Redaktion Wolters Kluwer Online
Recht & Verwaltung25 Mai, 2023
BGH: Angemessenheit der Abfindung außenstehender Aktionäre bestimmt sich durch Börsenwert der Gesellschaft
1. Im Zusammenhang mit einem Beherrschungsvertrag ist es möglich, die Angemessenheit der Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 AktG anhand des Börsenwerts der Aktiengesellschaft zu bestimmen. Bei einer Abfindung in Aktien nach § 305 Abs. 3 S. 1 AktG kann dazu die Wertrelation zwischen den beteiligten Gesellschaften anhand ihrer Börsenkurse ermittelt werden.
2. Im Einzelfall können auch die bisherige Ertragslage und die künftigen Ertragsaussichten den Börsenwert einer Aktiengesellschaft ausreichend abbilden. Der Börsenkurs kann daher Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich sein.
Die T. AG ist die Antragsgegnerin. Ihr Unternehmensgegenstand ist das Betreiben von Immobiliengeschäften und damit zusammenhängenden Geschäften. Deren Aktien waren zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Börse (Prime Standard) zugelassen.
Im Jahr 2017 beschlossen der Vorstand und der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin, den Aktionären der W. AG ein freiwilliges Übernahmeangebot über jeweils 23 Aktien der W. AG im Tausch gegen vier Aktien der T. AG zu unterbreiten. Das Angebot wurde im Juni 2017 veröffentlicht. Bis zum Ablauf der verlängerten Annahmefrist nahmen Aktionäre mit einer Beteiligung in Höhe von 85,89 % des Grundkapitals der W. AG das Angebot an.
Im September 2017 gaben die W. AG und die Antragsgegnerin ihre Absicht bekannt, einen Beherrschungsvertrag mit der W. AG als beherrschter und der Antragsgegnerin als herrschender Gesellschaft zu schließen. Der Vertrag wurde im Oktober 2017 auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Die im Beherrschungsvertrag festgesetzte Abfindung und die Ausgleichszahlung für außenstehende Aktionäre wurden durch den Parteigutachter und den gerichtlich bestellten Vertragsprüfer auf Grundlage des Ertragswertverfahrens IDW S 1 ermittelt.
Die Aktionäre der W. AG und der Antragsgegnerin stimmten dem Beherrschungsvertrag mit der entsprechenden Abfindung und dem entsprechenden Ausgleich zu.
Die Antragsteller leiteten neben anderen außenstehenden Aktionären ein Spruchverfahren zur gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich mit den Anträgen ein, eine höhere Abfindung und einen höheren Ausgleich festzusetzen.
Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen.
Das Beschwerdegericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgen die Antragsteller ihre Anträge weiter.
Der BGH hat entschieden, dass hier die Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 Abs. 3 S.1 AktG in Höhe von 23 Aktien der W. AG zu vier Aktien der Antragsgegnerin und die Festlegung des Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auf 0,11 Euro netto bzw. 0,13 Euro brutto je Aktie angemessen sind und ist insofern der Auffassung des Beschwerdegerichts gefolgt.
Nach Überzeugung des BGH kann die Angemessenheit der Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 AktG anhand des Börsenwerts der Gesellschaft bestimmt werden. Bei einer Abfindung in Aktien nach § 305 Abs. 3 S. 1 AktG kann dazu die Wertrelation zwischen den beteiligten Gesellschaften anhand ihrer Börsenkurse ermittelt werden.
Der Rückgriff auf den Börsenkurs eines Unternehmens kann nämlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung des außenstehenden Aktionärs im Rahmen des § 305 AktG sein.
Die Abfindung der außenstehenden Aktionäre hat im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz den vollen Wert der Beteiligung an der Gesellschaft zu ersetzen. Die Bestimmung des Werts der Unternehmensbeteiligung erfolgt im Wege einer Schätzung. Bewertungsobjekt ist hierbei die Unternehmensbeteiligung des Aktionärs und nicht das gesamte Unternehmen. Eine marktorientierte Bewertung einer Unternehmensbeteiligung auf Grundlage des Börsenkurses des Unternehmens ist genauso wie die Schätzung auf Grundlage der Ertragswertmethode, des Discounted-Cash-flow-Verfahrens und ausnahmsweise des Liquidationswerts zulässig.
Denn die marktorientierte Methode der Heranziehung des Börsenwerts einer Gesellschaft ist grundsätzlich als Grundlage für die Schätzung des Werts einer Beteiligung an dieser Gesellschaft geeignet.
