Überleitung Zivilrechtlicher Ansprüche
Recht & Verwaltung26 Oktober, 2021

§ 93 SGB XII: Wichtig und schwierig für die Sachbearbeitung

Haben Sie sich mit §93 SGB XII bereits vertraut gemacht? Wenn nicht, wird es höchste Zeit! Jeder Sachbearbeiter des Sozialhilfeträgers muss diese Norm im Blick haben  - sorgt sie doch für die Wiederherstellung des Nachranggrundsatzes und damit für die Refinanzierung von Sozialleistungen in ganz erheblichem Umfang.

Die zentrale Vorschrift im Sozialleistungsregress

§ 93 SGB XII ermöglicht die Überleitung von geldwerten Ansprüchen von Mitgliedern der sozialhilferechtlichen Einsatzgemeinschaft. Es handelt sich um die vermutlich wichtigste und zugleich zentralste Vorschrift des Sozialleistungsregresses. Das gilt vor allem dann, wenn Schenkungsrückforderungsansprüche aus vorausgegangenen Grundstücksübertragungen im Raum stehen. Aber auch viele andere Ansprüche können durch die Überleitung aktiviert werden.

Hierzu gehören Ansprüche aus einem Altenteil, Nießbrauchsrechten, vertraglichen Unterhalts Schenkungen von Geld oder Immobilien, Erbschafts- oder Pflichtteilsansprüche. Die sozialhilfeübergreifende Relevanz wird daran deutlich, dass andere Gesetze auf § 93 SGB XII verweisen (§ 7 Abs. 4 AsylbLG; § 14 Abs. 8 APG NRW); oder sie weitestgehend inhaltsgleich übernommen haben (§ 141 SGB IX, § 33 SGB II, § 27g BVG). Sie ist zudem vorrangig vor § 102 SGB XII (Kostenersatz durch Erben) anzuwenden.

Wichtiges Wissen für alle am Fall Beteiligten

Auch bei den Notar- und Anwaltskanzleien oder den Landwirtschaftskammern ist die Vorschrift ständiger Begleiter der Beratungspraxis der Fachleute des Familien- und Erbrechts. Hier geht es häufig um Strategien zur Erhaltung des Familienvermögens im Falle einer Pflegebedürftigkeit und notwendigen Heimunterbringung sowie einer damit einhergehenden Sozialhilfebedürftigkeit der Eltern. Im Falle der Pflegebedürftigkeit stehen häufig monatliche Sozialhilfeleitungen von mehr als 1.000 € zur Disposition, die sich der zuständige Leistungsträger gerne zurückholen würde. In diesen Fallkonstellationen wachsen die jährlichen Beträge schnell auf weit mehr als 10.000 € an, die häufig aus Geldgeschenken oder Grundstücksübertragungen zurückverlangt werden.

Zunehmende Relevanz bei schwieriger Rechtslage

Monetäre Aspekte haben also bei Anwendung von § 93 SGB XII eine große Tragweite. Unabhängig davon, ob man Sachbearbeiter, Anwalt, Notar oder Betroffener(z. B. bei Immobilienübertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) ist, kaum ein Weg führt daran vorbei, sich mit den Grundlagen des § 93 SGB XII zu beschäftigen. Die Bedeutung wird angesichts der bereits eingesetzten Erbschaftswelle weiter zunehmen.

§ 93 SGB XII bildet dabei nur den ersten Schritt eines zweistufigen Verfahrens ab. Denn die Vorschrift soll grundsätzlich „nur“ dafür sorgen, dass der Sozialhilfeträger Inhaber des im Raum stehenden Anspruchs wird.

Erst im zweiten Schritt soll der durch § 93 SGB XII übergeleitete Anspruch für und an Stelle der leistungsberechtigten Person - in der Regel zivilrechtlich - geltend gemacht werden. Der Erlass einer nach § 93 SGB XII bekanntgegebenen Überleitungsanzeige führt zu einem Gläubigerwechsel und bildet für den Sozialhilfeträger die Grundlage für das weitere (zivilrechtliche) Vorgehen. Soweit der Sozialhilfeträger Ansprüche geltend machen will, muss dies nicht zwingend ein Anspruch der leistungsberechtigten Person sein; auch Ansprüche der Familienmitglieder in der Einsatzgemeinschaft können „übergeleitet“ werden. Das ist rückwirkend und sogar noch nach dem Tod der leistungsberechtigten Person möglich.

Dies alles verdeutlicht die hohe Praxisrelevanz von § 93 SGB XII. Häufig genügt bereits der Erlass einer Überleitungsanzeige, um zwischen Gläubiger und Schuldner einvernehmlich einen Zahlungsanspruch zu vereinbaren. Es lohnt sich also in jeder Beziehung, sich mit § 93 SGB XII zu beschäftigen.

Ein praktischer Einstieg für Sozialämter

Das von Wolters Kluwer zum Download bereitgestellte kostenlose Whitepaper (siehe blauer Kasten rechts) soll Ihnen kurz und praxisgerecht aufzeigen, welche Voraussetzungen bei Anwendung von § 93 SGB XII einzuhalten und zu beachten sind.

Vertiefte Informationen finden Sie außerdem in folgenden Quellen:

Autor: Dirk Weber
Bildnachweis: NINENII/stock-adobe.com

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Überleitung zivilrechtlicher Ansprüche nach § 93 SGB XII
Dirk Weber erläutert für die Sachbearbeitung die Kernfragen des Sozialleistungsregresses, u.a. die relevanten Auswirkungen des § 93 SGB XII auf das Verwaltungsverfahren.
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