Regulierung von Kryptoassets
Recht & Verwaltung19 Dezember, 2023

Regulierung von Kryptoassets - Eine Road Map zum Status quo mit Ausblick auf das Finanzmarktdigitalisierungsgesetz

Dr. Thorsten Voß, Rechtsanwalt und Partner der Sozietät Schalast LAW TAX in Frankfurt am Main

Der vorliegende Inhalt ist nur ein Teil des Beitrags von Dr. Thorsten Voß, den Sie hier als kostenlosen PDF-Download erhalten können.

Abstract: Die Regulierung von Kryptoassets richtet sich nach zahlreichen Rechtsquellen internationalen wie nationalen Ursprungs. Zu beachten sind etwa die MiCAR, die MiFID II bzw. die MiFIR, der DLT-Pilot, die MAR, die EU-ProspektVO, das VermAnlG, das KWG, das ZAG, das KAGB, die TFR sowie das eWpG und das DepotG, kurz: Nahezu jedes einschlägige Regelwerk für instituts- wie produktbezogene Regulierung betreffend herkömmliche Finanzinstrumente wie zusätzlich neue Kodikfikationen, die erst im Zuge des Aufkommens der Distributed Ledger Technologie geschaffen wurden. Schon aufgrund der Vielzahl der auf einen konkreten Fall etwaig anwendbaren Rechtstexte ist die Handhabung für den Rechtsanwender komplex. Der Beitrag unternimmt eine Klassifikation von Kryptoassets und stellt ihre Erfassung durch die verschiedenen Regelwerke unter Abgrenzung der Anwendungsbereiche sowie Erläuterung der Schnittmengen dar. Dabei wird auch der Referentenentwurf des (Artikel-)Gesetzes zur Digitalisierung der Finanzmärkte (FinmadiG) berücksichtigt, der ein neues Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) enthält.

I. Einleitung

Die Aktivitäten der Legislative wie auch der Exekutive im Hinblick auf mittels Ausprägungen der Distributed Ledger Technologie begebene Kryptoassets haben eine stürmische Entwicklung ins Werk gesetzt.1 Neben der Aufnahme von Kryptowerten durch den deutschen Gesetzgeber in den Katalog der Finanzinstrumente2 des KWG und der Einführung des Kryptoverwahrgeschäfts als Finanzdienstleistung3 sticht auf europäischer Ebene die Strategie für ein digitales Finanzwesen, das sog. Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors4 im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) hervor. Dieses beinhaltet u.a. die Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR)5 und die Pilotregelung für auf der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) basierende Marktinfrastrukturen6 (sog. DLT-Pilot-Regime).7 Hinzu treten die – wiederum national veranlassten - Regeln des Gesetzes über elektronische Wertpapiere (eWpG)8 betreffend die Anforderungen an Kryptowertpapierregister und zentrale Register9, mag das eWpG in seinem Anwendungsbereich zunächst auch noch nach § 1 auf Inhaberschuldverschreibungen sowie auf Anteilscheine nach § 95 Abs. 1 KAGB beschränkt gewesen sein.10 Mit dem Inkrafttreten des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG), das am 17.11.2023 vom Bundestag beschlossen wurde11, werden auch Aktien in den Anwendungsbereich des eWpG einbezogen. Hinzu tritt die Regelung geldwäscherechtlicher Pflichten.12

Nunmehr hat am 23.10.2023 das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Digitalisierung der Finanzmärkte vorgestellt, das sog. Finanzmarktdigitalisierungsgesetz (FinmadiG).13 Das FinmadiG soll als Artikelgesetz die MiCAR, die Neufassung der EU-Geldtransferverordnung (Transfer of Funds Regulation, Verordnung (EU) 2023/1113)14 sowie das europäische DORA-Paket (Digital Operational Resilience Act, Verordnung (EU) 2022/2554 und Richtlinie (EU) 2022/2556)15 zusammengefasst in einem Artikelgesetz durchführen bzw. umsetzen. Zentral ist dabei das in Art. 1 des FinmadiG enthaltene neue Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG).16

