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Recht & Verwaltung26 April, 2023

Die Relevanz von qualifizierter und praxisintegrierter Anleitung während der Ausbildung

Melanie Hartung, Arbeits- und Organisationspsychologin (M.A.), Diplom-Sozialpädagogin, Erzieherin sowie Senior-, Master- und Lehrcoach (DGfC). Selbstständige Unternehmerin in der Beratungs- und Weiterbildungsbranche mit den Schwerpunkten Organisationsentwicklung, Coaching und individuell zugeschnittenen Beratungs- und Fortbildungsformaten in der Sozialwirtschaft.

Qualifizierte Anleitung während der Ausbildung als wichtiger Qualitätsaspekt

Zu einer fundierten Aus- und Weiterbildung in sozialen Berufen gehören neben den theoretischen und schulischen Inhalten die fachpraktischen Anteile. Damit in der Praxis bestmöglich gelernt werden kann, bedarf es einer kompetenten Begleitung in der Praxis durch erfahrene pädagogische Fachkräfte.
Die Praxisanleiter:innen haben die Aufgabe, eine gute fachpraktische Ausbildung zu gewährleisten. Außerdem sind sie gefordert die eigene Einrichtung intern und extern als Ausbildungsbetrieb zu profilieren.

Anforderungsprofil Praxisanleitung

Als Praxisanleitung übernehmen Sie die Verantwortung für die Qualität in der Fachpraxis, indem Sie den Lerntransfer zwischen Theorie und Praxis sichern sowie Lernziele setzen und Lernprozesse begleiten und fördern. Praxisanleitungen leiten zur kritischen Reflexion und Einschätzung der eigenen Kompetenzen und Potentiale auf dem Weg zu professionellem Handeln an. Dabei vermitteln sie „über ihr eigenes professionelles Handeln ein Leitbild für eine verantwortliche, theoriegeleitete und systematisch reflektierte Gestaltung der sozialpädagogischen Berufsrolle“ (Klawe 2005, S.2). „Die Entwicklung einer reflektierten Handlungskompetenz“ der Auszubildenden, die sich aus Selbstkompetenz, Sozialkompetenz, Fach- und Methodenkompetenz zusammensetzt, „ist die wesentlichste Aufgabe der Anleitung in der Praxis“. (Fischer/Speck-Giesler 2014, S.31). Die Entwicklung einer umfassenden beruflichen Handlungskompetenz ist auf kontextbezogene, praktische Erfahrungen und auf ein systematisiertes Lernen in der Praxis angewiesen (KMK.2020, S.15), welche den Auszubildenden Lernerfahrungen ermöglichen, die in besonderer Weise die Entwicklung ihrer beruflichen Identität anregen. Damit geht ein beständiges Interesse einher, den Auszubildenden Wissen anzubieten, sie zum Nachdenken anzuregen sowie eigene Reflexionsprozesse zu unterstützen. Dabei ist die Persönlichkeit der Praxisanleitung das wichtigste Medium der Vermittlung. Die Praxisanleitung sollte über Grundlagen der Gesprächsführung und Strategien zur Konfliktlösung verfügen, um auch heikle Themen zeitnah, konstruktiv und lösungsorientiert ansprechen und klären zu können.

Somit wird eines gleich zu Beginn deutlich: Praxisanleitung macht man nicht „so nebenher“!
Die Anleitung von Auszubildenden ist eine spannende, abwechslungsreiche und durchaus herausfordernde Aufgabe, die enorme Zeit und Engagement erfordert. Neben einer guten Fachkompetenz ist das Wissen um die Phasen in der fachpraktischen Ausbildung mit den daraus resultierenden Lernaufgaben und strukturellen Rahmenbedingungen grundlegend. Zusätzlich kommt dem pädagogisch-psychologischen Aspekt und den kommunikativen Fähigkeiten eine ausschlaggebende Rolle zu, um den Lehr- und Lernprozess für alle Beteiligten erfolgreich zu gestalten. Neben den fachlichen Themen und der direkten Praxisbegleitung und Anleitung geht es um Beziehungsarbeit, Menschenführung, Kommunikation, Konfliktbewältigung und auch um die eigene Psychohygiene.

