2009. Anschließend war sie nur mit Unterbrechungen im Inland behördlich gemeldet. Seit dem 2. September 2017 war sie erneut nicht mehr gemeldet. Während ihres Aufenthalts war der Hilfesuchende wiederholt berufstätig, unterbrochen von Zeiten der Arbeitslosigkeit. Den Leistungsantrag für die Zeit vom Januar 2018 bis Februar 2019 lehnte das Jobcenter ab, weil die hilfesuchende Person als EU-Bürger nur ein Aufenthaltsrecht allein zum Zwecke der Arbeitsuche habe.


Die Entscheidung

Das BSG - wie schon das SG - entschied, dass der hilfesuchenden Person Leistungen nach dem SGB II zu gewähren sind. Denn der Hilfesuchende hatte seit mindestens fünf Jahren einen ununterbrochenen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Lediglich unwesentliche Unterbrechungen des Aufenthalts - zum Beispiel ein kurzer Heimatbesuch - seien unschädlich; ansonsten begänne die Frist wieder neu zu laufen. Beachtlich seien dabei gemäß § 7 Absatz 1 Satz 5 SGB II nur Zeiträume, die nach der ersten Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde liegen. Die Tatsache, dass die Person in der auf die Anmeldung folgenden Zeit nicht durchweg behördlich gemeldet war, sei unschädlich.


Fazit

Für die Berechnung des Fünfjahreszeitraums nach § 7 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist zu beachten:

  • Die Frist beginnt mit dem Tag der Erstanmeldung des Ausländers gem. § 7 Abs. 1 Satz 5 SGB II zu laufen.
  • Die Anmeldung bei der Meldebehörde hat für den Lauf der Fünfjahresfrist konstitutive Wirkung.
  • Nur unwesentliche Unterbrechungen des Aufenthalts in der Bundesrepublik (z.B. kurzer Heimatbesuch) sind unbeachtlich.
  • Liegt keine unwesentliche Unterbrechung vor, beginnt die Frist erneut zu laufen.
  • Der Leistungsanspruch auf Bürgergeld erfordert keine ununterbrochene Meldung im Fünfjahreszeitraum; entscheidend ist der gewöhnliche Aufenthalt im Inland.

    Quelle: Terminbericht zum Urteil des BSG vom 20.09.2023 - B 4 AS 8/22 R
Bildnachweis: Julien Eichinger/stock.adobe.com
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