Das Zusammenspiel der Vielzahl der zu beachtenden Rechtsquellen sowie die Abgrenzung der Anwendungsbereiche ist nicht trivial und wird durch begleitende Streitstände in der Literatur wie auch der Verwaltungspraxis der Exekutive vereinzelt bereits widersprechender Judikatur noch zusätzlich erschwert. Zudem existieren unterschiedlicher Regulierungsverständnisse, die sich insbesondere beim rechtlichen Umgang mit auf Grundlage von DLT-Registern emittierten Rechnungseinheiten und dort namentlich bei den sog. Investment-Token zeigen.17 Der Beitrag gibt einen Überblick in Form eines Kurzleitfadens durch das „Normendickicht“ und dem Rechtsanwender eine Orientierungshilfe an die Hand.

[…]

IV. Regulierung von Kryptoassets - Ausblick

Die Regulierung von Kryptoassets wird in naher Zukunft massive Änderungen bedingt durch die Anwendbarkeit der MiCAR erfahren, die bis zum 31.12.2024 vollständig anwendbar sein wird.

Der Begriff der Kryptowerte konturiert den Regelungsradius der gesamten MiCAR.18 Die MiCAR versteht ausweislich der Legaldefinition unter Kryptowerten

“eine digitale Darstellung eines Wertes oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann”.19

Diese Begriffsbestimmung von Kryptowerten ist außerordentlich weitreichend, umfasst sie doch die digitale Darstellung von Werten oder Rechten ohne jegliche Einschränkung.20

Die Inbezugnahme der Distributed-Ledger-Technologie bzw. einer ähnlichen Technologie ist zentrales Element wie auch Tatbestandsmerkmal der Definition. Die gewählte offene Formulierung soll – wie dies der nationale Gesetzgeber für das eWpG gehandhabt hat21 - für einen technologieneutralen Ansatz stehen.22 Die mit der Aufnahme der Kryptowerte in das KWG durch den nationalen Gesetzgeber vorangetriebene Regulierung der Token-Ökonomie wird nun mit Geltung der MiCAR zum 30.06. bzw. 31.12.202423 teilweise durch diese überlagert bzw. ergänzt.

Bis dahin gelten bis auf weiteres im Anwendungsbereich des KWG die einschlägigen Vorschriften für die Anbieter von Dienstleistungen rund um Kryptowerte nach diesem Gesetz. Die Ausklammerung von Finanzinstrumenten i.S.d. MiFID II aus dem Anwendungsbereich der MiCAR zeigt, dass dieses europäische Regelwerk nur nachrangig zur Anwendung kommen soll. Indessen erweitert der Anwendungsbereich der MiCAR das Bestandsregime schon deshalb, weil auch Token ohne Anlagezweck erfasst werden. Der deutsche Gesetzgeber war daher aufgefordert, im Hinblick auf die existierende Schnittmenge zwischen KWG und MiCAR das KWG bis zur Geltung der MiCAR anpassen.24

Hierauf hat der deutsche Gesetzgeber mit dem Entwurf des FinmadiG reagiert und in dessen Rahmen den Entwurf für ein Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) vorgelegt. Wie gesagt ist die Definition des Kryptowertes nach der MiCAR weiter als die des KWG. Der im deutschen Recht durch § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG geprägte Begriff des Kryptowertes soll durch das FinmadiG mit dem europäischen Begriff aus Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR in Einklang gebracht werden.25. Zentral ist insoweit, dass im Rahmen wie zum Zweck dieser Vereinheitlichung der Terminus der „Kryptowerte“ im Katalog der Finanzinstrumente nach dem KWG gestrichen wird.