Die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe stellen einen elementaren Bestandteil in der Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte dar. „Dabei kommt der Qualität der konkreten pädagogischen Arbeit in den Einrichtungen eine ebenso wichtige Bedeutung zu wie der der Praxisbegleitung“ (KMK.2017, S.7)

Im Rahmenlehrplan von 2020 wird das Ausbildungsziel wie folgt formuliert: „Die generalistische Ausbildung befähigt zur selbständigen und eigenverantwortlichen Arbeit als Fachkraft in den sozialpädagogischen Arbeitsfeldern Kindertageseinrichtungen, Kinder- und Jugendarbeit, Hilfen zur Erziehung und zu sozialpädagogischen Tätigkeiten in der Schule. Darüber hinaus qualifiziert sie für die pädagogische Arbeit mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen“. Die Ausbildung befähigt staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher dazu, „sich in ihrer Profession weiterzuentwickeln, in multiprofessionellen Teams zu arbeiten sowie an gesellschaftlichen Veränderungen gestaltend mitzuwirken“ (KMK.2020, S.3f).

„Dem Lernort Praxis kommt eine zentrale Stellung bei der Professionalisierung von Fachkräften zu. Der pädagogische Berufsalltag zeichnet sich in hohem Maße durch wechselnde, neue, unvorhersehbare, nicht planbare Herausforderungen aus. Um die dazu notwendigen Einstellungen und Handlungskompetenzen zu erwerben, ist vor allem Praxiserfahrung notwendig. Deshalb sind Erfahrungen der verschiedenen Arbeitsfelder ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung der Fachkräfte. Dabei kommt der Qualität der konkreten pädagogischen Arbeit in der Einrichtung eine ebenso wichtige Bedeutung zu wie die der Praxisbegleitung.“ (KMK.2020, S.15).

Die Verzahnung von Theorie und Praxis und die Unterstützung und kontinuierliche Begleitung der Auszubildenden bei der Entwicklung einer professionellen pädagogischen Handlungskompetenz, stellt Fachkräfte, die mit der Aufgabe der Praxisanleitung betraut sind, vor eine Reihe von Herausforderungen. Sie sind mit unterschiedlichen Praktika konfrontiert, die sich in Struktur, Form und Zielsetzung voneinander unterscheiden.

Im Rahmen der Rolle der Praxisanleitung ist es zudem erforderlich, sich auf verschiedene Persönlichkeiten, Alters- und Zielgruppen einzulassen sowie auf den Lehr- und Lernprozess innerhalb der aufeinander aufbauenden Praxisphasen. Zusätzlich ist es erforderlich, die unterschiedlichen curricularen Anforderungen an die fachtheoretische wie auch fachpraktische Ausbildung zu kennen und zu beachten. Diese variieren von Schule zu Schule.

Pädagogische Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen (sowie in Angeboten für Schulkinder in Horten oder in Ganztagsgrundschulen als auch in der stationären Jugendhilfe) sind gefordert, ihre Kompetenzen weiterzuentwickeln und auszubauen. Es ist erforderlich, dass sie über eine professionelle Haltung verfügen, die eine Entfaltung frühkindlicher Lern- und Entwicklungs-prozesse und eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern ermöglicht und gleichzeitig den Schutz, die Sicherheit und die Pflege der Kinder als einen Teil des Bildungsauftrages versteht. Sie müssen sich zudem auch neuen erweiterten Aufgaben in der Arbeit mit Kindern, wie z. B. Inklusion, Heterogenität und Prävention, stellen. Diese sozialpädagogischen Dimensionen mit den damit verbundenen Wert- und Normvorstellungen sind in ihrer Ausrichtung primär auf integrative Konzepte ausgelegt. Hinzu kommen neue Bezüge zum Sozialraum der Einrichtungen sowie vernetzte Formen der Bildungsförderung, wie sich dies z. B. in der Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren (vernetzte und integrierte Angebotsstruktur für Familien u. a. zur Sicherung von Prävention) und einer intensiveren und kontinuierlichen Zusammenarbeit mit dem Primarbereich ergibt (vgl. KMK. 2010, S.5).