Im konkreten Fall hat das Beschwerdegericht die Angemessenheit der vereinbarten Abfindung der außenstehenden Aktionäre der W. AG ohne Rechtsfehler anhand der Börsenkurse beider Gesellschaften überprüft.
Das Beschwerdegericht musste sich bei der Auswahl der Bewertungsmethode auch nicht sachverständig beraten lassen.
Die Heranziehung der marktorientierten Bewertungsmethode ist somit grundsätzlich zulässig und nur dort bedenklich, wo diese Methode, aufgrund der Umstände des Einzelfalls, ungeeignet ist. Dies kann bei Informationsdefiziten, auffälligen Kurssprüngen und Kursmanipulationen der Fall sein, die im konkreten Fall jedoch nicht vorliegen.
Das Beschwerdegericht hat darüber hinaus hier den Ausgleich der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG von 0,11 Euro netto bzw. 0,13 Euro brutto ohne Rechtsfehler für angemessen erachtet.
Die Bestimmung der festen Ausgleichszahlung anhand des Börsenwerts der Gesellschaft kann nämlich eine geeignete Methode zur Ermittlung eines angemessenen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG darstellen. Deshalb durfte das Beschwerdegericht nach Auffassung des BGH den angemessenen festen Ausgleich im Sinne des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG aus dem Börsenwert der W. AG ableiten.
§ 304 Abs. 2 S. 1 AktG regelt, dass der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen zu berechnen ist. Es ist hierbei umstritten, welche methodischen Vorgaben für die Berechnung des Ausgleichs daraus resultieren und, ob der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre auf Grundlage des anhand des Börsenwerts geschätzten Unternehmenswerts bestimmt werden kann.
Der BGH folgt der Auffassung, wonach der feste Ausgleich nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auch aus einem Unternehmenswert abgeleitet werden kann, der nach der marktorientierten Methode auf Grundlage des Börsenwerts der Gesellschaft bestimmt wird.
Aus Sicht des BGH kann nämlich der Börsenwert einer Gesellschaft geeignet sein, sowohl deren bisherige Ertragslage als auch deren künftige Ertragsaussichten im Einzelfall hinreichend abzubilden und kann daher die Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich für außenstehende Aktionäre darstellen.
Aus dem Wortlaut des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG ergibt sich nicht, dass ein Rückgriff auf den Börsenwert einer Gesellschaft zur Bestimmung des angemessenen festen Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre nicht möglich ist.
Auch Sinn und Zweck des § 304 AktG rechtfertigen den methodischen Rückgriff auf den Börsenwert einer Gesellschaft zur Bestimmung des angemessenen festen Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre. Dem methodischen Rückgriff auf den Börsenwert durch den Tatrichter steht nach Worten des BGH auch nicht die Systematik des § 304 AktG entgegen.
Die Rechtsbeschwerde der Aktionäre hatte daher im Ergebnis keinen Erfolg.
Mit dieser Entscheidung hat der BGH auch die umstrittene Frage geklärt, ob der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre auf Grundlage des anhand des Börsenwerts geschätzten Unternehmenswerts bestimmt werden kann. Die Heranziehung der marktorientierten Bewertungsmethode war bislang mit Blick auf den Wortlaut des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG in der Literatur zum Teil abgelehnt worden. Nach Auffassung des BGH spricht jedoch der Wortlaut dieser Vorschrift nicht für einen Ausschluss einer marktorientierten Bewertungsmethode.
Soweit es in § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auf den Betrag ankommt, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte, ist damit nach Auffassung des BGH nicht vorgegeben, dass der Betrag nur nach der Ertragswertmethode ermittelt werden müsste. Aus Sicht des BGH kann vielmehr auch der Börsenwert die Ertragslage eines Unternehmens und die künftigen Ertragsaussichten hinreichend abbilden.
2. Im Einzelfall können auch die bisherige Ertragslage und die künftigen Ertragsaussichten den Börsenwert einer Aktiengesellschaft ausreichend abbilden. Der Börsenkurs kann daher Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich sein.
Sachverhalt: Gerichtliche Überprüfung der Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich außenstehender Aktionäre
Die Antragsteller waren Aktionäre der W. AG. Deren Unternehmensgegenstand war der Erwerb und die Verwaltung von in- und ausländischen Immobilien und Immobiliengesellschaften. Die Aktien der W. AG wurden im regulierten Markt der Frankfurter Börse (Prime Standard) sowie an den Börsen in Stuttgart und Hamburg gehandelt.Die T. AG ist die Antragsgegnerin. Ihr Unternehmensgegenstand ist das Betreiben von Immobiliengeschäften und damit zusammenhängenden Geschäften. Deren Aktien waren zum Handel im regulierten Markt der Frankfurter Börse (Prime Standard) zugelassen.