Daher sollen sich nach dem Konzept des FinmadiG in Bezug auf Kryptowerte im Anwendungsbereich der MiCAR die regulatorischen Anforderungen in Zukunft allein nach der MiCAR sowie dem KMAG richten. Übrig bleiben im nationalen Recht des KWG – einmal mehr nach dem Konzept des Auffangtatbestands – Vorgaben für sog. kryptographische Instrumente.26 Diese sind

(1) keine Kryptowerte nach der MiCAR sowie

(2) bisher Kryptowerte nach dem KWG.

Zudem sind E-Geld sowie Kryptowertpapiere nach dem eWpG und Kryptofondsanteile nach der KryptoFAV keine kryptographischen Instrumente i.S.d. KWG.

Welche Residuen von digitalen Vermögenswerten können das sein? Zunächst trägt die neue Definition dem in der MiCAR pfadabhängig angelegten Alternativdenken Rechnung, wonach insbesondere zwischen Kryptowerten i.S.d. MiCAR einerseits und Finanzinstrumenten i.S.d. MiFID II unterschieden werden muss. Folgerichtig werden Kryptowerte gem. der MiCAR aus dem Anwendungsbereich des KWG entfernt und sind von der Definition kryptographischer Instrumente nicht erfasst. Übrig bleiben nur solche Kryptoassets, die bisher als Kryptowerte nach dem KWG eingeordnet wurden, aber keine Kryptowerte im Anwendungsbereich der MiCAR sind. Zu denken ist etwa an „Wertpapiere sui generis“, die aber nur dann anzuerkennen sind, wenn der Gesetzgeber einen Gutglaubenserwerb sichergestellt hat. Zu denken ist etwa an tokenisierte handelsrechtliche Wertpapiere des Güterumlaufs. Diese können seit einigen Jahren als elektronische Wertpapiere begeben werden, und zwar seit der Reform des Seehandelsrechts 201327. Sofern der Autor oder die Autorin des Referentenentwurfs die oben zitierten und dargelegten Auffassungen von Eckhold/Schäfer, Segna und auch Ritz negieren und das Zweite Hinweisschreiben der BaFin fortschreiben möchte, begibt er sich dogmatisch auf ganz dünnes Eis.28 Der Gesetzgeber wäre gut beraten, jetzt dem Appell von Harter29 zu folgen und die Übergriffigkeit der Exekutive zu korrigieren bzw. zurückzunehmen. Ebenfalls kryptographische Instrumente dürften solche NFT sein, die in keiner großen Serie/Sammlung ausgegeben werden und daher nach der Vorstellung von Erwägungsgrund 11 der MiCAR nicht von dieser erfasst sind.30

Zudem werden die Verwahrung, Verwaltung und Sicherung kryptographischer Instrumente und die Sicherung privater kryptographischer Schlüssel von kryptographischen Instrumenten im KWG beibehalten. Allerdings erfolgt insoweit eine Umbenennung zum qualifizierten Kryptoverwahrgeschäft; vgl. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG-E. Hintergrund des Attributs „qualifiziert“ ist die Abgrenzung zur Kryptoverwahrung als Kryptowerte-Dienstleistung nach der MiCAR, die der nationale Gesetzgeber geleistet wissen möchte.

Das geht darauf zurück, dass – wie gesagt - nicht jede Verwahrung von kryptographischen Finanzinstrumenten einer Erlaubnis zur Erbringung des Depotgeschäfts bedarf. Der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG-E erfasst somit insbesondere die Verwahrung von Kryptowerten, die Finanzinstrumente aber keine Kryptowertpapiere i.S.d. § 4 Abs. 3 eWpG sind.31 Hinsichtlich der Verwahrung von Krypotwertpapieren bleibt das Depotgeschäft einschlägig. Schließlich sind Derivate auf Kryptowerte vom Finanzinstrumentebegriff erfasst, demgegenüber sind Utility-Token nicht im Anwendungsbereich des KWG-E, selbst wenn (ausnahmsweise) einmal ein Anlagezweck zugrunde liegen sollte.32 Sie sind dann unproblematisch von der MiCAR erfasst.

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