Das in diesem Kapitel aufgeführte Anforderungsprofil erfordert eine umfassende Berufspraxis sowie eine Reflexion des pädagogischen Selbstverständnisses. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Begleitung und Bewertung primär in der Verantwortung einer einzelnen Person liegt. Zusätzlich ist neben der Kenntnis des Bildungsauftrags das Wissen um die aktuellen Weiterentwicklungen grundlegend. Deshalb müssen die Fachkräfte, die gemäß der Landesgesetze für die Praxisanleitung qualifiziert sind, wie staatlich anerkannte Erzieher:innen, Sozialpädagog:innen und Kindheitspädagog:innen, in den meisten Bundesländern eine mindestens zweijährige Berufserfahrung aufweisen. Darüber hinaus wird in manchen Bundesländern, z.B. in Rheinland-Pfalz, eine Fortbildung zur Anleitungsqualifizierung vorausgesetzt. (König u.a. 2018; Ministerium in Rheinland-Pfalz. Trägerübergreifende Rahmenvereinbarung. 2022). Laut Rahmenlehrplan haben die Praxisstellen sicherzustellen, dass den Auszubildenden „Fachkräfte zur Seite stehen, die über eine mindestens zweijährige einschlägige Berufserfahrung als Erzieherin bzw. Erzieher verfügen, die für die Anleitung qualifiziert sind und zur Wahrnehmung der Ausbildungs-aufgaben hinreichend Zeit zur Verfügung gestellt bekommen“ (KMK.2020, S.16).

Erfolgsfaktoren für die Anleitungspraxis

Möchte man Erfolgsfaktoren für die Ausbildungspraxis beleuchten, ist ein Fokus auf alle am Ausbildungsprozess beteiligten Akteur:innen zu richten.
Eine wichtige Grundlage für einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf stellt eine sorgfältige und vorausschauende Personal- und Organisationsplanung von Einrichtungs- und Trägerseite dar. In dieser Planung ist unbedingt zu berücksichtigen, welches Unterrichtsmodell vorliegt. Denn die Zeiten der Praxisanleitung sind entsprechend auf diese Tage auszurichten. Zudem ist zu berücksichtigen, dass Teamsitzungen so stattfinden, dass die Auszubildenden daran teilnehmen können. Die Erarbeitung eines institutionellen Ausbildungskonzeptes bietet einen verbindlichen Rahmen sowie Transparenz und Orientierung für die Mitarbeitenden und stellt einen Qualitätsaspekt dar. Einige Einrichtungen haben bereits Ausbildungs- und Einarbeitungskonzepte im Rahmen des Qualitätsmanagements integriert. Wichtig ist hierbei, dass Änderungen kontinuierlich einfließen können.

