Der Fall ist doch ziemlich klar: Digitale Spracherkennung ist überall: Siri, Google, Alexa. Wozu soll ich denn bitte eine speziell juristische Spracherkennungssoftware benötigen, wenn Spracherkennung doch – im wahrsten Sinne des Wortes – gerade in aller Munde ist. Und zudem noch frei verfügbar zu sein scheint. Alexa hört mir im Wohnzimmer zu, Siri ist unterwegs ständig dabei – und Google weiß sowieso mehr über mich, als ich selbst und ist zudem mit Abstand weniger vergesslich. Ein paar juristische Fachausdrücke wie „Drittschadensliquidation“ oder „Leistungskondiktion“ dürften für diese Tech-Schwergewichte doch kein wirkliches Problem darstellen. Oder?
EU-DSGVO, FamFG & UrhG
Na gut, sagen wir mal so: natürlich ist das Zuhören kein Problem. Weder für Alexa, noch Google oder Siri. Allerdings bringen diese Helferchen einen auch nur halb ans Ziel. Wenn man wirklich schnell und effizient arbeiten möchte, dann kommt es – Überraschung! – maßgeblich darauf an, wie gut das Gehörte tatsächlich auch in ein geschriebenes Wort umgesetzt wird. Sonst kann man sich das Ganze tatsächlich auch sparen.
Und da merkt man bei Google und Siri schnell, wie juristische Fachausdrücke offensichtlich nur von einer kleinen, aber feinen Minderheit der bundesdeutschen Bevölkerung regelmäßig verwendet werden. Und sind wir mal ehrlich: Spracherkennungssoftware macht nur dann wirklich Spaß, wenn man tatsächlich auch verstanden wird. Schnell und unkompliziert. Wenn hingegen jedes oder ja vielleicht auch nur jedes zweite Wort korrigiert werden muss, ist man (ich zumindestens) schnell genervt. Da fährt man definitiv besser, wenn man den ganzen Text gleich selbst eintippt. Oder wieder auf das gute, alte, analoge Sekretariat zurückgreift.
Beherrschen die einschlägigen Sprachassistenten juristisches Fachvokabular, das ist hier die Frage: Nach meiner Erfahrung definitiv nicht in dem Umfang, dass Diktiertes ohne großflächige Korrekturen unmittelbar Spaß macht. Probieren Sie es mal und flüstern Siri „EU-DSGVO, FamFG und Urhebergesetz" ins Ohr.1:0 für juristische Spezialsoftware.
Datenschutz…da war doch was?!
Für den Hausgebrauch mag es egal sein, mit welchen Lauschern die Techgiganten zuhören. Für einen Rechtsanwalt darf es das nicht. Anwaltliche Verschwiegenheit und das Mandatsgeheimnis sind hohe Güter, die es um jeden Preis zu wahren gilt. Das mag theoretisch sicherlich (auch) mit den digitalen Helferlein aus Silicon Valley möglich sein. Ich persönlich fühle mich bei einer in Deutschland ansässigen Cloud deutlich sicherer. Ich habe daher schon früh beschlossen, streng vertrauliche Mandatskorrespondenz nicht mit Siri zu teilen.
Der internationale deutsche Rechtsanwalt
Von Studenten werde ich häufig gefragt, welche Möglichkeiten man denn mit einem deutschen Jurastudium hat, um international durchstarten zu können. „Kann ich dann in New York arbeiten? Oder in Rio? Oder doch nur in Rosenheim?“.
So international die Arbeit als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt bisweilen sein mag, wenn man mit fremdsprachigen Mandaten zu tun hat, so wenig ist das deutsche Studium auf eine internationale Karriere ausgelegt. Klar – „Life is what you make it#“ – aber der deutsche Paragrafenreiter bleibt nun mal ein Experte für deutsche Paragrafen. Schon ein Wochenendbesuch in Paris oder Salzburg macht – in juristischer Hinsicht – mehr Probleme, als einem lieb ist. Und genau deshalb, macht juristische Spracherkennung aus Deutschland für deutsche Juristen total Sinn. Hoch lebe die Drittschadensliquidation!