Im Jahr 2017 beschlossen der Vorstand und der Aufsichtsrat der Antragsgegnerin, den Aktionären der W. AG ein freiwilliges Übernahmeangebot über jeweils 23 Aktien der W. AG im Tausch gegen vier Aktien der T. AG zu unterbreiten. Das Angebot wurde im Juni 2017 veröffentlicht. Bis zum Ablauf der verlängerten Annahmefrist nahmen Aktionäre mit einer Beteiligung in Höhe von 85,89 % des Grundkapitals der W. AG das Angebot an.
Im September 2017 gaben die W. AG und die Antragsgegnerin ihre Absicht bekannt, einen Beherrschungsvertrag mit der W. AG als beherrschter und der Antragsgegnerin als herrschender Gesellschaft zu schließen. Der Vertrag wurde im Oktober 2017 auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Die im Beherrschungsvertrag festgesetzte Abfindung und die Ausgleichszahlung für außenstehende Aktionäre wurden durch den Parteigutachter und den gerichtlich bestellten Vertragsprüfer auf Grundlage des Ertragswertverfahrens IDW S 1 ermittelt.
Die Aktionäre der W. AG und der Antragsgegnerin stimmten dem Beherrschungsvertrag mit der entsprechenden Abfindung und dem entsprechenden Ausgleich zu.
Die Antragsteller leiteten neben anderen außenstehenden Aktionären ein Spruchverfahren zur gerichtlichen Überprüfung der Angemessenheit von Abfindung und Ausgleich mit den Anträgen ein, eine höhere Abfindung und einen höheren Ausgleich festzusetzen.
Das Landgericht hat die Anträge zurückgewiesen.
Das Beschwerdegericht hat die hiergegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit dieser verfolgen die Antragsteller ihre Anträge weiter.
Begründung: Angemessenheit der Abfindung bestimmt sich durch Börsenwert der Gesellschaft, §§ 304, 305 AktG
Mit der vorliegenden Entscheidung vom 21.02.2023 - II ZB 12/21 - hat der BGH zur Bestimmung der Höhe der angemessenen Kompensation der außenstehenden Aktionäre in einem Beherrschungsvertrag Stellung genommen.Der BGH hat entschieden, dass hier die Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 Abs. 3 S.1 AktG in Höhe von 23 Aktien der W. AG zu vier Aktien der Antragsgegnerin und die Festlegung des Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auf 0,11 Euro netto bzw. 0,13 Euro brutto je Aktie angemessen sind und ist insofern der Auffassung des Beschwerdegerichts gefolgt.
Nach Überzeugung des BGH kann die Angemessenheit der Abfindung der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 305 AktG anhand des Börsenwerts der Gesellschaft bestimmt werden. Bei einer Abfindung in Aktien nach § 305 Abs. 3 S. 1 AktG kann dazu die Wertrelation zwischen den beteiligten Gesellschaften anhand ihrer Börsenkurse ermittelt werden.
Der Rückgriff auf den Börsenkurs eines Unternehmens kann nämlich eine geeignete Methode zur Schätzung des Unternehmenswerts und des Werts der Beteiligung des außenstehenden Aktionärs im Rahmen des § 305 AktG sein.
Die Abfindung der außenstehenden Aktionäre hat im Hinblick auf den verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz den vollen Wert der Beteiligung an der Gesellschaft zu ersetzen. Die Bestimmung des Werts der Unternehmensbeteiligung erfolgt im Wege einer Schätzung. Bewertungsobjekt ist hierbei die Unternehmensbeteiligung des Aktionärs und nicht das gesamte Unternehmen. Eine marktorientierte Bewertung einer Unternehmensbeteiligung auf Grundlage des Börsenkurses des Unternehmens ist genauso wie die Schätzung auf Grundlage der Ertragswertmethode, des Discounted-Cash-flow-Verfahrens und ausnahmsweise des Liquidationswerts zulässig.
Denn die marktorientierte Methode der Heranziehung des Börsenwerts einer Gesellschaft ist grundsätzlich als Grundlage für die Schätzung des Werts einer Beteiligung an dieser Gesellschaft geeignet.