Weiterhin ist die Anleitungspraxis auf die Phasen im Ausbildungsprozess auszurichten. Im Kapitel Phasen in der Ausbildung erhalten Sie weitergehende Informationen hierzu. Ein Ausbildungsplan ist ein hilfreiches Arbeitsmittel, um die Kompetenzentwicklung von Auszubildenden im Rahmen des Anleitungsprozesses zu erfassen. Die Reflexion und Bearbeitung des Ausbildungsplans sollte Bestandteil der regelmäßig stattfinden Praxis-gespräche sein, damit die zunehmenden Kompetenzen sowie die noch auszubauenden Fähigkeiten zusammen übersichtlich und transparent bearbeitet werden können. Praxistipp: Sind die Aufgaben im Ausbildungsplan den Phasen und Praxisjahren zugeordnet sowie nach Lern- bzw. Kompetenzfeldern gegliedert, werden die Übergänge von einer zur nächsten Praxisphase deutlich. Somit können die Entwicklungsprozesse transparent von Praxisanleitung und Auszubildenden gemeinsam reflektiert, besprochen und ausgewertet werden. Die Evaluationsdaten des Bundesprogramms Fachkräfteoffensive haben belegt, dass konstruktive und enge Kooperationen zwischen den Fachschulen und den Praxiseinrichtungen zur Zufriedenheit mit der praxisintegrierten Ausbildung beitragen und somit einen wichtigen Gelingensfaktor darstellen (vgl. Weltzien u.a.2021, S.13) . Fachschulen sollten zu Beginn des jeweiligen Ausbildungsjahres eine Jahresplanung heraus- geben, der die Termine bzw. Zeiten für Praxisbesuche oder Prüfungsphasen zu entnehmen sind. Die für die Praxisanleitung Verantwortlichen sollten in den Fachschulen unbedingt Rückmeldungen zur Zusammenarbeit zwischen Fachpraxis und Fachschule geben.1 Weitere Aspekte für erfolgreiche Lehr- und Lernprozesse während der fachpraktischen Ausbildung in der Praxiseinrichtung sind neben einem positiven Betreuungsverhältnis zwischen Praxisanleitung und Auszubildenden, ausreichend Anleitungszeit und eine Anleitungsqualifizierung durch eine qualitativ hochwertige und praxisbezogene Fortbildung. Neben den klassischen Anleitungsthemen wie Anforderungsprofil, Grundlagen & Rahmen-bedingungen, Aufgaben und Verantwortung der am Lehr- und Lernprozess Beteiligten, Praxisphasen, Praxisgespräche, Kooperation von Fachpraxis und Schule, Rolle(n) von und Erwartungen an Praxisanleitung, Anleitungsstile, Bewertung und Beurteilungen sowie Gesprächsführung sollte in der Fortbildung Raum für Selbstreflexion gegeben sein. Zudem sollten Fachkräfte, die mit der Begleitung von Auszubildenden betraut sind, Raum für Reflexion und Austausch mit anderen Praxisanleitungen haben und nutzen. Dies kann zunächst im Rahmen einer Fortbildung erfolgen. Generell bietet sich die Vernetzung von Praxisanleitungen innerhalb eines Trägers an, um sich gegenseitig zu beraten und zu unter-stützen. Praxistipp: Eine Inhouse-Veranstaltung, an der Fachkräfte mehrerer Einrichtungen innerhalb eines Trägers (oder mehrere Fachkräfte einer großen Einrichtung) teilnehmen, fördert die Vernetzung und ermöglicht die Erstellung eines weitgehend einheitlichen Ausbildungskonzeptes. Grundsätzlich kann klar festgehalten werden: „Neben verlässlichen Informationen, systematischen Austauschgelegenheiten und festen Zuständigkeiten entscheidet auch das persönliche Engagement aller Beteiligten über den Erfolg der Zusammenarbeit.“ (Weltzien u.a. 2021, S. 14)

Phasen in der Ausbildung

Die Ausbildung lässt sich grundsätzlich in die nachfolgend aufgeführten Praxisphasen gliedern. Die Phasen sind oft nicht exakt voneinander zu trennen, da die Übergänge fließend verlaufen. Jede Phase sollte mit einem Reflexions- und Bilanzierungsgespräch zwischen der Praxisanleitung und der/dem Auszubildenden abgeschlossen werden.

Orientierungs- und Einarbeitungsphase

Die Dauer der Orientierungs- und Einarbeitungsphase beträgt im Anerkennungsjahr ca. 1-2 Monate. In der praxisintegrierten Ausbildung ist die Phase entsprechend dem Stand der Auszubildenden zu verlängern und ist innerhalb des ersten Ausbildungsjahres abzuschließen. Dabei sind die Häufigkeit der Praxistage, die beruflichen Vorerfahrungen und die Lebenserfahrungen zu berücksichtigen.


Aufgaben und Ziele in dieser Phase:

  • Kennenlernen des Tagesablaufs
  • Das Einleben in den pädagogischen und pflegerischen Gruppenalltag
  • Der Beziehungsaufbau zu den Kindern
  • Das Einfinden ins Team
  • Das Kennenlernen und Erfassen der Strukturen im Allgemeinen, der Leitlinien und Ziele der Einrichtung.

Im Rahmen eines so genannten Erstgesprächs werden erste Fragen geklärt, wichtige Informationen ausgetauscht und eine erste Vertrauensebene geschaffen mit dem Ziel Sicherheit zu geben. Die Praxisanleitung sollte deutlich formulieren: „Ich bin dazu beauftragt, dich anzuleiten und somit Ansprechpartner:in und verantwortlich für dich.“

Zu besprechen sind zudem - wenn noch nicht erfolgt - die Klärung der Arbeits- und Pausen-zeiten, die Dienstpläne, die Aufklärung zur Schweigepflicht und Hygienevorgaben. Zudem sollten grundlegende „Anstandsregeln“, wie die Ansprache und der Umgang mit Eltern und Formen der Gesprächsführung besprochen werden.

