BAG: Vorzeitige Beendigung der Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung möglich?
Recht & Verwaltung09 November, 2022

BAG: Vorzeitige Beendigung der Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung möglich?

Redaktion eGovPraxis Personal

BAG klärt, dass die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig endet, wenn die Zahl der Schwerbehinderten unter den gesetzlichen Schwellenwert von fünf sinkt.

Kann die Amtszeit einer Schwerbehindertenvertretung nach § 177 SGB IX vorzeitig beendet werden?

Die Parteien streiten darüber, ob die Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung beendet worden ist.

In dem Kölner Betrieb einer Arbeitgeberin mit ungefähr 120 Mitarbeitern wurde im November 2019 eine Schwerbehindertenvertretung gewählt. Zum 01.08.2020 sank die Zahl der schwerbehinderten Menschen in diesem Betrieb auf vier Beschäftigte. Die Arbeitgeberin informierte die Schwerbehindertenvertretung darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwerbehinderten Beschäftigten nunmehr von der Schwerbehindertenvertretung eines anderen Betriebes vertreten würden.

In dem von ihr eingeleiteten Verfahren hat die Schwerbehindertenvertretung des Kölner Betriebes die Feststellung begehrt, dass ihr Amt nicht aufgrund des Absinkens der Anzahl schwerbehinderter Menschen im Betrieb vorzeitig beendet ist.

Das ArbG und das LAG haben den Antrag der Schwerbehindertenvertretung abgewiesen.

Deren dagegen gerichtete Rechtsbeschwerde zum BAG hatte hingegen Erfolg.

BAG entscheidet: Keine vorzeitige Beendigung der Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung

Gemäß § 177 Abs. 1 S. 1 SGB IX – Wahl und Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung – werden in Betrieben und Dienststellen, in denen wenigstens fünf schwerbehinderte Menschen nicht nur vorübergehend beschäftigt sind, eine Vertrauensperson und wenigstens ein stellvertretendes Mitglied gewählt, das die Vertrauensperson im Falle der Verhinderung vertritt.

Das BAG weist – anders als von den Vorinstanzen gesehen – darauf hin, dass in Fällen, in denen dieser Schwellenwert während der Wahlperiode der Schwerbehindertenvertretung unter fünf sinkt, das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig beendet ist.

Eine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorsieht, besteht im Gesetz nicht. Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit ist aus Sicht des BAG auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts geboten.

Praktische Bedeutung des BAG Beschlusses vom 19. Oktober 2022 - 7 ABR 27/21 –

Mit dem vorstehenden Beschluss stellt das BAG klar, dass es für das Erreichen des Schwellenwertes für die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung allein auf die Umstände zum Zeitpunkt der Wahl ankommt. Die Schwerbehindertenvertretung besteht also auch dann fort, wenn die Anzahl der Schwerbehinderten während der Wahlperiode der Schwerbehindertenvertretung auf unter fünf sinkt.

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