Im konkreten Fall hat das Beschwerdegericht die Angemessenheit der vereinbarten Abfindung der außenstehenden Aktionäre der W. AG ohne Rechtsfehler anhand der Börsenkurse beider Gesellschaften überprüft.
Das Beschwerdegericht musste sich bei der Auswahl der Bewertungsmethode auch nicht sachverständig beraten lassen.
Die Heranziehung der marktorientierten Bewertungsmethode ist somit grundsätzlich zulässig und nur dort bedenklich, wo diese Methode, aufgrund der Umstände des Einzelfalls, ungeeignet ist. Dies kann bei Informationsdefiziten, auffälligen Kurssprüngen und Kursmanipulationen der Fall sein, die im konkreten Fall jedoch nicht vorliegen.
Das Beschwerdegericht hat darüber hinaus hier den Ausgleich der außenstehenden Aktionäre im Sinne des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG von 0,11 Euro netto bzw. 0,13 Euro brutto ohne Rechtsfehler für angemessen erachtet.
Die Bestimmung der festen Ausgleichszahlung anhand des Börsenwerts der Gesellschaft kann nämlich eine geeignete Methode zur Ermittlung eines angemessenen Ausgleichs nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG darstellen. Deshalb durfte das Beschwerdegericht nach Auffassung des BGH den angemessenen festen Ausgleich im Sinne des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG aus dem Börsenwert der W. AG ableiten.
§ 304 Abs. 2 S. 1 AktG regelt, dass der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen zu berechnen ist. Es ist hierbei umstritten, welche methodischen Vorgaben für die Berechnung des Ausgleichs daraus resultieren und, ob der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre auf Grundlage des anhand des Börsenwerts geschätzten Unternehmenswerts bestimmt werden kann.
Der BGH folgt der Auffassung, wonach der feste Ausgleich nach § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auch aus einem Unternehmenswert abgeleitet werden kann, der nach der marktorientierten Methode auf Grundlage des Börsenwerts der Gesellschaft bestimmt wird.
Aus Sicht des BGH kann nämlich der Börsenwert einer Gesellschaft geeignet sein, sowohl deren bisherige Ertragslage als auch deren künftige Ertragsaussichten im Einzelfall hinreichend abzubilden und kann daher die Grundlage für den gemäß § 304 Abs. 2 S. 1 AktG zu bestimmenden angemessenen festen Ausgleich für außenstehende Aktionäre darstellen.
Aus dem Wortlaut des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG ergibt sich nicht, dass ein Rückgriff auf den Börsenwert einer Gesellschaft zur Bestimmung des angemessenen festen Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre nicht möglich ist.
Auch Sinn und Zweck des § 304 AktG rechtfertigen den methodischen Rückgriff auf den Börsenwert einer Gesellschaft zur Bestimmung des angemessenen festen Ausgleichs der außenstehenden Aktionäre. Dem methodischen Rückgriff auf den Börsenwert durch den Tatrichter steht nach Worten des BGH auch nicht die Systematik des § 304 AktG entgegen.
Die Rechtsbeschwerde der Aktionäre hatte daher im Ergebnis keinen Erfolg.
Praktische Bedeutung des Beschlusses vom 21.02.2023 - II ZB 12/21 -
Der BGH hat in dieser Entscheidung zur Bestimmung der Angemessenheit der Abfindung außenstehender Aktionäre bei einem Beherrschungsvertrag Stellung genommen.Mit dieser Entscheidung hat der BGH auch die umstrittene Frage geklärt, ob der feste Ausgleich der außenstehenden Aktionäre auf Grundlage des anhand des Börsenwerts geschätzten Unternehmenswerts bestimmt werden kann. Die Heranziehung der marktorientierten Bewertungsmethode war bislang mit Blick auf den Wortlaut des § 304 Abs. 2 S. 1 AktG in der Literatur zum Teil abgelehnt worden. Nach Auffassung des BGH spricht jedoch der Wortlaut dieser Vorschrift nicht für einen Ausschluss einer marktorientierten Bewertungsmethode.
Soweit es in § 304 Abs. 2 S. 1 AktG auf den Betrag ankommt, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihren künftigen Ertragsaussichten voraussichtlich als durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte, ist damit nach Auffassung des BGH nicht vorgegeben, dass der Betrag nur nach der Ertragswertmethode ermittelt werden müsste. Aus Sicht des BGH kann vielmehr auch der Börsenwert die Ertragslage eines Unternehmens und die künftigen Ertragsaussichten hinreichend abbilden.
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