Die Praxisanleitung gibt in dieser Phase Hilfestellungen und Anregungen. Probleme werden gemeinsam erörtert und gelöst. Es erfolgt die Klärung der Aufgabenbereiche und Aufgabenstellungen, die von den Auszubildenden übernommen werden können und sollen. Zudem finden Reflexionen und erste Auswertungen statt.

In der ersten Phase des Praktikums findet im Regelfall ein Anleiter-Treffen in der betreuenden Schule statt, an welchem die Praxisanleitung unbedingt teilnehmen sollte.

Das Kontraktgespräch

Vom Erstgespräch zu unterscheiden ist das so genannte Kontraktgespräch, welches zur Klärung des Anleitungsverhältnisses zwischen Praxisanleitung und der/dem Auszubildenden geführt, schriftlich festgehalten und unterschrieben wird.

Im Kontrakt werden die Form der Zusammenarbeit und die Verbindlichkeit im Anleitungs-prozess gemeinsam erörtert und fixiert.

Erprobungs- und Vertiefungsphase

Die Erprobungs- und Vertiefungsphase beginnt in etwa im dritten Monat des Berufspraktikums und dauert an bis etwa zum neunten Monat. Bei Auszubildenden in der praxisintegrierten Ausbildung ist diese Phase später anzusetzen und adäquat zu verlängern.

Zu Beginn dieser Phase steht zunächst das Erproben im Vordergrund. Der Arbeitsalltag ist bekannt. Die Kinder und Kolleg:innen können klarer eingeschätzt werden. Daraus resultiert im Normalfall, dass die Auszubildenden selbstsicherer werden und das Bedürfnis nach Autonomie entsteht. Mit zunehmender Verselbständigung und Professionalisierung kommt es nicht mehr nur darauf an, dass die Auszubildenden Aufgaben angehen und zu Ende bringen. Vielmehr geht es darum, die Aufgaben korrekt und kompetent zu erledigen. Das Dokumentieren sollte in dieser Phase von den Auszubildenden (unter Anleitung) durchgeführt werden.

Aufgaben und Ziele in dieser Phase:

  • Erweiterung des Aufgabenfeldes und der Belastungsfähigkeit
  • Selbstständige Erledigung spezieller begrenzter Aufgaben
  • Reflexion und Klärung des Selbstverständnisses im beruflichen Handeln

Verselbständigungsphase

Die Verselbständigungsphase setzt voraus, dass Auszubildende eine gewisse professionelle Festigung erfahren haben, vorausschauend arbeiten, Situationen fachlich einschätzen und pädagogische Interventionen begründen können. Bei vielen Auszubildenden erreichen wir die Phase erst in Richtung Abschluss, manche sind bereits viel früher an diesem Punkt. Es greifen viele Facetten ineinander, die ausschlaggebend sind. Hierzu zählen zunächst die eigene Persönlichkeit der auszubildenden Person, kombiniert mit Lebenserfahrung, Selbstsicherheit und Lernbereitschaft und Reflexionsfähigkeit. Die erfahrene Lernumgebung und die vorhandenen Rahmenbedingungen in der Praxiseinrichtung spielen eine weitere Rolle. Diese sind wiederum in Verbindung mit dem Lern- und Anleitungsprozess zu betrachten. Ein weiterer Faktor geht von der Fachschule und der Art der Verzahnung und Kooperation mit der Praxiseinrichtung aus.

Ausgangsbasis dieser Professionalisierungsphase ist der Anspruch, dass die Auszubildenden am Ende der Ausbildung in der Lage sein müssen, eine Gruppe eigenverantwortlich führen zu können. In dieser letzten Phase wandelt sich Anleitung in Richtung Beratung. Die Auszubildenden arbeiten überwiegend selbständig.

Aufgaben und Ziele in dieser Phase:

  • Überblick über die Gesamtgruppe halten können
  • Eigenständige Durchführung von komplexen Aufgabenstellungen
  • Umfassende Handlungskompetenz 2

Abschlussphase

Eine Abschlussfeier setzt den Abschluss für die Gruppe, wenn der/die Auszubildende im Anschluss die Einrichtung verlässt oder nach der Ausbildung im Haus bleibt und die Gruppe wechselt. Die Eltern der betreuten Kinder können ein Verabschiedungsschreiben bekommen.

Die Auszubildenden erhalten ein Abschlusszeugnis, welches in der Regel von der Praxisanleitung (vor-)formuliert wird. In einem gemeinsamen Gespräch mit der Einrichtungs-leitung bzw. der pädagogischen Leitung wird das Zeugnis besprochen. Die Endversion liegt in der Verantwortung der Leitung bzw. des Trägers.

Aufgaben und Ziele in dieser Phase:

  • Abschließende Gesamtauswertung des Lernprozesses
  • Wahl der Arbeitsstelle im Anschluss an die Ausbildung,
    ggf. Verbleib in der Einrichtung
  • Abschied gestalten

Die Praxisgespräche

Die so genannten Praxisgespräche zwischen Praxisanleitung und Auszubildenden sind der Kernpunkt des gemeinsamen Lehr- und Lernprozesses. Um zielführende Reflexions-prozesse durchführen zu können, sollte das Verhältnis geprägt sein von Wertschätzung, gegenseitigem Vertrauen, Akzeptanz und Ehrlichkeit.

Praxisgespräche sollten regelmäßig erfolgen, damit ein kontinuierlicher gemeinsamer Lehr- und Lernprozess gewährleistet ist, regelmäßiges Feedback erfolgt und nicht der Eindruck entsteht, dass Termine erst bei Konflikten und Problemen vereinbart werden.

In den Gesprächen sind die eigene Haltung und das Selbstverständnis der Berufsrolle entscheidend. Bezogen auf Gespräche in emotional belastenden Situationen ist besonders wichtig, dass die Praxisanleitung zuhören kann, Geduld aufbringt sowie als Vertrauensperson fungiert und Mut zuspricht.

Weitere Themen:

  • Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen der Auszubildenden und Schule, Praxisanleitung und Team?
  • Wie verläuft die Ausbildung bisher aus der Sicht von Praxisanleitung und Auszubildender?
  • Wie gestalten sich die Anleitungsbedingungen?
  • Gibt es persönliche Fragen, Wünsche, evtl. Befürchtungen und Ängste oder Probleme, ggf. auch gegenseitige Kritik?
  • Wurden bereits erste Lernziele erreicht? Sollen oder müssen formulierte Ziele verändert werden?
  • Muss eine Verhaltensänderung thematisiert und eingefordert werden?
  • Können erste Maßnahmen / Aufgaben bereits delegiert werden?
  • Wo gibt es Hilfen zum Lernen, z.B. Fachliteratur, Treffen von Auszubildenden zwecks Austauschs u.a.?

Nach diesen Gesprächen sollten Auszubildende wissen, was bereits gut läuft und auf dem Niveau zu halten ist, was ist bzw. welche Bereiche sind noch entwicklungsfähig oder was unbedingt zu verändern ist.

Bestandserfassung

Nachfolgend sind grundlegende Fragen aufgeführt, welche Sie darin unterstützen sollen, eine Erfassung Ihrer individuellen Gesamtsituation im Kontext der Anleitungsaufgaben vorzu-nehmen. Die Untergliederung in verschiedene Felder sichert zu, eine übersichtliche Struktur zu behalten.

1. Eigene Orientierung und Fachlichkeit:

  • Fühle ich mich gut vorbereitet, um die Anleitungsaufgabe zu übernehmen?
  • Welche Fortbildungs- und Selbstreflexionsmöglichkeiten habe ich?
  • Gibt es Kontakt zu anderen Praxisanleitungen zwecks Vernetzung und Austausch?
  • Welche Ansprechpartner stehen mir grundsätzlich zur Verfügung?

2. Erwartungen an mich als Praxisanleitung:

  • Welche Erwartungen werden vom Team, der/dem Auszubildenden, der Einrichtungsleitung, dem Träger und der Schule an mich gestellt?
  • Kann und will ich die Erwartungen bei den bestehenden Rahmenbedingungen erfüllen?

3. Zeitliche Rahmenbedingungen:

  • Ist meine Anleitungsfunktion zeitlich umschrieben und passend eingebettet in die Arbeitszeiten? (Regelmäßige Praxisgespräche, Anleiter-Treffen, Projekt-begleitungen, Hospitationen etc.)
  • Reichen diese Zeiten?

4. Team:

  • Haben wir eine einheitliche Vorstellung von dem Tätigkeitsumfang und den Verantwortungsbereichen einer Praxisanleitung?
  • Bei wem kann ich mir im Team Unterstützung holen?
  • Wer übernimmt eine eventuell notwendige Vertretung der Anleitung?

5. Auszubildende:

  • Welches Lernangebot, welche Lernatmosphäre bieten wir Auszubildenden?
  • Ist das Einarbeitungskonzept zufriedenstellend?
  • Welchen Spielraum haben Auszubildende?
  • Sind die Anforderungen angemessen?
  • Gibt es Über- / Unterforderungssituationen?

6. Termine und Gespräche zur Auswertung und Reflexion:

  • Wann, wo und in welchen Abständen können die Praxisgespräche
    stattfinden?
  • Vorgespräch zu Beginn, Zwischengespräch, Abschlussgespräch?
  • Bestehen Austauschmöglichkeiten für Anleiter, Auszubildende und Team?

7. Eigenes Selbstverständnis / Wo stehe ich selbst?

  • Was bereitet mir an der Anleitung die meiste Freude?
  • Habe ich ein Anleitungsvorbild? Habe ich ein „Antimodell“?
  • Was bekomme ich selbst Positives für mich in der Anleitungsrolle?
  • Welche meiner Stärken möchte ich im Anleitungsprozess weiterentwickeln?
  • Bestehen Befürchtungen in Bezug auf die Anleitungsrollen?
  • Wie sicher bin ich in der Bewertung? Kann ich Objektivität reinbringen, z.B. über weitere Teamkolleginnen und Kollegen oder die Leitung?
  • Wie möchte ich mit dem /der Auszubildenden umgehen, wie auf keinen Fall?
  • Was möchte ich im Rahmen der Anleitung unbedingt mitgeben?
  • Habe ich die Möglichkeit, die zeitweise notwendige Distanz zu meiner Anleitungsrolle zu bekommen?

Fazit

Die Auseinandersetzung mit der Anleitungsaufgabe wird immer von berufsspezifischen Prägungen und persönlichen Rollendefinitionen bestimmt sein. Daher ist die kontinuierliche Reflexion eine weitere Grundbedingung, um einen konstruktiven Umgang miteinander und mit sich selbst in einer Situation des praktischen Lehrens und Lernens zu gewährleisten.

Praxisanleitung beansprucht zeitliche und fachliche Ressourcen. Daher sollte diese anspruchsvolle Aufgabe institutionell vorbereitet und in den Arbeitsalltag eingebettet werden.
Zudem sind die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen, der Leitung und des Trägers grundlegend, um die Anleitungsaufgaben gut durchführen zu können. Sollte es zu herausfordernden Situationen kommen, ist es wichtig, dass Leitung und Träger die mit der Praxisanleitungsaufgabe betraute Fachkraft adäquat begleiten.

Der Einsatz lohnt sich in jedem Fall, denn mit einer qualifizierten Anleitung von Auszubilden-den tragen Sie dazu bei, deren Fachlichkeit auszubauen und zu stabilisieren. Dies stellt einen wichtigen Qualitätsaspekt für alle sozialpädagogischen Einrichtungen dar. Und bestenfalls gewinnen Sie durch Ihre erfolgreiche und kompetente Anleitung eine neue und engagierte Fachkraft, die Sie im Rahmen des gemeinsamen Lern- und Lehrprozesses bereits kennen und schätzen gelernt haben!

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Checkliste: Neue Auszubildende
aus Christoph Kiefer »Kompetent ausbilden«
Bildnachweis: gpointstudio/stock.adobe.com
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